Hersteller optimistischer als Analysten

Sorge um die Zukunft des PC-Marktes

12.10.2001
MÜNCHEN (CW) - Nur Dell kann derzeit mit dem Verlauf des PC-Geschäfts zufrieden sein. Die anderen großen Hersteller haben Probleme, üben sich jedoch in Zweckoptimismus. Auf Seiten der Analysten wächst indes die Skepsis.

Nur wenige Stunden lagen zwischen den Mitteilungen der Hersteller, doch die Inhalte wichen weit voneinander ab. PC-Hersteller Dell bekräftigte seine Prognose vom August 2001 für die Geschäftsentwicklung im dritten Finanzquartal und rechnet mit einem Umsatz zwischen 7,2 und 7,6 Milionen Dollar sowie einem Gewinn von rund 15 Cent je Aktie. Man habe nach den Terroranschlägen vom 11. September nur einen kurzen Nachfrageausfall registriert und erwarte daher weiterhin die prognostizierten Ergebnisse. Firmenchef Michael Dell frohlockt, weil Dell seinen Marktanteil kontinuierlich ausbauen kann. Die Position der Company sei in strategischer, operativer sowie finanzieller Hinsicht "besser denn je", tönte der Unternehmensgründer. Doch obwohl Dell seine Vorgaben einhalten wird, fallen die Zahlen deutlich schlechter aus als im vergangenen Jahr: Im dritten Quartal 2000 stand einem Umsatz von 8,3 Milliarden Dollar ein Nettogewinn von 674 Millionen Dollar gegenüber.

Konkurrent Gateway kam nur kurz nach der Ankündigung von Dell mit einer Hiobsbotschaft heraus. Die Kalifornier warnten, dass sie ihre Ziele nicht erreichen und stattdessen einen operativen Verlust von 45 bis 55 Millionen Dollar schreiben werden. Im Vorjahreszeitraum wies Gateway Einnahmen von 2,53 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von 152 Millionen Dollar aus. Als Grund für die schlechten Zahlen nannte Firmenchef Ted Waitt gesunkene Einnahmen im internationalen Geschäft, nachdem das Unternehmen seinen Ausstieg aus nichtamerikanischen Märkten bekannt gegeben hatte. Im Gegensatz zu Dell kann Gateway den durch den Terroranschlag entstandenen Investitionsstau nicht mehr ausgleichen. Das Quartal endete zum 30. September.

Nur den Terroranschlag für die derzeit trüben Aussichten in der PC-Industrie verantwortlich zu machen greift zu kurz. Der Markt ist weitgehend gesättigt, und die durch den derzeitigen Preisdruck sinkenden Einnahmen tragen ihr Übriges zu der Misere der Hersteller bei. Marktforscher wie IDC oder Gartner hatten bereits vor den Anschlägen ihre Prognosen für das laufende Jahr gedämpft und von rückläufigen Zahlen gesprochen. Der 11. September verstärkte diese Entwicklung lediglich. IDC-Analyst Roger Kay kündigte nun an, die Aussichten weiter nach unten zu revidieren. Der gleiche Tenor war von Dataquest, der Marktforschungstochter von Gartner, zu hören: "Es gibt nicht nur kein Wachstum im Vergleich zum traditionell flauen Sommer, sondern die Umsätze scheinen signifikant tiefer zu sein als im Vorjahr", hieß es. Die Wachstumsaussichten müssten daher sicher nach unten korrigiert werden.

An dieser Situation dürfte auch die Einführung des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows XP kaum etwas ändern. Dennoch bemühen sich die Hersteller um Schadensbegrenzung. Microsofts Europa-Chef Jean-Phillipe Courtois beispielsweise rechnet künftig wieder mit Wachstumsraten um zehn Prozent für die PC-Industrie, und Gateway-Chef Waitt sieht bereits im laufenden Quartal Zeichen der Erholung. Auch Mike Maher, Sprecher von Dell, sowie Rob Waite, sein Kollege von Hewlett-Packard, gehen davon aus, dass die Nachfrage nach leistungsfähigeren und billigeren Rechnern wieder steigen wird.

Doch den meisten Analysten scheint dieser Optimismus unbegründet. Die zuversichtlichste Äußerung kam noch von der Investmentbank Goldman Sachs, wo man Windows XP immerhin kurzfristige positive Effekte zutraut, die Umsatzerwartungen für die Branche aber dennoch senkte. Und bei Merrill Lynch rechnet man nicht vor dem dritten Quartal 2002 mit einem Aufschwung.