Oracle-Betriebssystem

Solaris 11 - gut genug um relevant zu sein?

15.11.2011
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Oracle hat in der letzten Woche Solaris 11 veröffentlicht. Fragt sich nur, für wen das außer Oracle(-Kunden) noch von Bedeutung ist.

Oracle bewirbt das von/mit Sun Microsystems übernommene Betriebssystem als das "erste Cloud-Betriebssystem" und das "erste vollständig virtualisierte OS". "Ars Technica" möchte über diese Marketing-Buzzwords hinaus wissen, ob das neue Release (das über ein Jahr nach der ersten Ankündigung fertig geworden ist) ausreicht, um das Vertrauen in die Zukunft der Plattform zu stärken und es über die Sparc-Plattform von Oracle hinaus wettbewerbsfähig zu machen.

Oracle, nicht zuletzt in personam CEO Larry Ellison hatte nach der Übernahme stets betont, Solaris sei von großer Bedeutung und man tätige große Investitionen in die Weiterentwicklung für sowohl Sparc als auch x86. Die quelloffene Community-Edition OpenSolaris, mit der Sun unter anderem gegen Linux anzutreten versucht hatte, stelle Oracle allerdings ein - ironischerweise stammen allerdings verschiedene neue Features in Solaris 11 eben gerade aus OpenSolaris.

Verbessert wurde in Solaris 11 unter anderem die Virtualisierungstechnik "Solaris Zones" (inklusive der "Branded Zones" aus OpenSolaris). Zones sind isolierte virtuelle Server, die innerhalb einer Instanz des Solaris-Betriebssystems laufen. Damit lassen sich unter anderem verschiedene Applikationen ohne jegliche Interaktion untereinander betreiben. Sollte eine Zone abstürzen, hat das keinerlei Auswirkungen auf die übrigen virtuellen Server. Das spart gegenüber einer traditionellen Hypervisor-Virtualisierung eine Menge Overhead, weil nicht für jede virtuelle Maschine eine eigene Betriebssystemkopie benötigt wird (laut Sun genehmigen sich Solaris Zones 15 Mal weniger Overhead als VMware).

Doch damit nicht genug - Solaris 11 verfügt auch über interne Fähigkeiten zur Netzvirtualisierung und kann damit innerhalb eines Servers virtuelle Switches, Load Balancer und andere Netzinfrastruktur erzeugen, um die Konfiguration virtueller Server-Instanzen zu erleichtern. Diese Features starteten als "Project Crossbow" in OpenSolaris 2009.6. Und genau sie - im Zusammenspiel mit dem Netzdateisystem ZFS - sind es, mit denen Oracle Solaris 11 als "Cloud-Betriebssystem" und Konkurrenz für die Virtualisierungsumgebungen von VMware positioniert.

Die Technologien stammen aus der Zeit vor der Übernahme von Sun durch Oracle. Es ist aber offensichtlich, dass Oracle eine Menge Arbeit und Geld darin investiert hat, daraus echte Produkte zu machen - Produkte, die sich eng mit all dem integrieren, was Oracle sonst noch verkauft. Eine weitere Neuerung von Solaris 11 ist das "Oracle Enterprise Manager Ops Center", eine Sammlung von Tools, die das Management aller virtuellen und physischen Rechen-, Speicher- und Netzressourcen in Solaris-Servern und ihrem Application Stack zusammenfassen.

Mit Solaris 11 zielt Oracle offensichtlich auf die zunehmend x86-getriebene Welt der Cloud-Infrastruktur. Ob die Plattform damit aber über Oracles eigene, vertikal integrierte Produktlinie eine Rolle spielen kann, bleibt abzuwarten. Zones mögen zwar effizienter sein als Virtuelle Maschinen von VMware. Aber in ihnen läuft natürlich immer noch Solaris, und das ist kein echter Gewinn für potenzielle Kunden, die bereits signifikante Investitionen in Anwendungen für andere Betriebssysteme getätigt haben. Für die ausgewählten Anwender allerdings, die die Sicherheit von Solaris wollen und bereit sind, ein Premium für eine darauf basierende Cloud zu zahlen, dürften die neuen Features der Version 11 diese Entscheidung aus Sicht von "Ars" ein wenig schmackhafter machen.