System-Management/DeTeCSM schließt Projekt ab

Softwareverteilung en gros: Telekom versorgt 100000 PCs

17.12.1999
MÜNCHEN (jha) - Die DeTeCSM, IT-Dienstleister der Deutschen Telekom AG, Bonn, hat einen Großauftrag des Mutterkonzerns abgeschlossen. Insgesamt 100000 Rechner sollten innerhalb von fünf Jahren mit einer Bürokommunikations-Software ausgestattet werden. Manuell war das nicht zu schaffen, mit der automatischen Softwaredistribution konnte die DeTeCSM den gesteckten Zeitplan jedoch noch unterbieten.

Wenn Telekom-Chef Ron Sommer wieder einmal auf die Idee kommen sollte, den TK-Markt mit einer Preisoffensive aufzumischen, dann werden in Kiel keine Alarmglocken mehr schrillen. Die Zeiten, in denen jede Tarifänderung ein monatelanges, aufwendiges Update-Projekt der Fernmeldesoftware nach sich zog, sind vorüber. Die betroffenen PCs der Deutschen Telekom lassen sich heute mit Hilfe eines automatischen Softwaredistributions-Tools auf Knopfdruck mit Updates, Betriebssystem und Applikationen bespielen.

Im Intranet des einstigen Staatsunternehmens arbeiten insgesamt 600 Server, deren alleinige Aufgabe es ist, Pakete mit Updates und Installationssoftware an die Benutzer weiterzuleiten - und davon gibt es bei der Telekom immerhin 150000. Ein stolzer Bestand also, den Peter Uhlig, Leiter des Büroinformationszentrums Technik und Betriebssupport, und Ulf Schröder, Teamleiter Software-Management Client, unter ihren Fittichen haben.

Von Kiel aus versorgen die beiden Manager alle nationalen wie internationalen Niederlassungen der Deutschen Telekom mit Software, wenn es die Fachabteilungen wünschen. Die Telekom-Tochter DeTeCSM ist hausinterner Dienstleister für alle Telekom-Beschäftigten mit PC-Arbeitsplatz; ob etwa die Fachseite der Rechnungsstelle oder der Kundenbetreuung die Services annimmt, ist ihnen freigestellt.

Allerdings tun die Niederlassungen gut daran, das Know-how der Experten aus dem Norden zu nutzen, denn dort haben Uhlig und Schröder einen Teil der IT-Infrastruktur geschaffen, die ihren Ursprung in einem 1994 zur Gründung der Deutschen Telekom AG gefaßten Vorstandsbeschluß hat. Damals kündigten die Topmanager des noch staatlichen Fernmelderiesen an, innerhalb von fünf Jahren die Mitarbeiterzahl um 40000 zu reduzieren. Ein wesentliches Hilfsmittel sahen die Verantwortlichen in einer einheitlichen Bürokommunikation. Neun Prozent aller Arbeitsplätze, so die Berechnung, ließen sich einsparen, wenn alle Rechner kommunikationsfähig sind.

Es war also nicht die Softwareverteilung, mit der Uhlig und Schröder ihre Arbeit begannen. Ihr Projekt startete unter der Flagge der Bürokommunikation, die 1994 noch aus unterschiedlichen Tools - darunter etwa ein X.400-Werkzeug und Lotus Notes - bestand. Ziel war es, bis Ende 1999 insgesamt 100000 Rechner mit einer Bürokommunikations-Plattform auszustatten, in die sich Applikationen einklinken lassen.

Zu Beginn dieses Projekts gab es keine standardisierten PCs und Plattformen und es existierten konzernweit mehr als 1000 Applikationen. "Keiner hatte damals den Überblick", kommentiert Uhlig die Lage, die er und seine Mitarbeiter vorfanden. "Wir mußten also bei Null beginnen, und zwar im laufenden Betrieb."

Schnell kristallisierte sich heraus, daß die Integration aller Applikationen nur über eine Vereinheitlichung der Arbeitsplätze zu schaffen war. "Der erste Schritt ist immer die Standardisierung. Dadurch läßt sich auch das eigentliche Ziel erreichen, langfristig Kosten zu sparen", erläutert Uhlig. Die DeTeCSM entschied sich für die Windows-Linie. Die Basis der IT-gestützten Kommunikation bilden daher die Produkte "Exchange" beziehungsweise "Outlook". Hinzu kommen ein E-Mail-Client mit zentraler Ablage, eine Groupware-Anwendung mit Kalenderfunktion sowie zusätzliche Komponenten wie Tabellenkalkulation und Sicherheits-Features. In diese Basisprodukte müssen sich sämtliche anderen Applikationen integrieren lassen. Bis Ende dieses Jahres sollen alle Altlasten der einstigen Bürokommunikation durch die neuen Lösungen ausgetauscht sein, nicht zuletzt, um Probleme mit dem Datumswechsel zum Jahr 2000 zu vermeiden.

Auch organisatorisch hat sich DeTeCSM an die Konsolidierung herangewagt. Lange Zeit unterhielt jede Neiderlassung ihren eigenen IV-Service. Das wurde mittlerweile zentralisiert, indem der hausinterne Dienstleister alle IT-Mitarbeiter unter sein Dach holte und den Fachabteilungen nun seine Services zur Verfügung stellt. Heute gibt es rund 120 Lokationen mit Mitarbeitern der DeTeCSM. Insgesamt unterhält die Telekom 150 Niederlassungen, hinzu kommen 600 T-Punkte, die Verkaufsläden des Bonner Carriers. Alle können auf die Dienste der Kieler Experten zurückgreifen.

Eine häufig verlangte Dienstleistung ist die Softwaredistribution. "Bei Anwendungsprojekten brauchen die Fachabteilungen einen Service, der ihnen den Frontend-Teil der Software auf die PCs aufspielt - und das schnell", berichtet Uhlig. "Dieser Dienst leistet für uns zudem Überzeugungsarbeit, denn damit können wir uns gegenüber den Fachabteilungen für eine Standardisierung der Hardware und der Applikationen stark machen."

Das Softwaredistributions-Projekt begann damit, daß sich Uhlig und Schröder Gedanken darüber machen mußten, wie sie die Bürokommunikationslösung innerhalb von fünf Jahren auf 100000 Rechner aufspielen konnten. Die Lösung mit der automatischen Softwareverteilung lag auf der Hand, zumal mit der angestrebten Standardisierung der PCs der Weg bereits geebnet wurde. Die Umsetzung sollte jedoch so konzipiert sein, daß sich die Softwareverteilung als separater Dienst, losgelöst vom eigentlichen Bürokommunikationsprojekt, den Fachabteilungen auch für künftige Anforderungen anbieten läßt.

Um den Zeitplan einhalten zu können, richtete die norddeutsche Projektgruppe ihre verteilten Server zunächst so ein, daß sie Aufgaben für beide Dienstleistungen übernahmen. Ziel ist jedoch, beide Services auch auf Infrastrukturebene voneinander zu trennen.

Am Markt gab es zum damaligen Zeitpunkt nur ein Produkt, das den Anforderungen der DeTeCSM an die Softwareverteilung gerecht wurde. "On Command CCM" von On Technology (damals noch "Integra SME" von der CSD Software GmbH & Co. KG) erfüllte die wichtigen Kriterien: "Nackte" PCs sollten inklusive Betriebssystem via Netz automatisch installierbar sein (Boot-fähige Bausteine auf den Netzkarten vorausgesetzt). Alles mußte vollkommen ohne Zutun der Anwender vonstatten gehen können.

Die Arbeitsweise des Tools beschreibt Teamleiter Schröder: "In Kiel erstellen wir Scripts und schnüren ein Softwarepaket, das auf die Server verteilt wird. Die verantwortlichen IT-Mitarbeiter in den Niederlassungen werden per Mail benachrichtigt und können die Pakete via File Transfer Protocol (FTP) abholen. Sie ergänzen sie um variable Daten wie Mail-Adressen und spielen diese auf die Zielrechner auf." Dabei erkennt das Werkzeug Abhängigkeiten zwischen Applikationen und Betriebssystem. Sollen einem Anwender etwa neue Konfigurationsdaten für Outlook übermittelt werden, bemerkt die Verteilsoftware beispielsweise automatisch, wenn auf dem Zielrechner noch kein Outlook installiert wurde. Das Microsoft-Programm benötigt zudem ein Betriebssystem und die Client-Software von On Command CCM.

"Die Zuweisung einer Komponente kann in diesem Beispiel die Installation von Outlook, Betriebssystem und Client-Software auslösen", erläutert Schröder. Umgekehrt gibt es aber auch das Ausschlußverfahren, das die Installation von Anwendungen verhindert, die nicht zusammen laufen. "Das geschieht jedoch nicht erst auf dem Client, sondern auf der Administrationsoberfläche", so Schröder weiter.

Für den US-Anbieter On Technology ist die Telekom-Installation eine Herausforderung, das eigene Produkt ständig nachzubessern. Wie jedes Produkt unterliegt die Softwareverteilung einem Überprüfungszyklus von sechs bis 20 Monaten. Regelmäßig durchforsten die Mitarbeiter von DeTeCSM den Markt nach neuen Produkten, die den eigenen Anforderungen gerecht werden. Beim letzten Testlauf fiel beispielsweise Microsofts "System Management Server" in der Betaversion 2.0 durch; fündig wurden die Kieler jedoch bei Tivoli. Dessen Softwareverteilungs-Tool erfüllte die Telekom-Anforderungen genauso wie die bisher eingesetzte Lösung. "Tivolis Produkt ist allerdings nicht besser, daher gibt es keinen Grund zu wechseln", erteilt Uhlig der IBM-Tochter eine Absage.

Dennoch schaffte der System-Management-Anbieter den Weg in den Telekom-Konzern, und zwar mit seinem Flaggschiff, dem Framwork "Tivoli Enterprise Software" (TES). Der Entscheidung ging eine 16monatige Studie voraus. "Ein auf die Technologie gerichteter Blick war uns zuwenig", begründet Christoph Pajak, IT-Manager für Automatisierung und Enterprise-Management-Systeme bei der DeTeCSM, die Wahl. "Wir haben den Servicenutzen in den Vordergrund gestellt."

Zuvor verwaltete der IT-Dienstleister der Telekom seine verteilte Umgebung mit Hewlett-Packards Lösung "IT/O" und seine Mainframe-Installation mit Werkzeugen von Candle und Boole & Babbage. Im Lauf der Zeit zeigte sich jedoch, daß verschiedene Plattformen und Applikationen, Transaktionsmonitore sowie Verfahren wie Distributed Computing Environment (DCE) und Message-Queuing mit den vorhandenen Werkzeugen nicht abzudecken waren. Andererseits fragten die Fachabteilungen nach Performance- und Security-Management sowie Möglichkeiten zur Lizenzverwaltung. "Die Kunden fordern immer mehr. Der Schritt zur Einführung eines Management-Frameworks ergab sich zwangsläufig", so Pajak.

Die Tivoli-Software soll daher das zentrale Management übernehmen, wird aber auch in die Domäne des bisherigen Softwareverteilungs-Werkzeugs On Command CCM eindringen. Zum einen soll das Tivoli-Werkzeug die Softwaredistribution für die Server übernehmen, zum anderen wollen die DeTeCSM-Manager Verfahren wie das Herunterladen von Softwarepaketen durch die IT-Mitarbeiter in den Niederlassungen automatisieren. Schließlich erhofft sich Teamleiter Schröder, einen Nachteil des On-Technology-Werkzeugs beheben zu können: "On Command versorgt pro Server maximal 2000 Clients. Mit wachsender Anwenderzahl steigt zwangsläufig die Zahl der Distributions-Server und somit der Verwaltungsaufwand."

Einheitliche Bürokommunikation, Softwareverteilung und zentrales Management mittels Tivoli-Framework sind wichtige Schritte von DeTeCSM, um als Dienstleister im eigenen Haus autark, zuverlässig und schnell agieren zu können. Der nächste Schritt wird es sein, verstärkt externe Kunden zu gewinnen. Derzeit setzt die DeTeCSM noch 90 Prozent ihrer Leistungen beim Mutterkonzern ab, doch Erfahrungen mit großen Rollout-Projekten und der darauffolgenden Leistungsverrechnung stimmen die Manager hoffnungsfroh, derartige Aufgaben auch für neue Kunden zu erledigen. "Große Stückzahlen verwalten zu können ist keine Frage des eingesetzten Tools", resümiert Uhlig, "sondern hängt im wesentlichen davon ab, wie die angebotenen Dienste strukturiert werden. Der wichtigste Schritt dahin ist eine standardisierte Umgebung."

DIE DeTeCSM

DeTeCSM ist eine 100prozentige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG. Hervorgegangen ist das Unternehmen 1998 aus den Informationsverarbeitungsbereichen der Telekom und der Computerservice Magdeburg. Außerdem wurde Anfang dieses Jahres die IV-Service-Organisation der DTAG und der Tochter T-Mobil eingegliedert, so daß die DeTeCSM nun mehr als 5200 Mitarbeiter hat. Zum Leistungsspektrum des Unternehmens zählen der Betrieb von Rechenzentren, Web-Services, Benutzerservices, Call-Center, Systemberatung und Systemlösungen sowie Druckservices. Unter anderem erstellt die DeTeCSM die Telefonrechnungen für rund 43 Millionen Telekom-Kunden und führt die Web-Internet-Dienste für T-Online durch. Die einstmals über 100 Rechenzentren wurden im Rahmen des größten deutschen Konsolidierungsprojekts inzwischen in sechs Service- und Computerzentren, die im Verbund agieren, sowie einem IV-Netz-Zentrum zusammengelegt. Neben den OS/390-Mainframes mit 23000 Mips in den Rechenzentren werden über 2800 Unix-Server an mehr als 200 Standorten und rund 700 NT-Server an über 100 Lokationen betrieben. Hinzu kommen 150000 Windows-Arbeitsplätze. Allein das betreute Intranet besitzt 180000 aktive IP-Anschlüsse, die über 6000 Gebäude verteilt sind.

Angeklickt

Im Rahmen der Privatisierung der Deutschen Telekom erteilte das Topmanagement seiner IT-Abteilung die Aufgabe, 100000 PC-Arbeitsplätze mit einer einheitlichen Bürokommunikation auszustatten. Am Anfang des Projekts stand eine ungeordnete IT, in der niemand den Überblick über die installierten Applikationen und vorhandenen Systeme hatte. Mittlerweile ist das Vorhaben abgeschlossen. Den Zeitplan konnten die Verantwortlichen einhalten, indem sie eine konsequente Konsolidierung und Standardisierung betrieben. Letztere bildet die Basis für eine Softwareverteilung, die die remote Installation von System- und Anwendungssoftware erlaubt.