Internationale Fachtagung stellt Effizienzverbesserungen in der SW-Entwicklung in den Mittelpunkt:

"Softwarekrise bloß mit neuen Vorzeichen"

02.11.1984

MÜNCHEN (CW) - In der Softwareentwicklung "kriselt" es nach wie vor. Auch moderne, den erfolgreichen Praktiken industrieller Fertigung nachempfundene Softwareproduktionsmethoden haben nicht dazu beitragen können, den Druck auf die Entwicklungsabteilungen spürbar zu lindern: Die vielzitierte "Softwarekrise" wurde bislang jedenfalls nicht gemeistert, sie hat allenfalls unterschiedliche Phasen durchlaufen und steckt heute im Dschungel des "strukturierten Phasen-Strategie-Integrationskonzeptes".

Zugegeben: Produktivitätssteigerungen bei neuentwickelter Software bis zum Faktor drei sind sicherlich ein Ergebnis, auf das für die SW-Entwicklung verantwortliche Management stolz sein kann. Die Frage stellt sich, ob dies einen Anwender beruhigen kann, wenn ihm dann trotzdem mit dem größten Bedauern mitgeteilt werden muß, daß die Realisierung seiner Anforderung wegen allgemein gestiegenem Bedarf und zunehmender Komplexität der Systeme leider noch mindestens zwei Jahre in Anspruch nehmen wird?

Verständnis von seiten der Fachabteilung kann man angesichts einer solchen - in Anwenderbefragungen bestätigten - Situation wohl kaum erwarten. Für das DV-Management kann dies nur heißen: Alle Möglichkeiten zur Effizienzverbesserung in der Softwareentwicklung ausschöpfen!

Mithin

- Softwareentwicklung ingenieurmäßig betreiben, insbesondere also auf der Grundlage eines Phasenkonzeptes eine abgestimmte Methoden- und Werkzeugstrategie für den rechnergestützten Werkzeugeinsatz entwickeln und einsetzen

- den Markt für Standardsoftware systematisch "abklopfen", um, wo immer dies sinnvoll erscheint, mit geringem Anpassungsaufwand Standardpakete einsetzen zu können und

- den Endbenutzer beziehungsweise Auftraggeber weitgehend in den Entwicklungsprozeß miteinbeziehen. Sei es in Form von Prototyping oder im Rahmen einer von der zentralen DV gesteuerten Endbenutzerprogrammierung.

Möglichkeiten der Effizienzverbesserung in der Softwareentwicklung bestehen also zur Genüge. Sie voll zu nutzen, sollte eine Selbstverständlichkeit für jeden Verantwortlichen in der Softwareentwicklung sein.

Hilfestellung hierzu bietet die internationale Fachtagung "Effizienzverbesserung in der Softwareentwicklung", die am 13. und 14. November 1984 im Kongreßzentrum des Europäischen Patentamts in München stattfindet. Veranstalter der Fachtagung ist CW-CSE, die Seminargruppe aus dem Verlag der COMPUTERWOCHE. Anwendungsnähe der Vorträge ist nach den Worten des Veranstalters durch praxiserprobte Spezialisten als Referenten garantiert.

Nach einem , grundlegenden "Rundschlag" in Sachen "Effizienzverbesserungsmöglichkeiten" durch Professor Dr. Arno Schulz von der Johannes Kepler Universität in Linz, wird Karl-Heinz Achinger, Direktor Datenverarbeitung und Organisation bei der MTU Motoren- und Turbinen-Union München, seine in langjähriger Praxis gewonnenen Erfahrungen auf dem Gebiet "Steuerung komplexen Softwareprojekte" vermitteln. Der DV/Org-Chef der MTU skizziert in seinem Vortrag auch die wirtschaftlichen Aspekte einer standardisierten Softwareentwicklung.

"Entscheidungshilfen für Auswahl und Einsatz von Standardsoftware" anhand einer konkreten Aufgabenstellung zu geben, ist Tenor des Beitrags von Dr. Bruno Losbichler, verantwortlich für Planung, Realisierung und Betreuung kommerzieller DV-Systeme bei der BMW Motorengesellschaft mbH in Steyr. Die dem BMW-Mann vorgegebene Zielsetzung lautete, innerhalb von 1,5 Jahren die notwendigen Hauptfunktionen für alle Unternehmensbereiche der neu gegründeten BMW-Tochter (Logistik, Einkauf, Entwicklung, Technik, Finanz-/Betriebswirtschaft, Personalwesen und Qualitätssicherung) verfügbar zu machen. Jedes System mußte zudem integrationsfähig sein und sollte Erweiterungsmöglichkeiten vorsehen. Eine Aufgabe, die nach Ansicht der BMW-Spezialisten nur über den Weg eines konsequenten Standardsoftwareeinsatzes erfolgreich zu lösen war. Im Anschluß an diesen Praxisbericht wird Max Pfiffner bei der Swissair, Manager Project Support Information System, detailliert auf Erfahrungen mit dem Einsatz von End-User-Tools beim eidgenössischen Airliner eingeben.

"Entscheidungshilfen für Aufbau und Etablierung eines unternehmensindividuellen Qualitätssicherungssystems" zu liefern, ist Aufgabe des Geschäftsführers der SQS Gesellschaft für Qualitätssicherung mbH, Köln, Rudolf van Megen. Vertieft werden seine grundlegenden Ausführungen zum Problembereich "Qualitätssicherung" durch zwei Erfahrungsberichte aus renommierte Großunternehmen: Werner Frischknecht, Leiter Applikatorischer Integrationstest, referiert über das Qualitätssicherungssystem der Schweizer Bankgesellschaft in Zürich und Wulf-Rüdiger Hammel, Leiter Systementwicklung Personal- und Sozialwesen stellt anschließend die Lösung de Henkel KGaA, Köln, "Software-Qualitätssicherung durch Einsatz eines Methoden- und Werkzeugverbundes" zur Diskussion.

Allein dem Thema "Methoden- und Werkzeugeinsatz" ist der zweite Veranstaltungstag gewidmet, der mit dem grundlegenden Vortrag "Vom isolierten Werkzeugeinsatz zur integrierten Methoden- und Werkzeugstrategie" (Referent Professor Dr. Hubert Österle von der Hochschule St. Gallen) eröffnet wird.

Hartmut Lai, Leiter der Gesamtabteilung Datenverarbeitung bei der M.A.N. Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg AG, stellt anschließend eine Strategie zur Verbesserung der Produktivität in der Softwareentwicklung zur Diskussion, ehe im Anschluß daran in zwei parallelen Sitzungen je ein Überblick über professionelle Entwicklungstools sowie über Softwaretools für den Endbenutzer und deren Einsatzpotentiale gegeben wird. Die Referenten dieser beiden Vorträge sind Harald Oestreich, Abteilungsleiter für Informations- und Kommunikationstechnologie im EDV Studio Ploenzke, Wiesbaden und Projektleiter der vom Bundesministerium für Forschung und Technologie BMFT geförderten "Tool-Studie" (Erscheinungstermin: Oktober 1984) sowie Werner Dreesbach, Projektleiter bei der Diebold Deutschland GmbH, Frankfurt mit Federführung bei der Diebold-Studie

"individuelle Datenverarbeitung - Softwarewerkzeuge für den Endbenutzer".

Abgerundet wird die internationale Fachtagung durch einen Ausblick auf "Entwicklungstrends bei computergestützten Vorgehensmodellen". Thomas Herbst, Management Consultant aus dem Hause Arthur Andersen & Co., Frankfurt wird dabei auch detailliert auf die Alternative "Mikro- oder Mainframe-Einsatz" eingehen.

Weitere Informationen: Dipl.-Volkswirt Volker Lindemann, CW-CSE, Kaiserstraße 35, 8000 München 40, Tel.: 0 89/3 81 72-1 69, Teletex: 5 215 350 comw d.