Aufträge wegen des Irak-Kriegs verschoben

Softwarekonzerne verpassen den Aufschwung

11.04.2003
MÜNCHEN (CW) - Mit überwiegend schlechten Zahlen ist die Garde der internationalen Softwarelieferanten in die Vorberichterstattung zur aktuellen Bilanzsaison gestartet. Der Krieg gegen den Irak und die allgemein traurige Verfassung der Wirtschaft wurden unisono als Erklärung für die schwache Nachfrage angeführt.

"Aufgeschoben ist nicht aufgehoben", lautet das Credo der US-amerikanischen Softwarekonzerne, wenn es um ein Stimmungsbild des ersten Quartals geht. Die Kunden hätten zwar gerne gekauft, hieß es, aber angesichts der politischen und ökonomischen Großwetterlage letztlich doch lieber abgewartet. Hauptgrund seien "geopolitische Spannungen", wie der Krieg in einigen US-Medien umschrieben wird. Daher kündigten die einschlägigen Unternehmen Quartalszahlen an, die vielfach noch hinter den ohnehin schon reduzierten Erwartungen zurückblieben. Vor allem das Geschäft mit Neulizenzen gestaltete sich schwierig, wie etwa die Schwergewichte Peoplesoft und Siebel einräumen mussten. So nahm Siebel nur 112 Millionen Dollar mit Lizenzen ein, geplant waren 130 bis 150 Millionen Dollar. Vor einem Jahr, und da liegt das wirkliche Problem, hatte die Company im Lizenzgeschäft noch knapp 250 Millionen Dollar umgesetzt.

Als Folge werden die gesamten Quartalseinnahmen gerade einmal gut 330 Millionen Dollar betragen; dies sind etwa zehn Prozent weniger, als die Analysten erwartet hatten. Selbstredend brach auch das Nettoergebnis ein, behauptet sich mit rund drei bis fünf Millionen Dollar oder einem Cent je Anteilschein aber knapp im Plus. Auf zwölf Cent je Aktie hatte sich der Siebel-Gewinn vor einem Jahr belaufen.

Anspruch und Realität

Peoplesofts Neugeschäft mit Lizenzen hingegen blieb mit rund 80 Millionen Dollar sogar um ein Drittel hinter den Erwartungen zurück. Insgesamt geht die kalifornische Company von rund 450 Millionen Dollar Umsatz aus, die Wallstreet hatte mehr als 480 Millionen Dollar gefordert. Wenig überraschend klafft auch beim Quartalsergebnis eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Analysten erwarteten 14 Cent je Aktie, Peoplesoft kann lediglich elf bis zwölf Cent melden.

Retail-Softwareanbieter JDA landete rund 20 Prozent hinter den Umsatzprognosen, statt eines erwarteten Gewinns werden die Zahlen rot gefärbt sein. Und Internet Security Systems (ISS) musste, trotz eines starken Marktes für IT-Sicherheit, gleich die Prognosen für das Gesamtjahr für ungültig erklären. Das erste Quartal sei, wenn auch nur knapp, hinter den Erwartungen zurückgeblieben, begründete die Company den Schritt. Konkreter wollte sich ISS nicht äußern.

Die Softwerker von Sybase konnten ebenfalls nicht an ihre eigenen Vorgaben anknüpfen. Die geplanten Umsätze von 200 bis 205 Millionen Dollar waren zu viel, zehn Prozent weniger im Berichtszeitraum gelten nun als realistisch. Das Pro-forma-Ergebnis beläuft sich auf 16 bis 20 Cent je Aktie und nicht wie einst versprochen auf 23 Cent. Als Erklärung neben dem Krieg und der Wirtschaftsflaute führte CEO John Chen in einem Statement an, dass der Fokus von Sybase auf Kunden aus den Bereichen Telekommunikation und Finanzdienstleistungen der Company arg zusetzt.

Für den Content-Management-Anbieter Interwoven brachten die ersten drei Monate immerhin einen Wechsel an der Spitze, denn CEO John van Siclen trat wegen schwacher Zahlen zurück. Sein Vorgänger Martin Brauns, der bis Sommer 2002 im Amt gewesen war und dem ebenfalls kein glückliches Händchen in finanziellen Fragen nachgesagt wurde, übernimmt die Führung übergangsweise, bis ein langfristiger Ersatz gefunden ist - oder ein Käufer für die ganze Company, worauf viele Beobachter spekulieren.

Der Integrationsspezialist Webmethods verzeichnete in seinem vierten Fiskalquartal nur einen geringfügigen Einbruch seiner Geschäfte: Statt wie erwartet 50 bis 55 Millionen Dollar betragen die Umsätze knapp 49 Millionen Dollar. Das Ergebnis beläuft sich auf rund einen Cent je Aktie und trifft damit die Erwartungen der Analysten. Vor einem Jahr war bei ähnlichen Einnahmen noch ein Quartalsdefizit von 15,7 Millionen Dollar angefallen.

Warten auf Gewinn

Iona Technologies kam dagegen nicht so glimpflich davon, denn als Umsatz werden nun knapp 17 Millionen Dollar erwartet. Im Januar hatte der Middleware-Anbieter noch Einnahmen von etwa 25 Millionen Dollar in Aussicht gestellt. Auch die damals angepeilte Gewinnschwelle bleibt vorerst ein Fernziel: Als Quartalsverlust sind nun 35 bis 37 Cent je Anteilschein einkalkuliert. Offenbar leidet Iona an der noch verhaltenen Akzeptanz von Web-Services.

Einer der wenigen Lichtblicke stammte von Cognos, einem Anbieter von Tools für Business Intelligence (BI). In den ersten drei Monaten 2003 erzielte die kanadische Company einen Rekordumsatz von 167,7 Millionen Dollar, das Nettoergebnis kletterte auf 29,6 Millionen Dollar. Die Gesamteinnahmen des abgelaufenen Geschäftsjahres stiegen gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent auf 551 Millionen Dollar, der Nettogewinn wuchs von 19,4 Millionen auf stattliche 73,1 Millionen Dollar.

Glück im Unglück

Allerdings gab es auch Stimmen, die der aktuellen "Vorankündigungssaison" in den USA etwas Positives abgewinnen konnten. Die insgesamt 47 Warnungen, davon 21 durch Softwareanbieter, seien nichts, verglichen mit der Zahl von 298 Unternehmen, die vor genau zwei Jahren schlechte Quartalsergebnisse angekündigt hatten, fasste ein Zeitungsartikel die Entwicklung zusammen. Die meisten Deals seien gegenwärtig tatsächlich nur verschoben und nicht, wie nach den Terroranschlägen vom 11. September, storniert oder auf lange Zeit ausgesetzt worden. Für das laufende Quartal stehen die Zeichen jedoch allgemein auf Stagnation. Bislang war die Finanzgemeinde von einem sequenziellen Anstieg der Softwareumsätze um etwa sechs Prozent ausgegangen, was nun jedoch angesichts der aktuellen Entwicklung "optimistisch" wirke, schrieben Analysten von Goldman Sachs. (ajf)