Deutschland-Geschäftsführer Lindner wirft das Handtuch

Softwarehaus Peoplesoft stehen harte Zeiten bevor

25.06.1999
MÜNCHEN (bs) - Nach dem Management-Wechsel in den USA rotiert Peoplesofts Personalkarussell auch hierzulande. Überraschend verläßt Uli Lindner, der rund zwei Jahre als Geschäftsführer der Peoplesoft Deutschland GmbH tätig war, das Unternehmen.

Der Austritt erfolge auf eigenen Wunsch, heißt es in einer Erklärung von Peoplesoft. Lindner werde eine leitende Position in einem neu gegründeten E-Business-Unternehmen antreten, dessen Name nicht genannt wurde. Bis ein Nachfolger als Geschäftsführer Deutschland feststeht, wird Adrian Reynolds, General Manager Europe, die Aufgaben kommissarisch übernehmen. Er ist in seiner Funktion für Großbritannien, Südafrika, Deutschland, die Schweiz und die nordeuropäischen Länder verantwortlich.

"Wir suchen mit Nachdruck einen Nachfolger", erklärt Irene Böhme, Marketing Communication Manager bei Peoplesoft in München. Intern sei der Wunsch von Lindner, das Unternehmen zu verlassen, bereits seit mehreren Wochen bekannt gewesen: "Von Rausschmiß kann keine Rede sein."

Der Abgang des deutschen Managers Lindner bestätigt laut Analysten die schwierige Situation von Peoplesoft allgemein. So bemühe sich die Softwareschmiede seit der CeBIT 1998, außerhalb der USA als Multiproduktanbieter Fuß zu fassen. Ziel war es, neben dem Hauptumsatzträger, der Software für das Personal-Management "Human Resources Management System" (HRMS), Anwendungen für Finanzdienstleister und die Versicherungsbranche zu verkaufen. Kurze Zeit später wagte sich das Unternehmen dann mit dem Paket "Manufacturing" auf das Parkett der Industriekunden vor. Doch die Strategie ging in Europa bislang nicht auf.

Abgesehen von einigen wenigen Kunden, die sich für die Finanzlösung entschieden haben, bestreitet Peoplesoft sein Hauptgeschäft weiterhin im Personalsoftware-Umfeld. Und hier sagen die Auguren der Giga Information Group eine schleppende Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten voraus. Der Verlust des HRMS-Vorzeigekunden Siemens AG im Herbst vergangenen Jahres dürfte ebenfalls Spuren hinterlassen haben.

Die Chancen, die schlechten Aussichten im klassischen Geschäft anderweitig auszugleichen, stehen laut James Holincheck, Analyst bei Giga, schlecht. In den wachstumsträchtigen Segmenten Supply-Chain-Management (SCM) und Customer-Relationship-Management (CRM) seien die Softwerker aus Pleasanton, Kalifornien, schwach. Ferner halte Peoplesoft für die zunehmende CRM-Nachfrage keinerlei Produkte bereit und kooperiere lediglich mit den CRM-Anbietern Siebel und Vantive. Diese Zusammenarbeit funktioniere mehr schlecht als recht, vermelden Insider, außerdem werfe sie für Peoplesoft kein zusätzliches Geschäft ab. Hierzulande verfügen die Softwerker über kein Projekt in diesem Bereich. Die Übernahme eines Spezialisten für Vertrieb-, Marketing- und Servicesoftware sei deshalb dringend nötig, um in diesem Segment mitspielen zu können, lautete die Empfehlung von Forrester Research.

Im boomenden SCM-Markt sei Peoplesoft nach der Übernahme der Firma Red Pepper 1996 zwar engagiert, agiere aber mit wenig Erfolg und verfüge weder über eine nennenswerte Kundenbasis noch über ein positives Image, so Giga-Analyst Holincheck weiter. In puncto E-Business-Plattform habe das Unternehmen mit seiner Portalsoftware "Peoplesoft Business Network" (PSBN) im Vergleich zum Konkurrenten SAP die Nase zwar leicht vorn, doch läßt sich mit diesen Ansätzen noch kein Geld verdienen.

Die Quittung für die verfehlte strategische Ausrichtung erhielt die Softwareschmiede im ersten Quartal dieses Jahres: Der Gewinn ging von 33,8 Millionen Dollar im ersten Quartal 1998 auf 7,6 Millionen im ersten Berichtszeitraum dieses Jahres zurück. Der Umsatz des Unternehmens erhöhte sich im Vorjahresvergleich nur um zehn Prozent von 277,7 auf 305,4 Millionen Dollar, wovon 75 Prozent durch Service und Dienstleistungen erwirtschaftet werden. Ebenfalls in das erste Quartal 1999 fiel die Entlassung von 430 Mitarbeitern, die vor allem in den Bereichen Verwaltung, Vertrieb und Marketing in nordamerikanischen Niederlassungen beschäftigt waren. Vor kurzem erhielten erneut 400 Arbeitnehmer die Aufforderung, sich innerhalb der Company einen neuen Job zu suchen. Wem das nicht gelingt, der muß mit Entlassung rechnen.