Softwarehaus mbp arrangierte Match gegen den Computer:Schach-Mikro für Boris Spasskij kein Problem

24.04.1981

HANNOVER (ik) - Haushoch überlegen zeigte sich Exweltmeister Boris Spasskij in einem Wettkampf gegen das schwedische Mikrocomputer-Schachprogramm "Rook 4.5". Das Match fand im Rahmen einer Simultanvorstellung am 2. April in der CeBlT-Halle 18 statt.

Namhafte Wissenschaftler und Computer-Experten folgten der Einladung der mbp Mathematische Beratungs- und Programmierungsdienst-GmbH, Dortmund, und stellten sich als Spasskij-Gegner zur Verfügung. Sie wurden zusammen mit zahlreichen schachkundigen Hannover Messe-Besuchern Zeuge eines Vergleichskampfes zwischen menschlicher und technischer Intelligenz.

Die mbp GmbH, eines der führenden Softwarehäuser in der bundesdeutschen EDV-Dienstleistungsbranche, wollte auf diese Weise die Qualität, die Logik und Systematik der Programmierarbeit, sowie die Konzentration und das Durchhaltevermögen in der Projektarbeit mit dem Vorgehen eines exzellenten Spielers in einer Schachpartie vergleichen.

Der Ausgang der Simultanvorstellung schien "vorprogrammiert": Nur drei von insgesamt fünfundzwanzig Gegnern, darunter auch der Vertreter der CW-Redaktion (Foto), waren in der Lage, dem routinierten Schachprofi Paroli zu bieten. Sie erreichten jeweils ein Unentschieden.

Im Feld der Besiegten befand sich auch das Computerschachprogramm, dessen Autor Lars Karlsson mit seiner Version 4.0 bei der Mikrocomputer-Weltmeisterschaft in London im September 1980 den geteilten ersten Platz belegte.

Warum die Weiterentwicklung des mbp-Mikrocomputersystems "Databoard 4680" mit seinem 16-Bit-Prozessor den in Frankreich lebenden Exchampion nicht besiegen konnte (siehe Partie 2), wollte die CW von dem Großmeister selbst erfahren (siehe Interview: "Ein bißchen rechnen").

"Rook 4.5" arbeitet nach der sogenannten "Shannon-A-Strategie", bei der alle gültigen Züge ausgewertet werden. Nach einer "Killer-Heuristik" werden die auszuwertenden Äste des Entscheidungsbaumes reduziert und nach einer speziellen Suchtechnik die günstigsten Züge auf der jeweiligen Verzweigungsebene ausgesucht.

Für das Simultanspiel kann der jeweils nächste Zug auf jeder Bewegungsstufe abgerufen werden. Maximal kann das Programm zwölf Halbzüge im voraus berechnen. Während der Berechnung werden der bis dahin als plausibel bestimmte Zug und der als optimal angesehene Gegenzug angezeigt.

Das Programm verfügt über einen Arbeitsspeicher von 16 KB. Er ist in Assembler geschrieben und läuft unter einem Realtime-Betriebssystem, vom eigentlichen Schach-Algorithmus entkoppelt werden kann.

Entwickelt wurde das Programm im Jahre 1977 von dem Repräsentanten der

"Data-Industrier AB" mit einem Aufwand von rund einem Mannjahr.