Signal für britische Programmierzunft:

Softwarehaus Logica geht an die Börse

07.10.1983

LONDON (VWD) - Das Londoner Softwarehaus Logica bereitet den Schritt vor, ihre Aktien zum amtlichen Handel an der Londoner Effektenbörse zuzulassen. Für den 24. Oktober ist die Veröffentlichung des Emissionsprospekts vorgesehen. Der amtliche Handel soll am 3. November aufgenommen werden.

Es wird damit gerechnet, daß knapp 30 Prozent des Logica-Kapitals dem Publikum zur Zeichnung angeboten werden. Wie das geschäftsführende Verwaltungsratmitglied Len Taylor erklärte, soll der Weg an die Öffentlichkeit durch die Ausgabe neuer Aktien und durch den Verkauf von Anteilen der Aktionäre beschritten werden. Schätzungsweise ein Drittel bis die Hälfte der Emission werde der Gesellschaft neue Mittel zufließen lassen.

Das Logica-Kapital liegt zu knapp über 50 Prozent bei 220 der 1475 Belegschaftsmitglieder. Die übrigen Anteile werden von neun Finanzinstituten Großbritanniens und Europas gehalten. Rund ein Drittel der Belegschaftsanteile sind im Besitz der drei Firmengründer Philip Hughes, Pat Coen und Taylor. Für den Gang an die Börse werden bei Logica mehrere Gründe angeführt. Zum einen dürfte die Absicht der Institute dahinterstehen, ihre Beteiligung zu realisieren. Auch einige der Beschäftigten wollen die Möglichkeit nutzen, einige Anteile abzugeben. Auch wird das Kapital benötigt, um neue Betriebsmittel zu erhalten und einen Überziehungskredit von drei Millionen Pfund Sterling abzuzahlen.

Auch CAP plant Einführung ihrer Aktien

Logica ist 1969 gegründet worden. Für das Geschäftsjahr zum 30. Juni 1983 wurde ein Gewinn vor Steuern von 3,35 Millionen Pfund Sterling ausgewiesen, 55 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Umsatzerlöse wuchsen um 27 Prozent auf 42,1 Millionen Pfund. Logica ist das größte unabhängige britische Softwareunternehmen. Nur die zur British Petroleum gehörende Scicon ist noch größer mit Umsatzerlösen von über 100 Millionen Pfund Sterling und rund 3500 Beschäftigten. Logica wurde von einer Reihe ehemaliger Scicon-Beschäftigten gegründet. Die zur Thorn-EMI gehörenden Softwaregesellschaften Datasolve und Software Sciences sind etwa genauso groß wie Logica.

Zu den übrigen unabhängigen Softwarehäusern in Großbritannien zählt die CAP-Gruppe. Sie hat im Geschäftsjahr zum 30. Juni 1983 mit 20 Millionen Pfund Sterling einen um 43 Prozent höheren Umsatz und einen Gewinn vor Steuern von 965 000 Pfund ausgewiesen. Nach den Worten von Alan Benjamin, für Kommunikation zuständiges Verwaltungsmitglied von CAP, will das Unternehmen in etwa zwei Jahren an die Börse gehen. Deshalb begrüße man heute den Schritt Logicas. Auch würden mit der Logica-Einführung wohl die "Grundregeln" für die vier oder fünf britischen Softwarehäuser gelegt, wie durch die Umwandlung in ein Publikumsunternehmen der Kapitalmarkt genutzt werden kann.

Logicas expansivster Bereich ist die Textverarbeitungs-Tochtergesellschaft VTS, die einst aus einem Auftrag für das mittlerweile aufgelöste staatlich finanzierte Büroautomationsunternehmen Nexos hervorging. Der Textverarbeiter wird nun auch von ICL, neben Logica selbst vertrieben. Logica hat an der Gestaltung der Programmierung für das Prestel-Bildschirmtextsystem der britischen Post mitgearbeitet. Sie entwickelte auch die Software für das neue Scheckabrechnungsverfahren der Banken (Chaps), das nächstes Jahr in Betrieb gehen soll. Logica ist ferner im Verteidigungssektor für die Regierung tätig. Unter anderem ist sie Untervertragsnehmer für das "Stingray"-Torpedoprojekt und entwickelt Bildverarbeitungs-, Spracherkennungs- und Kampfsimulationsanlagen. Im Raumfahrtsektor arbeitet Logica am "Projekt Universe", das Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen Computern via Satelliten ermöglichen soll.