Softwarehaus beansprucht weitreichende Rechte US-Entwickler fuerchten Streit um wichtiges Multimedia-Patent

03.12.1993

LAS VEGAS (IDG) - Viele Entwickler von Multimedia-Software sind verunsichert. Sie wissen nicht, ob sie in Zukunft Lizenzgebuehren an das Softwarehaus Comptons New Media entrichten muessen. Mit einem weitreichenden Multimedia-Patent glaubt das Unternehmen naemlich, sich die Rechte an diversen Zugriffsverfahren fuer Multimedia-Datenbanken gesichert zu haben.

Diese Meinung vertraten zumindest Comptons-Manager, die die US- Computershow Comdex zum Anlass nahmen, die Konkurrenz von der Existenz des bereits 1989 erteilten Patents zu unterrichten. Sie zeigten sich ueberzeugt, dass die Urkunde nicht nur das Eigentum an der von Comptons entwickelten multimedialen Such- und Retrieval- Software sichert, sondern ihrem Unternehmen auch die Rechte am "Prozess und Konzept" der Suche in Datenbanken zugesteht, die aus unterschiedlichen Datentypen - also Bild, Ton, Text und Animation - bestehen.

Setzt sich Comptons mit dieser Patentauslegung durch, haette das Unternehmen das Recht, Lizenzgebuehren von saemtlichen Entwicklern zu erheben, deren Applikationen auf Datenbanken zugreifen - also praktisch von allen.

Dabei stuetzt sich die Company auf den Wortlaut der Patentschrift. Es handele sich um ein "Suchsystem, das eine Multimedia-Datenbank benutzt, die aus Text-, Bild-, Ton-, und Animationsdaten besteht", heisst es dort. "Die Datenbank wird mit Hilfe verschiedener grafischer und textlicher Suchbegriffe durchsucht." Das allein ist der Meinung mehrerer Entwickler zufolge nichts Ungewoehnliches. Aber in der Patentschrift steht auch, dass Comptons Rechte nicht auf die beschriebenen "Abstrakta und Offenlegungen" begrenzt sind. "Ganz besonders hingewiesen wird darauf, dass diese Erfindung auf jede Information angewendet werden kann, die in Datenbanken speicherbar ist.

Patentstreit koennte Entwicklung bremsen

Waehrend die heutige Erfindung im wesentlichen im Bezug auf eine Enzyklopaedie beschrieben worden ist, koennen andere Datenbanken, die veroeffentlichte Informationen in grafischer oder textlicher Form enthalten, einbezogen werden", heisst es in der Urkunde weiter. Diese Klausel, so spekulieren Beobachter, koennte zu gerichtlichen Auseinandersetzungen fuehren.

Die Company haette im Zweifelsfall auch die finanziellen Mittel, um langwierige Rechtsstreitigkeiten durchzustehen. Sie gehoert zu 100 Prozent der Tribune Company in Chicago, die mit Zeitungen, Radiosendern, Buechern und einem Baseball-Team rund zwei Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr erzielt.

Comptons selbst hat noch nicht erklaert, von welchen Unternehmen Lizenzgebuehren erhoben werden sollen, aber die Manager machten klar, dass sie das Patent vor Gericht verteidigen werden. "Wir wollen den Schutz, den das amerikanische Recht uns gewaehrt", sagte Norman Bastin, Executive Vice-President des Unternehmens.

Die Company macht dem Mitbewerb verschiedene Angebote, um die Lizenzrechte zu erwerben: Software-Entwickler koennen in ein Joint- venture einsteigen, ihre Produkte ueber Comptons' Tochtergesellschaften vertreiben, ein Produkt entwickeln, das die Smartrive-Technik der Tribune-Tochter benutzt oder einfach ein bis drei Prozent des Umsatzes direkt an Comptons ueberweisen.

"Ich glaube, es (das Patent, Anm. d. Red.) ist nicht so bedeutend", sagte Min Yee, Executive Vice-President von Media Vision. "Ich bin sicher, dass die Entwickler mit allen Mitteln gegen Comptons kaempfen werden", fuegt er hinzu.

Die groessten Sorgen bereitet den Multimedia-Entwicklern jedoch nicht die rechtliche Situation - da die meisten das Patent fuer anfechtbar halten -, sondern der Bremseffekt, den rechtliche Streitigkeiten auf die technische Innovation haben koennen.