Interview

"Softwarehäuser vererbt man nicht an seine Kinder"

04.04.1997

CW: Warum haben Sie Ihr Unternehmen verkauft?

KILLEIT: Meine Firma hat einen rein nationalen Charakter. Die Bedeutung des Nationalen aber schwindet angesichts eines zusammenwachsenden Europas. Wir werden etwa die Euro-Währung bekommen und auf weiß der Teufel welchen Ebenen noch mit anderen zusammenarbeiten müssen.

CW: Die Europäisierung betrifft wohl kaum die KHK-Produkte?

KILLEIT: Heute nicht. Aber in Zukunft werden wir Synergieeffekte nutzen. Die Landesgesellschaften werden nur noch Produktadaptionen vornehmen. Das ist gut für uns, aber auch für unsere Kunden. Sie profitieren von einer Software mit einheitlichen Schnittstellen und Standards, die sich zudem international nutzen läßt.

CW: Das klingt nach Plänen für übermorgen.

KILLEIT: Nein. Es ist ein langer Weg. Heute vermarkten die Landesgesellschaften der Gruppe ihre Produkte und führen begonnene Projekte zu Ende. Doch bei künftigen Entwicklungen, in drei bis fünf Jahren, wollen wir dieselben Tools benutzen und Entwicklungsprojekte gemeinsam vorantreiben.

CW: Welche KHK-Produkte sollen weiterleben?

KILLEIT: Daß Produkte oder ganze Produktlinien aus dem Portfolio herausfallen, glaube ich nicht. Alle Gruppenmitglie-der bieten betriebswirtschaftliche Software für Einsteiger und leistungsfähigere Pakete. Die Produktlinien bleiben bestehen, nur die einzelnen Produkte werden durch vereinheitlichte ausgetauscht.

CW: Es gibt noch keine konkreten Pläne?

KILLEIT: Nein. - Nein. Visionen hat man.

CW: Hätten nicht auch Beteiligungen, Venture-Kapital oder Kooperationen die Herausbildung einer starken europäischen Firmengruppe ermöglicht?

KILLEIT: Ich hätte lieber Sage akquiriert als KHK verkauft. Doch in Deutschland gibt es keine Szene, die es erlaubt, kurzfristig 110 Millionen Mark zusammenzubekommen. Auch einer gutsituierten Firma wie uns gibt keine Bank soviel Geld für den Kauf eines anderen Softwarehauses. Die Venture-Kapital-Kultur liegt brach, und Kooperationen taugen nur auf Projektebene.

CW: Sie haben eigene Kaufabsichten aufgegeben, weil es schwierig ist, das entsprechende Kapital aufzutreiben?

KILLEIT: Eindeutig.

CW: Es gibt aber auch andere Spekulationen. Die einen gehen davon aus, daß KHK nicht so gut dasteht, wie Killeit glauben machen will - die Entwicklung der X-Line hat vielleicht ein zu großes Loch in den Haushalt gerissen ...

KILLEIT: Unsere testierten Bilanzen sind alle öffentlich. Wir haben auch 1996 alles in allem rund zehn Millionen Mark Gewinn gemacht.

CW: Die zweite Annahme lautet, daß Killeit Kasse machen wollte, um sich aus dem Geschäft zurückzuziehen.

KILLEIT: Es ist legitim zu kapitalisieren. Was ich mit meinem Geld mache, ist letztlich meine Sache. Das kann allerdings kein Grund für den Verkauf sein. Immerhin konnte ich mir auch bisher meine Schnitzel leisten, und aufhören können hätte ich ebenfalls schon immer.

Softwarehäuser sind keine altehrbaren Handelshäuser, die man von Generation zu Generation seinen Kindern vererben kann. Deshalb hatte ich schon immer die Absicht zu verkaufen. Nur der Zeitpunkt ist etwa fünf Jahre früher als vorgesehen.

CW: Wie sehen Ihre Ausstiegspläne aus?

KILLEIT: Mir ist es jetzt zu früh dafür. Ich habe mich mit Sage darauf geeinigt, zu schauen, ob wir gedeihlich miteinander umgehen können. Wenn uns die Zusammenarbeit Spaß macht, dauert sie lange.

Mir gehörten ohnehin nur noch gut 24 Prozent von KHK, während die Hypobank mit rund 48 Prozent beteiligt war. Jedenfalls habe ich vor, auch weiterhin einen guten Job zu machen. Gerade in unserer Branche gibt es eine Menge Unternehmer, die eine Firma erst aufbauten und dann durch Ignoranz zerstörten.

Ich sehe es als Verpflichtung, den Bestand der KHK über die kommenden drei Jahre hinaus zu sichern. Darin liegt der Hauptgrund, das Unternehmen an die Gruppe mit dem größten Potential zu verkaufen.

Das wollen Sie wohl nicht schreiben? Es ist das, was ich fühle. Es ist mir wichtig. Der Verkauf ist der beste Job, den ich gemacht habe.