Software - Qualität ist gefragt

04.10.2005
Softwarefehler haben in der Vergangenheit immer wieder für spektakuläre Pannen gesorgt. Die Anwender fordern daher bessere Standards.

Heute erwarten die Nutzer, dass eine Software funktioniert. Vor 20 Jahren waren sie überrascht, wenn sie funktionierte", beschreibt Siegfried Zopf, Präsident der Vereinigung für Softwarequalitäts-Management aus Österreich, die gestiegenen Erwartungen der Softwarekunden. Dabei gehe es nicht allein um Fehlerfreiheit, sondern auch um Aspekte wie Funktionalität, Nutzbarkeit und Leistung. "Schließlich richtet sich die Qualität eines Autos auch nicht nur danach, dass es nicht alle 100 Kilometer eine Panne hat."

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*81893: CA-Manager Gupta über Qualitätsmängel;

*61173: CEOs bemängeln Softwarequalität;

*40516: Qualitäts-Management.

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• was Anwender an Software auszusetzen haben;

• wie SAP die Güte seiner Applikationen verbessern will;

• welchen Schaden mangelhafte Qualität verursachen kann.

Die Softwareanbieter müssten die verschiedenen Qualitätsmerkmale gezielt auf die Erwartungen der Kunden hin ausrichten, fordert Zopf. Nutzer sollten deshalb möglichst früh in den Entwicklungsprozess eingebunden werden. Dies war auch eines der Kernthemen des 3. Weltkongress für Softwarequalität, der vom 25. bis 29. September in Garching bei München stattfand. Das Verständnis unter den Entwicklern wachse jedoch langsam, moniert der IT-Manager der Telekom Austria. Die Notwendigkeit, stärker auf die Bedürfnisse der Nutzer einzugehen, rücke erst seit wenigen Jahren stärker in das Bewusstsein der Programmierer.

"Das ist ein gewisser Paradigmenwechsel", bestätigt SAP-Vorstand Claus Heinrich. Früher hätten die Firmen Software entwickelt, getestet und auf den Markt geworfen. So hätten sich Fehler und Schwächen in aller Regel erst beim Anwender bemerkbar gemacht. Da dies heute nicht mehr akzeptiert werde, sei es "wichtig, die Qualität bereits in der Entwicklung einer Software sicherzustellen". Das fängt Heinrich zufolge bei der Definition der Anforderungen an. Die erste Frage, die ein Softwareproduzent beantworten müsse, lautet: "Habe ich wirklich verstanden, was der Kunde von mir will und was er braucht?"

SAP beziehe seine Kunden bereits in den frühen Phasen des Entwicklungsprozesses mit ein, berichtet der SAP-Vorstand. So lege man den Nutzern immer wieder Zwischenergebnisse vor, damit die Entwicklung auch wirklich die Bedürfnisse der Kunden treffe. Dabei gehe es nicht nur darum, Fehler zu beheben, sondern auch Aspekte wie Nutzbarkeit, Handling, Sicherheit und Leistung einer Software abzufragen. Heinrich räumt ein, dass SAP in der Vergangenheit zu Recht dafür kritisiert wurde, zu wenig auf Details geachtet zu haben. Teilweise hätten Übersetzungen gefehlt, oder Fehlertexte seien nur schwer verständlich gewesen. Heute achte SAP wesentlich mehr auf die Einzelheiten, beteuert der Manager, der vor 18 Jahren als Assembler-Programmierer bei dem deutschen Softwarehaus begonnen hat.

Wiederholt hatten sich in den vergangenen Jahren Anwenderfirmen über Mängel in kommerzieller Software beklagt und Verbesserungen eingefordert. So hatten beispielsweise Mitte vergangenen Jahres eine Reihe großer US-amerikanischer Konzerne eine Breitseite gegen die Softwarebranche abgefeuert. Die Interessenvertretung "Business Roundtable", in der sich Vorstände von zirka 150 der größten Unternehmen der USA zusammenfinden, klagte, Softwarehersteller würden mangelhafte Produkte verkaufen, die anfällig für Angriffe von außen seien und sich nur umständlich bedienen ließen. Jahr für Jahr entständen dadurch Milliardenschäden. IT-Anbieter entzögen sich jedoch der Verantwortung, indem sie die Schuld den Endanwendern in die Schuhe schöben. "Es ist Zeit, dass die IT-Anbieter endlich selbst Verantwortung für ihre Produkte übernehmen", forderte Marian Hopkins, Sprecherin der Sicherheitsarbeitsgruppe des Business Roundtable.

Schaden geht in die Milliarden

Die Liste der durch Softwarefehler verursachten Probleme ist lang. So kostete die Betreiber des neu gebauten Flughafens im US-amerikanischen Denver ein fehlerhaftes Gepäckbeförderungssystem etwa 1,1 Millionen Dollar am Tag. Im April dieses Jahres verlor die US Airways Group Tausende von Dollar, weil aufgrund eines Softwarefehlers Flugtickets fälschlicherweise zu einem Preis von 1,86 Dollar angeboten wurden. Auch der Stromausfall, der im Sommer 2003 weite Teile Nordostamerikas außer Gefecht setzte, wird einem Softwarefehler angelastet.

Laut einer Untersuchung des US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology haben Softwareprobleme die US-Wirtschaft im Jahr 2002 rund 60 Milliarden Dollar gekostet. Ohne Zweifel sei diese Summe seither deutlich gestiegen, bilanziert das Institut.

Zu 100 Prozent fehlerfreie Software gebe es nicht, räumt auch SAP-Vorstand Heinrich ein. Den Vorwurf, die Softwarehersteller würden sich aus ihrer Verantwortung stehlen, will er jedoch nicht gelten lassen. SAP behebe jeden Fehler, den ein Softwarekunde melde. In einem zweiten Schritt werde zudem untersucht, ob dieser Fehler auch bei anderen Kunden auftreten könne. Ist dies der Fall, werde der Bugfix in den nächsten vierteljährlich ausgelieferten Patch integriert. "SAP hat die Schuldigkeit, bekannte Fehler jedem Kunden zu melden und zu beheben." (ba)