Software mit steiler Lernkurve Die TU Stuttgart bietet ihren Studenten neues CAD-Zentrum

30.09.1994

Von Heidrun Haug*

Nach vierjaehriger Planungs- und Realisierungsphase konnte die Technische Universitaet Stuttgart nun endlich ihr "StutCAD"-Zentrum einweihen. Rund 3500 Studenten aus vier Fachbereichen werden im Grund- und Hauptstudium in "Maschinenbaulichem CAD" unterrichtet und haben 72 Stunden die Woche Zugang zu den Workstations.

Mit "StutCAD", erklaerte Rektorin Professor Dr. Heide Ziegler bei der offiziellen Einweihung des neuen CAD-Zentrums, sei an der Universitaet Stuttgart der Ausbildungswandel rechtzeitig eingeleitet worden. Ermoeglicht durch 2,2 Millionen Mark an Landesmitteln steht ein zentraler Pool mit 60 vernetzten Workstations von Digital Equipment

(Typ DEC System 500, Modell 240) zur Verfuegung, an denen Studenten der Energietechnik, Konstruktions- und Fertigungstechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Verfahrenstechnik lernen koennen, wie man computergestuetzt konstruiert. Rund 1200 Studenten haben seit 1992, als mit dem sukzessiven Aufbau des Ausbildungs- und Dienstleistungszentrum, begonnen wurde, die CAD-Methode in Ergaenzung zur konventionellen Handzeichnung erlernt. Mit einem Verhaeltnis von 17 Studenten pro Rechner duerfte Stuttgart neben der TU Muenchen damit in Deutschland die beste CAD-Ausstattung haben.

Im Unterschied zu vielen Instituten, die sich kurzfristig mit CAD- Rumpfprogrammen auf PCs behalfen, peilte Professor Gisbert Lechner, Prorektor fuer Forschung der Universitaet, eine zukunftsorientierte Infrastruktur an. Die bis dato dezentrale CAD- Ausbildung, so der Grundgedanke des StutCAD-Projekts, wird in einem gemeinsamen Zentrum fuer 35 Institute zusammengefasst. Mit diesem wirtschaftlich vertretbaren Konzept konnte sich auch die Landesregierung anfreunden und genehmigte zusaetzlich zur Erstinvestition laufende Mittel fuer Wartung und Betreuung in Hoehe von 350000 Mark jaehrlich. Mit zwei genehmigten Personalstellen ist allerdings erst die Haelfte der Forderungen erfuellt.

Ueberschaubare 2D-Software

Grossen Wert legten die Stuttgarter vor allem auf die Software und das Service-Angebot der Lieferfirma. Bewusst wollte man keines der CAD-Standardpakete, die in der Industrie eingesetzt werden - Programme mit in aller Regel hoher Funktionalitaet, die zwar alles koennen, aber eine traege Lernkurve aufweisen. Ueberzeugen konnte eine 2D-Software der amerikanischen Firma CADRA, die vom Workstation-Lieferanten Digital Equipment angeboten wurde. Ein gut strukturiertes Programm, das man schnell bedienen kann, kein Lernen komplexer Operationen voraussetzt und sich daher auch fuer Anfaengerkurse eignet. Zudem kann CADRA die zuvor mit CADAM erstellten Dateien konvertieren. Bei der Frage nach dem Service mussten die Stuttgarter erfahren, dass sie nur von wenigen Anbietern als Kunde ernst- genommen wurden. Lechner:

"Wie manche Unternehmen glaubten, mit uns umspringen zu koennen, war ein echtes Erlebnis." Mit Digital einigte man sich auf einen Fuenf-Jahresvertrag und ein Eigenwartungskonzept, das die laufenden Kosten im Zaum haelt.

Bei den Studenten findet StutCAD grossen Anklang, berichtet Lechner. Mehr als drei Viertel nutzten das Programm freiwillig, 500 Nutzer sind durchschnittlich registriert. Die Digital-Rechner sind untereinander ueber TCP/IP vernetzt, so dass der Dozent jeden Bildschirm ansteuern und mit seiner Oberflaeche ueberblenden kann. Dank Anschluss an das Stuttgarter Universitaetsrechnernetz hat man von jedem System sogar Zugriff auf den Cray-Superrechner.