Software-Lobbyverband warnt vor Gebrauchtlizenzen

10.04.2008
Anwender sollten sich der mit Gebrauchtsoftware verbundenen Risiken bewusst sein. Second-Hand-Anbieter sprechen von Panikmache.

Das Thema Gebrauchtsoftware habe in den vergangenen Monaten europaweit für Verunsicherung gesorgt, behaupten die Verantwortlichen der Business Software Alliance (BSA). Angebote gebrauchter Software beinhalteten oft illegale Softwarekopien oder -lizenzen, warnt der Lobbyverband der Softwareindustrie, dem unter anderen Adobe, Microsoft und Symantec angehören. Daraus resultierten rechtliche und wirtschaftliche Risiken für die Unternehmen, die Second-Hand-Lizenzen kauften beziehungsweise nutzten.

Allein der Urheber einer Software habe das Recht, Kopien anzufertigen, diese zu verbreiten sowie den Kunden die Software zugänglich zu machen, pochen die Hersteller auf ihre Rechte. Anwender müssten daher jederzeit nachweisen können, dass sie die von ihnen eingesetzte Software auch legal nutzen. Ob Verbreitung und Einsatz gebrauchter Software erlaubt sei, hänge von den entsprechenden Lizenzbestimmungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen ab.

Bei Lizenzverstößen drohen Strafverfahren

Im Zweifelsfall sollten die Anwender den Rechteinhaber kontaktieren, rät der Lobbyverband in einer Mitteilung. Außerdem gelte es eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, um rechtliche und wirtschaftliche Risiken zu vermeiden. Ansonsten drohten wegen Verletzung des Urheberrechts Schadensersatz-, Unterlassungs- und Auskunftsansprüche sowie im schlimmsten Fall strafrechtliche Ermittlungen.

Folgende Pflichten will die Softwareindustrie den Anwendern ins Hausaufgabenheft diktieren:

  • Käufer von Gebrauchtsoftware sollen alle vorangegangenen Erwerber der entsprechenden Programme ermitteln und damit die Rechtekette prüfen. Sie seien verpflichtet, sich von der Rechtmäßigkeit aller Installationen zu überzeugen.

  • Beim Kauf von Second-Hand-Lizenzen müssten sich die Käufer vergewissern, dass alle Begleitmaterialien wie Handbücher, Verpackungen und Datenträger vorhanden sind und mit übergeben werden.

  • Anwender sollten sich den Original-Lizenzvertrag sowie alle weiteren Unterlagen zu späteren Übertragungen vorlegen lassen und Kopien davon anfertigen.

  • Interessenten sollten die Weitergabeklauseln der ursprünglichen Lizenzvereinbarung genau prüfen. Oft sei ein Transfer von Lizenzrechten ausgeschlossen beziehungsweise an bestimmte Bedingungen geknüpft.

  • Käufer von Gebrauchtlizenzen müssten sicherstellen, dass der ursprüngliche Eigentümer keine Kopien der Software behält und verwendet. Zusicherungen stellten vor Gericht keinen Nachweis der korrekten Lizenzierung dar. Es sei deshalb ratsam, sich entsprechende schriftliche Bestätigungen aller vorangegangenen Lizenznehmer einzuholen.

Anbieter von Gebrauchtsoftware werten die BSA-Initiative als weiteren Versuch der Softwareindustrie, den Second-Hand-Markt pauschal zu kriminalisieren. So äußerten sich Vertreter des Münchner Händlers U-S-C verwundert und verärgert über die jüngste BSA-Mitteilung. "Gebrauchte Software ist nicht mit illegalen Raubkopien gleichzusetzen", stellt Walter Lang, Geschäftsführer von U-S-C, klar. Außerdem sei die rechtliche Lage überzogen und einseitig dargestellt.

"Insbesondere ist der Versuch, den neuen Lizenznehmer in die Verantwortung für ein mögliches Fehlverhalten des Vorbesitzers zu bringen, höchst unseriös", wirft der Händler dem Lobbyverband vor. Käufer von gebrauchten Lizenzen, gerade wenn der Hersteller diese offiziell umschreibt, dürften die Software bedenkenlos einsetzen. "Wer sie verkauft und trotzdem weiter nutzt, wäre hier der illegale User."

Auch Lizenzklauseln können unwirksam sein

Unterstützung bekommt der Gebrauchthändler vom Münchner Rechtsanwalt Robert Selk. Kunden von Second-Hand-Lizenzen müssten zwar darauf achten, dass das Softwarepaket vollständig ist, die Übertragung den Lizenzklauseln entspricht und sie keine gestohlene Ware erwerben. Allerdings könnten die Lizenzklauseln selbst unwirksam sein, wenn sie etwa gegen zwingende gesetzliche Vorgaben verstoßen, schränkt der Anwalt ein. "Außerdem muss der Erwerber nicht sicherstellen, dass der Verkäufer die Lizenzen selbst nicht mehr nutzt oder alle Sicherheitskopien vernichtet", stellt Selk fest. "Wenn der Verkäufer nach dem Verkauf hiergegen verstößt, dann liegt ein Rechtsverstoß des Verkäufers vor, nicht aber des Käufers." Wichtig sei nur, dass der Verkäufer dem Kunden die Lizenz übertragen durfte.

Peter Reiner, ebenfalls Geschäftsführer von U-S-C, will sich und sein Geschäft deshalb von der Softwareindustrie nicht in die kriminelle Ecke drängen lassen. "Nur weil ein paar gestohlene Autos verkauft werden, ist doch nicht jeder Gebrauchtwagenhändler zwangsläufig gleich kriminell." (ba)

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