Software läßt DV-Kosten in den Unternehmen ansteigen

26.06.1987

Trotz fallender Hardwarepreise müssen die DV-Verantwortlichen seit zwei Jahren gegen steigende DV-Kosten in ihren Unternehmen ankämpfen. Laut Wolfgang Sigusch, DV-Leiter bei der Sandvik GmbH in Düsseldorf, gibt es dafür drei Ursachen: "Das sind im einzelnen Ausgaben für die Individuelle Datenverarbeitung, das DV-Personal und die Software." Speziell die Stundenlöhne der externen Programmierer seien erheblich in die Höhe geklettert, stellt Manfred Keil, DV-Leiter der Ytong AG in München, fest. Vor allem die Software jedoch ist auch in der Zukunft eine beachtliche Größe, nimmt Bernd Molls, DV/ Org.-Leiter der 3M Deutschland GmbH in Neuss, an. Diese Entwicklung wolle man durch rückgeführte, beziehungsweise mit langsamer wachsenden Arbeitskosten kompensieren. Ausgaben sind nach Meinung von Max Herbert Neuß, DV/Org.-Leiter bei Richard Hirschmann in Esslingen, auch für Rationalisierungsmaßnahmen in den Unternehmen, bei denen die Datenverarbeitung als Hilfsmittel eingesetzt werde erforderlich.

Wolfgang Sigusch

Leiter der Datenverarbeitung, Sandvik GmbH, Düsseldorf

Meiner Meinung nach sind drei Gründe für die erhöhten DV-Kosten verantwortlich. Das sind im einzelnen Ausgaben für die Individuelle Datenverarbeitung (IDV), das DV-Personal und die Software.

Bei den IDV-Kosten ist bereits heute erkennbar, daß sie sich schlecht unter Kontrolle halten lassen. Obwohl der PC als billiges Werkzeug gilt, muß ein Unternehmen für ihn, wenn er was können soll, 8000 bis 20 000 Mark bezahlen. Dies ist meiner Ansicht nach schon eine Investition. Über welche Abteilung diese Ausgaben dann abgerechnet werden, ist allerdings von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Bei uns werden sie beispielsweise den DV-Kosten zugerechnet. In konkreten Prozentzahlen läßt sich der Kostenanstieg im momentanen Stadium noch nicht ausdrücken, wir rechnen jedoch mit einigen Kostenschüben.

Ein grundsätzliches Problem wird dabei schon sichtbar: die DV durchdringt inzwischen fast alle Bereiche in einem Unternehmen, deshalb könnte man natürlich auch fast alle Kosten zur DV rechnen. Es ist eine philosophische Frage, ob man den PC, der eine Schreibmaschine ersetzt, zur DV rechnet. Merkwürdigerweise ist des jedoch oft der Fall. Rechtfertigen muß sich die DV-Abteilung bislang erfreulicherweise für diese Mehrausgaben noch nicht, da sie in die dezentrale Verantwortlichkeit fallen.

Der zweite Kostenfaktor ist das DV-Personal. Verantwortlich für die jährliche Steigerung um 4 bis 5 Prozent ist, daß gute Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt rar sind. Es gibt zwar immer eine Art von Personalpolitik, mit der versucht wird, die Gehälter im Rahmen zu halten, wenn jedoch der Bedarf vorhanden ist, zahlt man letztendlich auch mehr.

Im Personalbereich sieht es damit von der Kostenentwicklung ähnlich wie bei der Software aus. In beiden Fällen ist mit ständigen Steigerungen zu rechnen. Bei der Hardware ist das anders. Hier sind die Steigerungsraten nicht übermäßig. Denn hier besteht die Möglichkeit, eine Anlage zu leasen oder eine gebrauchte Maschine zu kaufen. Beim Betriebssystem fängt es aber schon an, da ist man völlig in der Hand des Herstellers. Wenn es ihm plötzlich einfällt, mehr dafür zu verlangen, muß man als Anwender eben zahlen. Auch, wenn man das Beispiel AS von der IBM nimmt - AS ist bekanntlich im Preis gesenkt worden - , muß man sich fragen, ob das Produkt, als es auf den Markt kam, nicht überteuert war. Letztendlich muß der Anwender ja immer noch 200 000 Mark bezahlen, wenn er die IDV mit AS realisieren möchte. Damit hat das Unternehmen wieder seine Kostensteigerung. Grundsätzlich läßt sich vorhersagen, daß die Softwarekosten auch weiterhin jährlich um die 10 Prozent steigen werden.

Auch wenn die Geschäftsleitung zusammen mit der DV-Abteilung Entscheidungen für die DV-Investitionen trifft, ist es immer wieder so, daß man sich am Jahresende über die höheren DV-Kosten beklagt. Ändern läßt sich an diesem Ablauf leider kaum etwas.

Bernd Molls

Leiter der Datenverarbeitung und Organisation, 3M Deutschland GmbH, Neuss

Die DV-Kosten haben sich bei uns parallel zum Geschäftsablauf entwickelt. In den letzten zwei bis drei Jahren hatten wir jedoch keine nennenswerten anderen Steigerungsprozesse als im Durchschnitt in den vergangenen zehn Jahren.

Wir registrieren dennoch seit ungefähr zwei Jahren, daß es gegenüber früher eine Kategorie "Softwarekosten" gibt. Das ist zwar in absoluten Beträgen noch keine Größenordnung, die besondere Aufmerksamkeit erfordert, aber wir merken, daß es eine Wandlung gibt. Anzeichen gab es dafür zuerst bei der Betriebssoftware, die von unserem Hauptlieferanten IBM jetzt anders berechnet wird. Wir konnten ferner feststellen, daß von sonstigen Softwareanbietern bessere Anwendungssoftware auf den Markt vorzufinden ist. Für beide Ebenen (Betriebs- und Anwendungssoftware) müssen jetzt höhere Beträge bezahlt werden. Deshalb spielt die Software in unserem Drei-Jahres-Ausblick in die Zukunft schon eine beachtliche Größe.

Wir wollen diese jedoch durch eine Verlagerung auffangen, und zwar sollen die Softwarekosten mit rückgeführten beziehungsweise mit langsamer wachsenden Arbeitskosten kompensiert werden. In der Konsequenz heißt das weniger Personalzuwachs. Wir gehen ferner davon aus wenn wir fertige Lösungen kaufen, müssen wir intern unsere Arbeitskosten nicht so steigern wie bisher.

Ferner habe wir bemerkt, daß kräftiger Appetit in den Fachabteilungen auf PCs besteht. Das hat sich zwar auf die DV-Kosten insgesamt ausgewirkt, aber diese Bewegung war im Rahmen der Steigerung, die ich anfangs genannt habe.

Aufgrund des etwas verschobenen Schwerpunktes von "dummen" Terminals auf PCs konnten wir außerdem an anderer Stelle etwas langsamer wachsen. Wir haben uns ersparen können, einen Zentraldienst für Business- beziehungsweise Präsentationsgrafiken aufzubauen. Ferner vermieden wir natürlich, die zentrale Systemprogrammiererkapazität zu erweitern, obwohl das auch wieder ein zweischneidiges Schwert ist, denn an jedem PC hat sich ein kleiner nebenberuflicher DV-Spezialist gebildet, so daß der Zeitaufwand im Unternehmen als Ganzes schon dagewesen ist.

Manfred Keil

Leiter der Datenverarbeitung, Ytong AG, München

In unserem Unternehmen haben wir keine so explosionsartig gestiegenen DV-Kosten. Allerdings läßt sich ganz allgemein feststellen, daß die Preise für Software stark angestiegen sind. Zum zweiten fordern die Fachabteilungen verstärkt DV-Unterstützung. Dies hat dann wiederum mehr Installationen zur Folge.

Die DV-Abteilung muß hieraus die Konsequenzen ziehen und mehr Programme erstellen und entwickeln lassen. Dies geht natürlich nicht ohne zusätzliche Kosten. Negativ schlagen ferner noch die Mitarbeiterschulungen für die DV-Abteilung zu Buche.

Vor allem aber stiegen die Programmierkosten, die nach Stunden verrechnet werden.

Früher lag der Stundenlohn für einen externen Programmierer noch bei 100 Mark, heute werden dagegen schon 150 Mark und mehr verlangt. Das ist schon ein erheblicher Sprung.

Drittens gibt es natürlich noch die Anforderungen des Marktes. Von Herstellerseite wird einem immer wieder erklärt, was man, alles anschaffen muß, damit man konkurrenzfähig bleiben kann. Dem DV Leiter bleibt in einem gewissen Rahmen nichts anderes übrig, als mitzuspielen. Denn wenn man die Software schon von einem bestimmten Hersteller hat und etwas Neues machen will, muß man wohl oder übel die vorgeschlagenen Software-Neuerungen kaufen.

Max Herbert Neuß

DV-Org.-Leiter, Richard Hirschmann, Radiotechnisches Werk, Esslingen

Ich führe die erhöhten DV-Kosten darauf zurück, daß man mit mehr und mehr leistungsfähiger Software auch die Möglichkeiten einer EDV besser ausnutzen kann. Zum anderen ist durch die Eigenständigkeit der Fachabteilungen die DV-Nutzungsvielfalt größer geworden. Damit meine ich zum Beispiel Datei-Auswertprogramme beziehungsweise Berichtsgeneratoren oder Match-Code-Techniken.

Als drittes ist natürlich auch darauf zu verweisen, daß die Unternehmen zum großen Teil gezwungen sind, die DV als Hilfsmittel zur Rationalisierung einzusetzen, und deshalb verstärkt die Geschäftsleitung ihre Anforderungen an die DV-Abteilung. Dies geht natürlich nicht ohne Kosten.

Die PCs führen zweifellos auch zu einem Kostenanstieg, wenn ich sie direkt in das Budget der zentralen DV mit einrechne. Eine weitere Gefahr besteht darin, daß manche einen Exoten-PC mit bunten Programmen besitzen und ihn nicht so nutzen, wie es eigentlich der Fall sein sollte. Deshalb wäre es nach meiner Auffassung richtiger, daß auch eine Richtlinienkompetenz der Org./DV für PCs gilt.

Der Kostenaufwand für das DV-Personal ist ebenfalls ganz beträchtlich. Hier kann nur versucht werden, mit zwei Maßnahmen gegenzusteuern. Die eine ist, daß man die Entwicklung von zum Beispiel einfachen Programmen, Auswertprogrammen über Listgeneratoren, durch die Fachabteilungen durchführen läßt, denn schließlich sind es die Daten der Fachabteilung selbst, die ausgewertet werden.

Zum anderen müssen die EDV-Spezialisten die Softwaretools besser nutzen. Letztendlich dämpft der Einsatz von Standardprogrammen den zusätzlichen Bedarf an DV-Mitarbeitern, da er wohl nicht reduziert werden kann. Trotz dieser gezielten Gegenmaßnahmen, mit denen versucht wird, den Kostenanstieg einzudämmen, sind die Ausgaben im Durchschnitt in den vergangenen zwei bis drei Jahren um 10 bis 15 Prozent pro Jahr angestiegen.