AD/Vice erwies sich als Flop

Software-Joint-venture von IBM und GMO in aller Stille beerdigt

26.02.1993

Angetreten war das Unternehmen im Mai 1991 mit dem Ziel, grosse Anwenderunternehmen bei der Umsetzung des IBM-Konzepts AD/Cycle zu unterstuetzen. Ihre optimistischen Umsatzprognosen mussten GMO und IBM schon bald revidieren: Sollten urspruenglich 35 Mitarbeiter eingestellt werden, so zaehlte die Belegschaft schliesslich doch nur 17 Koepfe und nahm im Laufe eines Jahres noch einmal um ein Drittel ab.

Die mit dem IBM-Mann Reinhard Behrendt und GMO-Mitarbeiter Gernot Schultz-Berndt paritaetisch besetzte Geschaeftsfuehrung hatte bereits im Mai 1992 aufgegeben. Ersetzt wurde sie durch ein reines GMO- Management unter Vorstandsmitglied Karl-Heinz Gaeding.

Wie der ehemalige Mitgeschaeftsfuehrer Dietrich Kracht erlaeutert, scheiterte AD/Vice vor allem aus zwei Gruenden: Zum einen sei es schwierig gewesen, Auftraege auf dem Gebiet der CASE-Beratung zu akquirieren, da die IBM diesen Markt zu spaet betreten habe. Ueberdies verlor das Beratungsunternehmen im Grunde genommen bereits seine Existenzgrundlage, als IBM sich im Juli vergangenen Jahres von AD/Cycle verabschiedete.

Zum anderen hielt sich das Engagement der deutschen IBM fuer ihre 49-Prozent-Tochter stets in Grenzen. Die Stuttgarter versorgten AD/Vice weder mit Personal noch mit Auftraegen (siehe auch CW Nr. 29 vom 19. Juli 1991, Seite 11: "AD/Vice: Das CASE-Know-how steuert vor allem die GMO bei"). Laut Kracht bestanden regelrechte "Beruehrungsaengste" zwischen den GMO-Mitarbeitern und den deutschen IBMern. Erste Fruechte habe die Zusammenarbeit im September 1992 getragen - in Gestalt zweier Projekte, von denen eines mittlerweile "auf Eis gelegt" wurde, waehrend das andere in die Verantwortung der IBM ueberging.

Damals hatte AD/Vice jedoch, so Kracht, bereits derartig hohe Verluste zu verzeichnen, dass keines der beteiligten Unternehmen mehr eine muede Mark in das kraenkelnde Beratungshaus investieren wollte. Deshalb wurde Ende des vergangenen Jahres ein Schlussstrich gezogen. Die verbliebenen Mitarbeiter kehrten "bis auf einen oder zwei" (Kracht) in die GMO zurueck, waehrend der ehemalige Geschaeftsfuehrer Schultz-Berndt die Aktiengesellschft verliess.

Wie viele Auftraege die AD/Vice GmbH in den anderthalb Jahre ihres Bestehens an Land ziehen konnte, wollte Kracht nicht verraten. Allerdings machte er kein Hehl daraus, dass die Ausbeute viel zu gering war. Bei Beratungsprojekten handle es sich immer nur um kurzfristige Auftraege, weshalb AD/Vice eine "Vielzahl von kleinen Auftraegen" haette akquirieren muessen, um ueberhaupt Marktchancen zu haben. Die Hoffnung, IBM als Zugpferd einspannen zu koennen, blieb unerfuellt.