Fertigungssteuerung mit Standard-Paketen:

Software-Inhalt oft ein Rätsel

16.01.1976

DORTMUND - "Der Inhalt der Software-Pakete für Fertigungsplanung und -steuerung ist -oftmals selbst den Herstellern ein Rätsel", erklärte Refa-Ingenieur Peter Tacke von der International Computer-GmbH, Düsseldorf (ILL), bei der Deutschen Fachtagung des Arbeitskreises Industrial Engineering in Dortmund. Er verwies darauf, daß allein von IBM sechs und von Univac sowie Siemens jeweils sieben Software-Pakete für Fertigungssteuerung angeboten wurden, deren genauen Inhalt und beste Anwendungsmöglichkeiten nur ganz wenige Spezialisten der Hersteller kennen.

Die zwangsläufig entstehende Kluft zwischen dem Wissen der Programmautoren einerseits und den Kenntnissen der Vertriebsbeauftragten andererseits wird allerdings nach Meinung von Tacke wegen der rasanten Entwicklung bei Hard- und Software mehr zu- als abnehmen. Tacke vertrat die Ansicht, daß die so oft beschworene "Mündigkeit" des EDV-Anwenders sich im wesentlichen auf die Hardware beziehe - die eigentlichen Probleme bringe jedoch die Software, insbesondere die industrielle Anwendungssoftware. Bei 85 Prozent der von ihm selbst durchgeführten EDV-Umstellungen sei die Hauptschwierigkeit "der Übergang einer vom Hersteller programmierten Anwendungslösung zu der endgültigen: spezifischen Problemlösung" gewesen.

Prozedur-Generator ist entscheidend

Zum Einsatz von Standard-Programmen für die Fertigungssteuerung kann nach Ansicht von Tacke nur bedingt geraten werden. Da der Änderungsaufwand für die Anpassung an die individuellen Verhältnisse oftmals den Kosten für die Erstellung eines neuen Systems gleichkomme, sollten Standard-Programme nur da eingesetzt werden, wo die organisatorische Gegebenheit des Unternehmens mit den ablauftechnischen Gegebenheiten des Programmpaketes mehr oder weniger zufällig übereinstimmt. Tacke trat für die Anwendung von Modularprogrammen bei der Fertigungssteuerung ein - jedoch nur, wenn es sich um echte Modularprogramme handle. Als entscheidendes Kriterium bezeichnet es Tacke, ob ein Prozedur-Generator vorhanden sei, mit dessen Hilfe die einzelnen kleinen Bausteine nach Wünschen des Anwenders zusammengesetzt werden können.

Maßschneider zu teuer

"Maßgeschneiderte" Eigenentwicklungen für die Fertigungsplanung und -steuerung sind nach Ansicht von Tacke so teuer, daß sie sich selten lohnen - vor allem, wenn man noch die späteren Kosten der Wartung und Pflege berücksichtigt. Beispielsweise könne man für die Erstellung eines Stücklistenprozessers mindestens zehn Mannjahre ansetzen und für die spätere laufende Pflege eines solchen Systems nochmals zwei Mann pro Jahr. Selbst wenn es einigen Organisationsaufwand erfordere, seien deswegen zugekaufte oder angemietete Modular-Programme vorzuziehen. -py