Grundfunktionen als Lockmittel

Software for free: Oracle attackiert Siebel Systems

01.09.2000
MÜNCHEN (IDG) - Oracle hat den Web-Service "Oraclesalesonline.com" gestartet, über den Anwender Grundfunktionen des CustomerRelationship-Managements (CRM) kostenlos nutzen können. Ob der Dienst jedoch dem Erzrivalen Siebel die Geschäftsgrundlage entziehen kann, erscheint fraglich.

Nach rund drei Monaten gelungener Geheimhaltung und Testläufen mit Anwendern wie dem Automobil-Marktplatz Covisint, Compaq sowie Barclays Bank war es am vergangenen Montag so weit: Der auf Oracles Datenbank 8i basierende CRM-Service Oraclesalesonline.com wurde freigeschaltet. Das Gratisangebot des Herstellers ist für Unternehmen mit regional weit gestreutem Außendienst zwischen 50 und 500 Mitarbeitern vorgesehen. Deren Vertriebskontakte und Zeitpläne lassen sich nach der Registrierung auf der Website und der Eingabe von Basisdaten schon nach wenigen Minuten online verwalten. Client-seitig benötigt man lediglich einen Browser für den Zugriff auf das System, das von Oracle zentral betrieben wird. Bis Dezember sollen die Basisdienste um weitere Komponenten etwa für Kampagnen-Management und Budgetplanung ergänzt werden, für die dann aber eine Nutzungsgebühr bezahlt werden muss.

Umsätze verspricht sich Oracle über dieses Angebot auf zweierlei Art: Einerseits besteht die Hoffnung, dass die Kunden neugierig auf andere E-Business-Komponenten des Herstellers werden, zum anderen sollen die gebührenpflichtigen Funktionen Geld in die Kasse spülen. Ganz nebenbei merkt Oracles CRM-Manager Mark Barrenechea an, mit diesem Angebot Siebel kräftig auf die Füße treten zu wollen. Der CRM-Rivale könne hier nicht nachziehen, da er sonst sein Kerngeschäft gefährde.

Barrenechea rudert damit voll im Fahrwasser seines obersten Chefs Larry Ellison. Analysten wie Michael Maoz von der Gartner Group beurteilen die Wirkung des kostenlosen CRM-Services als Lockmittel jedoch eher skeptisch. Die gratis angebotenen Funktionen würden vielen Anwendern nicht ausreichen. Außerdem sei es nicht das erste Mal, dass Anbieter einschließlich Oracle über derartige Aktionen an Neukunden kommen wollen - ohne Aufsehen erregenden Erfolg.

Bei Peoplesoft, einem von Oracles Konkurrenten im Markt für betriebswirtschaftliche Standardsoftware, ist in einer ersten Stellungnahme von einer reinen Marketing-Aktion Oracles die Rede. Anwender würden damit in die Irre geführt, meint Gita Gupta, die bei Peoplesoft das CRM-Produkt-Marketing leitet. Gleichzeitig räumt die Managerin jedoch ein, dass ihr Unternehmen selbst innerhalb der nächsten zehn Wochen CRM-Services online stellen will - allerdings mit einer klaren Preisstruktur. Auch Gupta geht davon aus, dass die Oracle-Attacke in erster Linie Siebel gilt: "Oracle versucht Siebel die Grundlage zu entziehen, indem es das Kerngeschäft des CRM-Marktführers zum Commodity-Markt umfunktioniert."