Software Factory GmbH: Programme am laufenden Band

03.04.2002
Von Helga Ballauf
Sie sind die verlängerte Werkbank der Industrie im Informationszeitalter: Ingenieurbüros wie Software Factory, die elektronische Lösungen für komplette Produktions- und Vertriebsvorgänge entwickeln.

Eine verkehrsreiche Ringstraße mit Autobahnanschluss, an der Auslieferungslager, Produktionsstätten und Verwaltungskomplexe liegen - das ist die richtige Umgebung für eine Fabrik, die Software Factory. Ansonsten aber fehlen der Firma im Münchner Norden alle typischen Attribute eines Industriewerks: Hier findet die Serienfertigung von Gütern nicht am Band, sondern im Kopf und am Rechner statt.

 Geschäftsführer Thomas Trägler hat die Softwareschmiede vor zehn Jahren gemeinsam mit Uni-Kollegen gegründet.

Mattias Höfel und Oliver Heinrich(rechts). Quelle: Birgit Prestel
Mattias Höfel und Oliver Heinrich(rechts). Quelle: Birgit Prestel

Die damaligen Mitarbeiter des Instituts für Werkzeugmaschinen der TU München machten sich zu einer Zeit selbständig, als die Maschinenbaubranche in der Krise steckte. Die prozessorientierte Herangehensweise an industrielle Softwareprojekte, die Kombination der Gebiete CAD, Datenbanken und Fabrikkommunikation, zeigte dennoch bald Erfolg. Heute bieten 26 Mitarbeiter den Kunden Komplettlösungen an: von Beratung, Konzepterstellung und Realisierung bis hin zu Service, Wartung und Schulung.

"Es geht um den effizienten Umgang der Unternehmen mit Information. Wir erschließen die Potenziale, die es erlauben, den Informationsfluss im gesamten Herstellungsprozess zu rationalisieren und zu verbessern", beschreibt Elektrotechniker Trägler den Ansatz. Das Spektrum der Auftraggeber reicht von ABB bis zur Zahnradfabrik Friedrichshafen und umfasst vor allem Maschinen- und Autobauer samt Zulieferer. In der Software Factory arbeiten Ingenieure verschiedener Fachrichtungen. Bisher gehört aber kein einziger Informatiker zum Team, denn Trägler hat so seine Erfahrungen: "Es ist leichter, Mathematikern, Physikern oder E-Technikern das IT-Wissen zu vermitteln, das zur Entwicklung technischer Software nötig ist, als Informatikern ganz spezielle Fachkenntnisse."

Entwicklung ist Teamsache

Beispiel Chipkarten-Herstellung mit Lasertechnik: Wer dem Kunden eine brauchbare Software liefern will, muss etwas über die Ablaufsteuerung der eingesetzten Maschinen verstehen, muss wissen, wie der Laser funktioniert, und einordnen können, an welcher Stelle des Gesamtsystems die zu entwickelnde Steuerungssoftware sitzen wird. Überblicks- und Transferwissen sowie Eigeninitiative sind entscheidend, glaubt Matthias Höfel, der seit zwei Jahren bei Software Factory arbeitet. Nach einer Kfz-Lehre studierte er Maschinenbau an der Fachhochschule in Nürnberg. Höfel eignete sich dort IT-Wissen an und setzte es in der Diplomarbeit um: Der 30-jährige Ingenieur entwickelte ein Simulationsprogramm, mit dem sich Fahrtzeiten von Eisenbahnen berechnen lassen.

Softwareentwicklung ist bei den Münchnern Teamsache. So wächst Höfel in alle Phasen von der Spezifikation über den Entwurf bis zum Test eines Programms hinein. "Wir leben vom internen Wissenstransfer", sagt Geschäftsführer Trägler. Externe Schulungen seien nur bei der Aneignung von Basiswissen hilfreich. Als die Firma vor ein paar Jahren einen Softwareauftrag zur Steuerung einer Montagelinie für die gasgetriebenen Generatoren in Airbag-Systemen erhielt, machte die gesamte Crew einen Java-Kurs - damit beherrschten die Mitarbeiter das Werkzeug, mit dessen Hilfe die ingenieurtechnische Aufgabe zu lösen war. Eine besondere Herausforderung ist die richtige Zeit- und Kostenkalkulation für Software-Prototypen: "Erst im Projektverlauf zeigt sich, was wirklich machbar ist und wo ein Auftrag Tücken hat", beschreibt der Geschäftsführer die betriebswirtschaftlichen Risiken.

 Nachbessern auf Kosten des Auftraggebers geht nicht: "Uns werden nur voll funktionsfähige Systeme abgenommen." Für große Firmen sei es oft preiswerter, die Entwicklung bestimmter Softwareprojekte an freie Ingenieurbüros auszulagern als den Aufwand für zu erwartende Umwege und Sackgassen selbst zu finanzieren. Ihre Grenze findet diese Politik klassischer Herstellerfirmen dort, wo es um das Herzstück der jeweiligen Maschinensteuerung geht: Das ist wohlgehütetes Geschäftsgeheimnis.

Maschinenbauingenieur Höfel weiß, dass er sein Wissen in puncto Projekt-Management sowie Zeit- und Kostenrechnung noch vertiefen muss. "Das ist reine Erfahrungssache. Ich glaube, dass man all das nur in der Praxis lernen kann." Der Chef sieht das ähnlich: "Das Team als Ganzes hat das gesamte, für ein Projekt notwendige Know-how. Im gegenseitigen Austausch lernt man dazu." In einer Branche, in der Faktenwissen spätestens nach drei Jahren veraltet ist, komme es auf solide Grundlagen und die Fähigkeit an, Kenntnisse und Erfahrungen zu übertragen. Zwar mache der Maschinenbau einen schwerfälligen Eindruck, so Trägler, jedoch sei das Innovationstempo in diesem Wirtschaftssektor sehr hoch.

Der scheinbare Widerspruch erkläre sich damit, dass neue technologische Entwicklungen erst eine Gerätegeneration später im großen Maßstab einsatzfähig seien. Dies bewahre die Firmen manchmal auch davor, zu schnell aufs falsche Pferd zu setzen. Die richtigen Mitarbeiter zu finden ist für die Software Factory nicht leicht. Es verlassen einfach zu wenige Absolventen der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächer die Hochschulen. "Wir nehmen Praktikanten, Werkstudenten und Diplomanden und versuchen so, die Leute schon früh an die Firma zu binden", beschreibt der Geschäftsführer. Die Fluktuation sei gering. Wer in der Vergangenheit gekündigt habe, hatte einen Karrieresprung im Ausland oder in einer großen Firma in Aussicht.

Erfahrungen übertragen

Matthias Höfel ist froh, dass er sich bei seiner ersten Stelle für ein kleines Unternehmen entschied: "Die Arbeit macht Spaß, weil sie abwechslungreich und technisch anspruchvoll ist." Außerdem sei es ein Pluspunkt, dass bei der Münchner Firma im Jahresschnitt nicht mehr als 38 bis 40 Wochenstunden anfallen. Höfel hat zwar nichts dagegen, in der Hochphase eines Projekts länger zu arbeiten. Er mag aber nicht, wie in vielen Firmen üblich, "verheizt werden, nur weil die Projekte schlecht organisiert sind". Das Lob hört der Geschäftsführer gern. Selbstkritisch gibt er zu, dass "wir das in unserer Anfangzeit auch nicht richtig im Griff hatten".

Software Factory GmbH

Joseph-Dollinger-Bogen 14, 80807 München Tel: 089/ 3235010, www.sf.com
Ansprechpartner für Bewerber: Thomas Trägler, 089/3235010 jobs@sf.com

Mitarbeiter: 26

Gesuchte Fachrichtungen: Naturwissenschaftler und Ingenieure verschiedener Studienrichtungen wie Maschinenbau. Elektrotechnik, Physik, Mathematik, Mechatronik - geforderte IT-Qualifikationen: je nach Aufgabe fundierte C oder C++ Kenntnisse, in Java, Unix, Datenbanken, Netzwerk, Systemmanagement.