United Airlines verkaufte ungewollt Schnäppchen-Tickets im Web

Software-Bug macht Kunden glücklich

02.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Nach einigem Hin und Her steht United Airlines Inc. jetzt zu den 142 Spottpreis-Flugscheinen, die am 31. Januar dieses Jahres versehentlich über die unternehmenseigene Webpage (www.ual.com) verkauft wurden. Zunächst hatte die Fluglinie die durch einen Softwarefehler verursachten Dumping-Tarife für ungültig erklärt.

Von Los Angeles nach Paris und zurück für 25 Dollar? Angebote wie dieses konnten Web-Surfer während einer knappen Stunde über die United-Page ergattern. Wie einer der Glücklichen dem US-Börsenblatt "Wall Street Journal" berichtete, hat er unmittelbar nach der elektronischen Buchung eine E-Mail-Bestätigung mit dem Winzigpreis erhalten. Dummerweise seien aber einige Tage später 573 Dollar von seinem Kreditkartenkonto abgebucht worden.

United führt die unbeabsichtigten Dumping-Preise auf einen Bug im Web-Server-Programm zurück. Aus diesem Grund weigerte sich der Carrier zunächst, die Beförderungsverträge einzuhalten. Er berief sich auf den gesunden Menschenverstand, der den Kunden hätte klarmachen müssen, dass es sich nur um einen Irrtum handeln konnte.

Doch damit wollten sich die erfolgreichen Schnäppchenjäger nicht abspeisen lassen. Vertrag sei Vertrag, und United habe die Inhalte und Funktionsweise seiner Web-Page selbst zu verantworten, so die Argumentation.

Daraufhin beschloss die Fluglinie, ihre Reputation und die Zufriedenheit ihrer Kunden höher einzustufen als den entgangenen Profit: Vom legalen Standpunkt aus sei eine Stornierung der Billig-Tickets einwandfrei, ließ sie die Öffentlichkeit wissen; sie werde aber ihre Verträge erfüllen, falls die Kunden auf deren Rechtsverbindlichkeit pochten.

Bei einem angenommenen "reellen" Preis von 700 Dollar pro Ticket beläuft sich der Finanzausfall für United auf knapp 100000 Dollar. Nach Ansicht von Frank Hayes, Chefkolumnist der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" ist dieser Preis nicht zu hoch - verglichen mit dem Schaden, den das Image des Luftbeförderungsunternehmens anderenfalls genommen hätte.

Hayes verweist auf einen Parallelfall, bei dem das betreffende Unternehmen seinen Ruf möglicherweise nachhaltig geschädigt habe: Das auf Büroausstattungen spezialisierte Handelsunternehmen Staples Inc. hatte auf seiner Webpage (www.staples.com) Aktenmappen, die normalerweise etwa 40 Dollar kosten, für einen Penny offeriert. Auch dieser Preissturz ließ sich auf einen Softwarefehler zurückführen. Als das Unternehmen den Irrtum bemerkte, setzte es die etwa 50 kaufbereiten Kunden per E-Mail davon in Kenntnis, dass ihre Bestellungen annulliert worden seien.

Der "Computerworld"-Kolumnist erteilt den E-Commerce-Treibenden zwei Ratschläge: Durch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen sollten sie zunächst einmal versuchen, irrtümliche Preisauszeichnungen im Web zu verhindern. Darüber hinaus seien jedoch Spielregeln für den Fall des Falles zu definieren. Irgendjemand müsse entscheiden, was schwerer wiege: der finanzielle Schaden, wenn ein aberwitzig billiges Angebot erfüllt, oder der Vertrauensverlust, wenn es widerrufen wird. Dies kann nicht die Aufgabe der IT sein, so Hayes, sondern einzig die des Topmanagements.