Andreas Resch

"Software als Produkt ist extrem unreif"

16.07.2007

"Die Softwareindustrie ist eigentümlich"

RESCH: Selbstverständlich. Wer nicht erkennt, dass er im Umgang mit großen Lieferanten im Grunde Abhängigkeit verwaltet, schätzt seine Situation nicht richtig ein. Die Softwareindustrie ist eine sehr eigentümliche Branche. Sie ist auf der einen Seite geprägt von einer extrem niedrigen Eintrittsbarriere, auf der anderen Seite erleben wir sehr starke Monopolisierungstendenzen, die mit der Luftfahrt- oder Rüstungsindustrie zu vergleichen sind. Zwischen was können sie als mittelgroße oder große Firma denn noch im ERP-Bereich auswählen – oder im Groupware-Bereich? Um da etwas anderes als Exchange oder Notes zu wählen, müssen Sie eine recht hohe Risikobereitschaft mitbringen. Dort also, wo sich Unternehmen für Software entscheiden müssen, ist die Situation oft monopolartig geprägt. Wer als Anwender glaubt, in einem Käufermarkt auftreten zu können, ist naiv. Im Grunde managen wir Abhängigkeiten.

CW: Wären die Produkte besser, wenn es ein Käufermarkt wäre?

RESCH: Das glaube ich nicht. Man kann zu Microsoft stehen wie man will, aber dass diese monopolartigen Strukturen den Herstellern erlauben, Industriestandards zu setzen, hat durchaus auch etwas Positives. Diese Standards erlauben ja nun auch die weitere Modularität, Austauschbarkeit von Komponenten und Services, die mit Konzepten wie SOA angestrebt werden. Und ich bin überzeugt, dass sich auch die Softwareindustrie in diese Richtung entwickelt. Eine stärkere Fraktionierung der Herstellerszene würde es nicht unbedingt leichter machen, sich auf Schnittstellen und Standards zu einigen.

CW: Aber die Qualität der einzelnen Produkte, wäre die bei größerer Konkurrenz besser?

RESCH: Ich bin da sehr unsicher. Der Ankündigungsaktionismus ist immer dann am größten, wenn starker Wettbewerb herrscht. Mit der Folge, dass die Unternehmen die Produkte zu einem früheren Termin herausbringen wollen. Das hebt nicht unbedingt die Qualität. Zum Glück scheinen sich einige Firmen wieder auf Quality First zu besinnen. Sie ziehen dieses langfristige Prinzip den Quick-and-dirty-Lösungen vor, die für die Verkäufer natürlich einen erheblichen Vorteil haben: Installierte Software bindet Know-how und Ressourcen des Anwenders ungleich stärker, als ihn die Lizenzkosten belasten. Das hat zur Folge, dass ein Anwender selten umsteigt, selbst wenn er in fehlerhafte Software investiert hat. Die Kosten sind einfach zu hoch. Die sekundäre Abhängigkeit beim Softwarekauf ist sehr viel höher zu bewerten als der anfängliche Kaufpreis, den wir an diese Firmen zahlen. Obwohl die Umsatzrenditen unanständig hoch sind, würden sie von den Kosten eines Wechsels um ein Vielfaches übertroffen. Das ist natürlich eine prekäre Situation. Da ist es für einen IT-Manager allemal besser, sich dieser Abhängigkeit bewusst zu sein, als sie zu negieren.

CW: Was sollten denn die Anbieter dringend verändern, um die Anwender besser zu unterstützen?