Entire-Produktline um PC-Komponenten erweitert

Software AG: Windows wird strategische Desktop-Plattform

13.12.1991

BOSTON (hv) - Die Darmstädter Software AG (SAG) hat ihre Workstation-Strategie präsentiert: Über den PC und eine Windows-3.0-Oberfläche soll der Anwender Zugriff auf die gesamte unternehmensweite Informationsverarbeitung erhalten.

Die Workstation löst das dumme Terminal ab und dient als "Fenster zum Netzwerk". Die Entscheidung für die Windows-Benutzeroberfläche von Microsoft als strategische Desktop-Plattform ist dein Unternehmen nicht schwergefallen. Man habe sich am "Industriestandard" orientiert, erläutert Vorstandsmitglied Peter Pagè. Der Markt habe längst eine Entscheidung gefällt: Über OS/2 werde zwar viel geredet, aber gegenwärtig sei Version 2.0 nicht verfügbar.

Deshalb portieren die Darmstädter ihre 4GL-Entwicklungsumgebung Natural - Kernbestandteil der neu angekündigten "Entire Client Workstation Technology" (EWS) - sowie eine Reihe neuer Produkte aus dein Datenbank-, Anwendungsentwicklungs- und Netzwerkbereich auf MS-DOS-PCs mit Windows-Oberfläche. EWS ist Bestandteil der im Oktober letzten Jahres angekündigten Entire-Function-Server-Produktfamilie, mit der die SAG Produkte für eine verteilte unternehmensweite Informationsverarbeitung anbietet.

Ziel von SAG ist, Entwicklung und Ablauf von Anwendungen in einem heterogenen Netzwerk zu ermöglichen. Dabei geht es darum, Anwendern die Möglichkeit eines "Down- oder Rightsizing" bestehender Mainframe-Anwendungen in eine kostengünstigere Client-Server-Umgebung zu geben.

Eine Schlüsselrolle im Konzept der Hessen spielt Natural. Die 4GL soll eine Art "Agentenfunktion" einnehmen und Anwender in die Lage versetzen, Programme sowohl unter Windows als auch auf anderen Systemen zu entwickeln, die in das heterogene Netz integriert sind.

Als Plattformen, auf denen diese Programme laufen, werden unter anderem Mainframes von IBM oder Siemens-Nixdorf, DEC/VAX-Systeme sowie Unix- und OS/2-Rechner unterstützt. Über MS-DOS und Windows als Client-Betriebssystem-Umgebung sowie später auch über Unix und OS/2 soll ein transparenter Zugriff auf die im Netz abgelegten Informationen möglich werden.

Die Kommunikation zwischen Client und Server soll der "Entire Open Function Server" regeln. Die Software setzt sich aus den Produkten "Open Communication Network" - und "Open Service Broker" zusammen und stellt laut Hersteller die für eine Client-Server-Infrastruktur erforderlichen Kommunikations- und Protokollfunktionen zur Verfügung.

Der Open Service Broker verbindet als Kernbestandteil des Open Function Servers die verschiedenen Client- und Serever-Prozesse miteinander. Mit Open Communication Network wird eine Kommunikationsschicht eingeführt, die unabhängig von den zugrundeliegenden Kommunikationsprotokollen ist. Die zur "Net-Work"-Produktfamilie gehörende Kommunikationssoftware unterstützt unter anderem die Protokolle SNA, OSI, TCP/IP, DECnet sowie eine Vielzahl von LAN-Protokollen.

Um Anwendern die Möglichkeit zu geben, PCs als Arbeitsstationen in das unternehmensweite Netzwerk einzufügen, wird die Software AG im Laufe des nächsten Jahres neben Natural auch eine Reihe weiterer Windows-basierter Produkte für den Endbenutzer herausbringen. Mit Hilfe der "Office Workstation" sollen Anwender eine einheitliche Benutzerschnittstelle erhalten, die sie dann je nach Bedarf gestalten können. Die Benutzer sind dann in der Lage, die von ihnen gewünschten Komponenten, ob Textverarbeitung, Spreadsheet oder andere Anwendungen, die sie auf Workstation- oder Server-Ebene benötigen, nach persönlichen Anforderungen einzubinden.

In Ausscht gestellt wurden außerdem Produkte, mit denen Unternehmensdaten extrahiert und - zur Einsicht oder zur weiteren Verarbeitung - in grafischer Darstellung auf die Workstation gebracht werden können. Multimedia-Anwendungen sollen ebenso unterstützt werden wie ein geographisches Retrieval- und Manipulationssystem, mit dem der Anwender seine Geschäftsabläufe mit Hilfe von Landkarten und Plänen besser organisieren kann. Diese Software steht gegenwärtig bereits unter OS/2 zur Verfügung.

Über den Dynamic Data Exchange (DDE) soll die Integration vorhandener Software-Altbestände mit modernen Windows-Applikationen möglich werden. Als Beispiel nannte Vorstandsmitglied Pagé den Zugriff vom Windows-Spreadsheet Excel auf eine IMS-Datenbank.

Strategisches Datenbanksystem im Konzept der Software AG bleibt im Bereich der Groß-DV Adabas, das bis Anfang 1992 mit einer SQL-Schnittstelle, dem "Entire SQL-Server", ausgestattet wird. Als relationales Pendant für den PC- und Workstation-Bereich wird künftig zusätzlich die "Entire SQL-DB" vertrieben.

Dahinter verbirgt sich die relationale Datenbank DDB/4 von Siemens-Nixdorf, die künftig die Software AG weiterentwickeln und vermerkten wird. (Siehe auch CW Nr. 44 vom 1. November 1991, Seite 1) +