Firmenfusion

Software AG und IDS Scheer suchen gemeinsamen Geist

01.04.2010
Von 
Peter Ilg ist freier Journalist in Aalen.

Software AG und IDS Scheer

Anfang Februar verkündete die Software AG, Darmstadt, einen Rekordumsatz für das Geschäftsjahr 2009: 847 Millionen Euro, das sind 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Unternehmen hat weltweit rund 3700 Mitarbeiter. Bei IDS Scheer, Saarbrücken, sind es 2700 Beschäftigte, der Umsatz lag 2008 bei rund 400 Millionen Euro. Durch die Akquisition von IDS Scheer will die Software AG ihr Beratungsgeschäft stärken. Der Consulting-Anteil macht derzeit rund ein Drittel des Gesamtumsatzes aus. Ziel der Übernahme ist es, die Marktführerschaft für "Business Process Excellence" weiter auszubauen und stärker wachsen zu können.

Die Beschäftigten müssen mitziehen

Reinhard Jung, Universität St. Gallen:'Es lässt sich nicht alles planen.'
Reinhard Jung, Universität St. Gallen:'Es lässt sich nicht alles planen.'

Eine Firmenübernahme glückt nur dann wie geplant, wenn sie als ein ganzheitlicher und abzustimmender Prozess verstanden wird, sagt Reinhard Jung, Direktor des Programms für Executive Master of Business Engineering an der Universität St. Gallen in der Schweiz. Die Hauptrolle spielten die Mitarbeiter.

CW: Mehrere Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen 60 und 70 Prozent aller Firmenübernahmen scheitern. Halten Sie diese Werte für realistisch?

JUNG: Die Untersuchungen sind uns natürlich bekannt, und der Wert deckt sich mit unseren Recherchen. Allerdings ist genau zu hinterfragen, was unter "Scheitern", verstanden wird.

CW: Einigen wir uns darauf: Sie laufen nicht wie geplant?

JUNG: Ja.

CW: Warum scheitern Firmenübernahmen, obwohl die Gründe bekannt sind: Unternehmenskulturen und Menschen, aber auch IT-Systeme und Organisationsstrukturen passen nicht zusammen?

JUNG: Meines Erachtens liegt es daran, dass kein Business Engineering stattfindet, also kein geplanter Transformationsprozess, bei dem die genannten Gestaltungsbereiche sowie die Geschäftsstrategie in einer abgestimmten Form verändert werden.

CW: Für wie wichtig halten Sie dabei Menschen und Kultur, und was bereitet hier die größten Probleme?

JUNG: Die Mitarbeiter und die Unternehmenskulturen in den zusammenzuführenden Unternehmen spielen eine entscheidende, Rolle. Letztlich ist es ja das Ziel bei Übernahmen, ein erfolgreiches Unternehmen mit einem gemeinsamen Verständnis von Werten und kulturellen Leitlinien zu schaffen. Das klappt nur, wenn die Mitarbeitenden die Gründe für den Transformationsprozess verstehen und mittragen.

CW: Lässt sich so eine Übernahme bis ins letzte Detail planen, oder sind Menschen dafür zu unberechenbar?

JUNG: Selbstverständlich lässt sich nicht alles planen, insbesondere nicht die Reaktion von Menschen. Das darf aber nicht bedeuten, dass die logischerweise entstehenden Fragen, Bedürfnisse, aber auch die Ängste unberücksichtigt bleiben und der Ausgang dem Zufall überlassen wird. Meines Erachtens werden Mitarbeitende unterschätzt, wenn ihnen die Wahrheit und die Fakten über eine bevorstehende Übernahme oder Fusion aus Sorge über eine ablehnende Reaktion spät oder gar nicht mitgeteilt werden.

CW: Wie passen nun die Software AG und IDS Scheer zusammen?

JUNG: Meines Erachtens sehr gut. Es gibt wenige Überlappungen bei Produkten und Services.

CW: Und im Hinblick auf die unterschiedlichen Kulturen und Menschen?

JUNG: Das kann ein außen stehender Betrachter nicht ausreichend beurteilen. Das Zusammenwachsen sollte aber auf jeden Fall professionell unterstützt werden, so dass alle Elemente - fachliche und kulturelle - des Transformationsprozesses ausbalanciert werden.