Achte internationale SAG-Benutzerkonferenz in Houston:

Software AG tunt Adabas-Datenbanken

27.06.1980

HOUSTON - Natural, Erweiterungen von Adabas und Com-plete, ferner ein DDP/DDB-Konzept und ein spezialisierter Mikrocomputer standen im Mittelpunkt der achten internationalen Software AG (SAG)-Users-Conference, die vom 9. bis 13. Juni in Houston/Texas stattfand. Die rund 600 fast ausschließlich amerikanischen Teilnehmer konnten sich außerdem über die Reaktion der Software AG (Hauptsitz Darmstadt) auf den Katalog der Benutzerforderungen informieren und im Rahmenprogramm der Konferenz Zerstreuung suchen.

Das größte Kontingent der Teilnehmer stellten die SAG-Kunden, doch waren auch potentielle Kunden mit von der Partie, so etwa der Berliner Axel Springer-Verlag. Aus den USA selbst, ließen Mitglieder der amerikanischen SAG-Usergroup verlauten, seien nicht ganz so viele Anwender nach Houston gekommen wie ursprünglich erwartet - "because of the recession".

Die Konferenzteilnehmer bekundeten lebhaftes Interesse beispielsweise an "Natural", einem neuen, heuristisch orientierten Software-Package für "Instant Online Applications" (so definiert es Peter Page, Natural-Urheber und SAG, Vize, um damit die sofortige "Löslichkeit" von Anwendungsproblemen hervorzuheben).

Natural, nach SAG-Angaben binnen sieben Monaten 120mal installiert, enthält in einem einheitlichen Online-System die Funktionen eines Compilers, Maskengenerators, Reportgenerators, Editors und Testsystems. Anwender berichten, daß mit Natural die Erstellung von Online- und Batch-Anwendungssystemen rund 20 Prozent des Arbeitsaufwandes im Vergleich etwa zu Cobol, TSO, CICS etc. ausmache.

Portabilität mit Natural

In Houston konnte für Natural bereits eine ziemliche Anzahl von Anwendungen vorgezeigt werden. Sie reichten von der Auftragsabwicklung bis zu einem Personalauskunftssystem. Software AG selbst benutzte für die Konferenz in Houston ein Online-Reservierungs- und Auskunftssystem, erstellt in Natural.

Die Darmstädter wollen in Zukunft wesentliche Teile neuer Software-Entwicklung in Natural durchführen, nicht zuletzt, um eine leichte Portabilität zu erreichen, teilte Pagé dazu weiter mit. Natural arbeitet zur Zeit transparent unter OS, DOS, BS1000, BS2000 mit den TP-Monitoren Complete, CICS, Taskmaster, Shadow, TSO, Assus, Cosmos. Natural-Anwendungsprogramme können, wie den Konferenzteilnehmern dargelegt wurde, ohne Veränderung von einer Umgebung in eine andere gebracht werden, wobei das Mapping-System es erlaubt, verschiedenartige Terminaltypen wie Bildschirme und druckende Geräte mit denselben Programmen zu betreiben.

Beschleunigtes Adabas

Für das Datenbankverwaltungssystem Adabas wurden auf der Houston-Konferenz Erfahrungen von Anwendern mit der neuesten Version 4.1 präsentiert. Neben verschiedenen neuen Funktionen wie Direktzugriff über eindeutige Schlüssel und Parallelverarbeitung von mehreren Befehlen, bietet Adabas Version 4. 1, wie zu hören war, etwa 30 Prozent Einsparung an CPU-Zeit und gegenüber dem Vorgängersystem etwa zwei- bis dreifachen Gesamtdurchsatz an Befehlen.

Der TP-Monitor Com-plete ist seit Houston um einen interaktiven Maskengenerator reicher, der es ermöglicht, Maskenbilder direkt auf dem Bildschirm zu entwerfen, zum Test so aufzurufen, wie sie später vom Anwendungsprogramm benutzt werden, die Datenfelder mit ihren Attributen zu definieren und Copy-Code für beliebige Sprachen wie Cobol, PL/I, Assembler zu erzeugen.

Der Copy-Code kann direkt mit dem Editor weiterbearbeitet, die fertige Maske online ohne Batch-Operation zur sofortigen Verwendung katalogisiert werden. Bestehende Masken lassen sich nachträglich mit einem Masken-Editor direkt auf dem Schirm beliebig verändern.

Als derzeit laufendes Entwicklungsprojekt präsentierte Software AG ein nach eigener Darstellung umfassendes Konzept für dezentralisierte Datenverarbeitung und verteilte Datenbanken. Dieses "Net-work"-Konzept schließt eine Organisation verteilter Datenbanken unter Berücksichtigung der Probleme redundanter Dateien, ferner den Transfer von Anwendungsprogrammen und -daten von einem Rechenknoten zu einem anderen und die Lösung der Verarbeitung von logischen Update-Transaktionen mit automatischem Restart in einer verteilten Datenbank ein. Interessant für jetzige Anwender von Adabas erscheint die Aussage der Software AG, daß es möglich sein soll, gegenwärtig existierende unabhängige Datenbanken ohne Veränderung der Daten oder der Anwenderprogramme fließend in ein Netzwerk verteilter Datenbanken einzugliedern.

Für die dezentralisierte Verarbeitung soll Net-work eine allgemeine benutzernahe Schnittstelle für den Austausch von Nachrichten in einem verteilten Rechnernetz bieten. Network wird sich - so die SAG-Ankündigung - für den Datentransfer auf bestehende Kommunikationsprozeduren abstützen, jedoch dem Anwender gegenüber eine einheitliche logische Schnittstelle bieten, die ihn von der jeweils eingesetzten physischen Kommunikationsprozedur unabhängig macht.

Ähnlich wie Adabas die Verwaltung von Daten über eine logische Schnittstelle erlaubt, soll Net-work eine gleichwertige Schnittstelle für den Datenaustausch bieten. Nachrichten in Net-work, heißt es, können ausgetauscht werden zwischen Batch-Anwendungsprogrammen und TP-Anwendungsprogrammen, Datenbanken, TP-Monitoren in allen Kombinationen. Das neue Konzept sieht außerdem vor, daß Rechner der Serien 370/ 4300 in einem Netzwerk ohne Systemprogrammierer beziehungsweise sogar ohne Operator betrieben werden können.

Auf der Houston-Konferenz führte SAG einen spezialisierten Mikrocomputer vor, mit dessen Hilfe es möglich ist, beliebige Programme und Daten zwischen Rechnern zu transferieren. Der Mikrocomputer enthält einen eigenen Full-Screen-Editor zur Aufbereitung von Daten und ist für beliebige Funktionen frei programmierbar. Gleichzeitig kann er an zwei Rechnern als Terminal in einem Com-plete-Netzwerk arbeiten und erlaubt damit eine Kommunikation zwischen diesen Rechnern. Für die Zukunft ließen SAG-Vertreter durchblicken, einen Mikrocomputer anbieten zu wollen, der es zusätzlich erlaubt, beliebige Hardware-Konsolfunktionen über Telefonleitung auszuführen.

Den Abschluß der Konferenz bildete die Diskussion der Benutzerforderungen zur Verbesserung der existierenden Produkte. Die dazu eingereichten Vorschlagpapiere - sie liegen der SAG rund zwei Monate vor Konferenztermin vor - erhielten relativ häufig den Bescheid "bereits verfügbar" oder "geplant für nächste Version". Anders erging es den Anregungen, die einer der Anwender mündlich in Houston vortrug: Ohne auf ihren Inhalt einzugehen und reichlich lakonisch verwies SAG-Chef Peter Schnell sie auf den einzuhaltenden Instanzenweg. Minuten später zum Konferenz-Kehraus, überreichte eine User-Vertreterin dem Vorsitzenden - als Präsent (!) - eine Portion Asche (vom St. Helen's-Vulkan).