Schlechte Zahlen führen zu weiterem Stellenabbau

Software AG: Mit XML-Lösungen aus der Krise?

14.03.2003
FRANKFURT/M. (hv) - Enttäuschende Geschäftszahlen präsentierte der Vorstand der Software AG (SAG) für das Geschäftsjahr 2002. Insbesondere die XML-Technik "Tamino" hat die Erwartungen der Darmstädter nicht erfüllt. Mit einem neuen lösungsorientierten Ansatz soll sich das Blatt wenden.

Um 19 Prozent brach der Umsatz der SAG im vergangenen Jahr ein. Nach 588,5 Millionen Euro im Vorjahr meldete das Unternehmen nur noch einen Erlös von 474 Millionen Dollar. Besonders heftig fiel das Minus bei den Lizenzeinnahmen aus: Lediglich 113 Millionen Euro flossen aus dem Softwareverkauf in die Kassen, im Jahr zuvor waren es noch 199,1 Millionen.

Im laufenden Geschäftsjahr rechnet die SAG mit Einnahmen auf Vorjahresniveau. "Das Marktumfeld ist nicht besser als 2002", kommentierte Finanzvorstand Arnd Zinnhardt. "Die Anwender bleiben mit dem Fuß auf der Kostenbremse."

Trotz des Geschäftseinbruchs gelang es dem zweitgrößten deutschen Softwarehaus, einen Nettogewinn von 33,5 Millionen Euro einzufahren - das sind nur 5,3 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Dieses Ergebnis kam allerdings vor allem aufgrund von Beteiligungsverkäufen zustande: Die Software AG veräußerte Anteile an der SAP SI AG im Wert von 36,7 Millionen Euro. Ferner nahmen die Hessen massive Restrukturierungsmaßnahmen vor, denen unter anderem 313 Arbeitsplätze vornehmlich in der Verwaltung und dem Bereich Projektdienstleistungen zum Opfer fielen.

Durch weitere Kostensenkung will die SAG mittelfristig wieder eine Umsatzrendite von 15 Prozent erreichen - dieser Wert war 2001 erzielt worden. Im vergangenen Jahr brach die Rendite auf knapp sieben Prozent ein. Um zu den gewohnten Margen zurückzukehren, werden die Darmstädter auch in diesem Jahr Mitarbeiter in nicht genannter Zahl abbauen. Diskutiert werden außerdem Arbeitszeitverkürzung via Lohnverzicht sowie Teilzeitmodelle.

Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Achinger, der das Unternehmen interimsweise so lange führt, bis - voraussichtlich Ende April - ein neuer Vorstandssprecher vorgestellt wird, ist sich für Aufräumarbeiten nicht zu schade. Achinger war als ehemaliger Chef des Debis Systemhauses zunächst Aufsichtsratsmitglied bei der SAG gewesen, hatte dann aber spontan den Vorstandsvorsitz übernommen, nachdem Erwin Königs überraschend seinen Rücktritt erklärt hatte. Aus der schwierigen Situation, in der die SAG steckt, macht Achinger kein Hehl. Ein "Rightsizing" und eine strategische Neuausrichtung seien unumgänglich.

Tamino enttäuschte

"Tamino und Entire X haben nicht den erwarteten Unternehmenserfolg gebracht", bilanzierte der SAG-Chef. Der Umsatzanteil von Tamino habe 2002 bei rund zehn Prozent und damit lediglich auf Vorjahresniveau gelegen - allerdings bei deutlich reduzierten Lizenzeinnahmen. Von 22 auf nur noch 13 Prozent fiel der Anteil des Geschäfts mit der Integrationsplattform "Entire X". Finanzchef Zinnhardt begründete den Einbruch damit, dass 2001 ein außergewöhnlich großer Auftrag im Wert von rund 15,5 Millionen Euro verbucht werden konnte, der sich 2002 nicht kompensieren ließ. Umsatzträger Nummer eins war damit auch 2002 das Geschäft mit den angestammten Mainframe-Produkten "Adabas" und "Natural", deren Anteil am insgesamt schrumpfenden Geschäft sogar noch von 59 auf 64 Prozent wuchs.

Zur weiteren Strategie des Unternehmens erklärte der Vorstand, man werde einerseits die Kernprodukte mit "gutem Deckungsbeitrag", also Adabas, Natural und Entire X, wie bisher weiterentwickeln und pflegen. Andererseits will sich die Software AG im XML-Segment auf Basis ihrer Tamino-Plattform einmal mehr neu aufstellen und damit einen Wachstumspfad erschließen. Die Technik sei zwar vom Markt nur zögerlich angenommen worden, so Achinger, aber in den Landesgesellschaften der SAG sei eine Vielzahl interessanter Lösungen auf Basis von Tamino entstanden, die nun als "standardisierte Framework-Lösungen" länderübergreifend vermarktet werden könnten.

Eine erste solche Lösung wird die Software AG auf der CeBIT mit der "Tamino Mobile Suite" präsentieren. Anwender sollen die XML-Software in ihre betriebswirtschaftliche Standardsoftware oder ihre Customer-Relationship-Management-(CRM-)Lösungen einbetten, um mit geringem Aufwand mobile Endgeräte anbinden zu können. Die Software ist insbesondere für die Unterstützung von Vertriebsmitarbeitern im Außendienst und dem technischen Kundendienst vorgesehen.

Reorganisation

Geprüft wird derzeit, ob ebenfalls eine Tamino-Lösung für das Workflow-basierende Content- und Dokumenten-Management angeboten werden kann. In diesem Fall würde die Kernfunktionalität eines für Daimler-Chrysler erfolgreich abgewickelten Projekts auf die Bedürfnisse anderer Unternehmen übertragen. Um hier und für andere zu erwartende Lösungspakete auch international Synergieeffekte zu nutzen, hat sich die SAG in die vier Regionen Amerika, Zentral- und Osteuropa, Süd- und Westeuropa sowie Asien und Nordeuropa neu aufgeteilt. Achinger verspricht sich davon einen besseren "Know-how-Transfer zwischen Ländern und Regionen".

Die SAG richtet ihr Tamino-Geschäft allerdings nicht zum ersten Mal neu aus. Die Ende 1999 ausgelieferte Technologieplattform war zunächst als XML-Datenbank vermarktet worden, was bei vielen Anwendern Irritationen auslöste. "Die Kunden haben zwar anerkannt, dass es sich um ein gutes Produkt handelt, doch sie wollten keine neue Datenbank", gesteht Andreas Zeitler, als Vorstandsmitglied für Vertrieb und Marketing verantwortlich.

Erwartungen nicht erfüllt

Deshalb taufte die SAG ihre XML-Datenbank in "XML-Server" um - mit dem aus Unternehmenssicht bescheidenen Erfolg, dass inzwischen weltweit 600 Kunden Tamino einsetzen. Diese Zahl liegt weit unter Plan, räumte Zeitler ein. Weder die Kundenakzeptanz noch das durchschnittliche Projektvolumen entspreche den Erwartungen. Die SAG habe zwar mit einem im Vergleich zum Mainframe-Geschäft deutlich niedrigeren Preisniveau bei Tamino kalkuliert, dabei aber darauf gesetzt, dass die Anwender ihre Projekte sukzessive vergrößern würden. Das sei nicht geschehen.

Themenbezogene Lösungen auf Basis von Tamino sind nun also der dritte Anlauf im XML-Geschäft, und der SAG bleibt angesichts der fehlenden Dynamik im angestammten Datenbank-Stammgeschäft nicht viel Zeit, neue Einnahmequellen zum Sprudeln zu bringen.