Manager im Stress

Social Media kann E-Mail nicht ersetzen

16.06.2016
Von 
Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Dieser insgesamt positiven Bewertung hält Sopra Steria scheinbar plakativ entgegen: E-Mail-Flut frisst Arbeitszeit. Genau betrachtet zeigen der Studienergebnisse des Beratungshauses - befragt wurden insgesamt 220 Geschäftsführer, Vorstände sowie Fach- und Führungskräfte aus Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern - aber keine Defizite des Kommunikationskanals E-Mail an sich auf, sondern Mängel im Umgang damit.

Zu viele E-Mails, zu lange Entscheidungswege

90 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihrem Unternehmen zu viele E-Mails im Umlauf seien. Die Postfächer sind also ständig überfüllt und die Mitarbeiter deshalb überfordert. 52 Prozent - sogar 62 Prozent der Führungskräfte - beklagen, dass die geschäftliche Dringlichkeit eingehender Mails auf den ersten Blick nicht erkennbar sei. Die Berater betonen, dass die schnelle Weitergabe wichtiger Informationen zu Recht als großer E-Mail-Vorzug gelte. Zu hinterfragen sei indes die Praxis breitstreuender Verteiler, die offenkundig die Effizienz der Kommunikation hemmt.

"Für E-Mails gilt prinzipiell dasselbe wie für alle anderen digitalen Kommunikationstechnologien - sie erfordern einen zielorientierten, bewussten Umgang mit den Informationen - und damit oftmals eine Anpassung der Unternehmenskultur", sagt Petra Bollmer, Managerin Human Capital Management Solutions bei Sopra Steria Consulting. Eine hohe Anzahl von E-Mails und eine permanente Nutzung der CC-Funktion deuten laut Bollmer auf zu lange und somit langsame Entscheidungswege hin. Diese Art der Kommunikation sei ungeeignet, wenn es auf einen vernetzten, agilen Informationsaustausch ankommt.

Social-Business-Plattformen und Online-Communities als Ergänzung

Sopra Steria bringt an dieser Stelle die auch von den US-Forschern untersuchten Social-Business-Plattformen und Online-Communities ins Spiel - nicht als Alternative, sondern als Ergänzung zur E-Mail. In der Projektarbeit könnten diese Kanäle dazu dienen, den Mitarbeitern jederzeit kontextbezogen einen vollständigen Überblick über alle relevanten Statusinformationen zu ermöglichen - so dass diese eben nicht permanent durch elektronische Post mitgeteilt werden müssen. Mit derartigen Plattformen lasse sich in vielen Situationen ein deutlich effizienterer Wissenstransfer in Gang setzten als mit E-Mails allein, so die Berater.

In deren Studie ging es inhaltlich um die Komplexität im Arbeitsleben insgesamt. Neben der E-Mail-Flut machen 62 Prozent der befragten Führungskräfte die Anwesenheit bei für sie irrelevanten oder aus anderen Gründen nutzlosen Meetings als Ärgernis aus. "In dieser Hinsicht können sich etablierte Unternehmen durchaus an unkonventionellen Startup-Methoden orientieren, bei denen etwa prägnante morgendliche Kurzbesprechungen im Stehen die klassischen Meetings mit überfrachteter Agenda ersetzen", kommentiert Bollmer.

90 Prozent der Mitarbeiter wollen einfachere IT

Die Studie zeigt, dass vor allem die wachsenden Anforderungen von Kunden und Dienstleistern sowie veränderte Arbeitsabläufe die Komplexität in den vergangenen Jahren in die Höhe getrieben haben. Zwei Fünftel der Mitarbeiter fühlen sich dadurch zunehmend überfordert und erwägen sogar einen Wechsel des Arbeitsplatzes. 90 Prozent der Befragten würden gerne mit einfacheren, intuitiv zu bedienenden IT-Anwendungen arbeiten. Gleichwohl sagen 64 Prozent der Befragten, dass die Mitarbeiter bei der Einführung neuer Technologien unterstützt werden.

Die gestiegene Komplexität hat indes auch ihre positiven Seiten. Jeweils über 60 Prozent der Befragten sehen positive Auswirkungen auf Produktentwicklung, Qualität von Produkten und Services, Umsatzentwicklung und Kundenbetreuung.