Wiki vor Intranet

Social Business - so macht's die IT-Industrie

26.03.2013
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Überall ist die Rede vom "Social Business". Doch wie halten es die deutschen ITK-Unternehmen, die den Begriff besonders oft im Munde führen, mit der Umsetzung? Der Bitkom wollte es genau wissen und hat eine Erhebung in Auftrag gegeben.
Foto: tovovan, Shutterstock.com

Wichtigste Erkenntnis ist, dass vier von fünf ITK-Unternehmen Social Media für "externe Zwecke" einsetzen - also um Kunden, Interessenten und potenzielle Mitarbeiter auf sich aufmerksam zu machen. Zwei Drittel dieser Betriebe sagen, der konkrete Nutzen liege darin, dass die Marke bekannter werde. Kaum weniger begrüßen die Nähe zu den Zielgruppen (61 Prozent), die konkreten "Interaktionen" mit diesen (58 Prozent) sowie Erfolge bei der Kontaktaufnahme mit potenziellen Mitarbeitern (48 Prozent). Wer gedacht hatte, er könne seine eigenen Produkte und Services durch das Feedback und die Mitarbeit von außen verbessern, wurde dagegen bislang meist enttäuscht. Nur 17 Prozent berichten hier von positiven Erfahrungen.

Ein Marketing-Thema

Welche Abteilungen setzen auf das Social Web? Eine starke oder sehr starke Nutzung gibt es seitens des Marketings. Hier antworten 90 Prozent der Befragten, dass die Prozesse zwischen Social-Media-Aktivitäten und der Unternehmensfunktion stark oder sogar sehr stark verknüpft seien. Ähnliches gilt für den Kommunikations- und PR-Sektor, wo 85 Prozent diese Aussage treffen. Deutlich ab fällt der Bereich Human Resources (HR) beziehungsweise Recruiting. 58 Prozent sagen hier, die Prozesse hingen bereits eng zusammen. Um mit anderen Unternehmen zu kooperieren, wählen 34 Prozent der Unternehmen das Social Web. Eine echte Collaboration im Social Web, etwa in den Bereichen Entwicklung, Service und Support, Einkauf oder Logistik ist derzeit noch eher die Ausnahme.

Wiki vor Intranet

Auffällig ist die mit 71 Prozent relativ große Menge der Befragten, die bestätigen, dass bei ihnen intern Social-Software-Lösungen wie Wikis, interne Blogs oder Social-Network-Lösungen zum Einsatz kommen. Dominierende Plattform ist dabei das Wiki gefolgt vom Intranet und geschlossenen Gruppen auf öffentlichen Plattformen wie Facebook oder Xing. Letztere spielen für die interne Kommunikation eine recht wichtige Rolle, obwohl Datenschutz- und Sicherheitsaspekte eigentlich dagegen sprächen. Social-Software-Suiten wie Yammer, Jive oder Connections werden bereits von etwa einem Drittel der Befragten genutzt.

Besseres Wissen

Was haben die ITK-Anbieter mit ihrem Social-Engagement bislang erreicht? Immerhin 73 Prozent der Umfrageteilnehmer mit entsprechenden Erfahrungen sagen, sie hätten ihr internes Wissens-Management verbessern können. 72 Prozent sehen einen "positiven Effekt für die interne Kommunikation". Jeweils mehr als die Hälfte berichtet zudem, die Kommunikation zwischen Unternehmensstandorten sei verbessert worden (58 Prozent) oder die abteilungsübergreifende Kommunikation laufe nun reibungsloser (54 Prozent). Die Hälfte berichtet von einem verbesserten Projekt-Management, und 39 Prozent sagen, ihr E-Mail-Aufkommen sei zurückgegangen.

"Social Business"

Ob und in welchem Umfang sich Anwenderunternehmen auf das Social Business einlassen, bleibt dahingestellt - die ITK-Branche jedenfalls ist voll auf dem Social-Trip. Das Geschäftsfeld wird intensiv beackert. Zwei Drittel der befragten ITK-Unternehmen befassen sich derzeit mit der Integration von Social Business in bestehende Prozesse und 58 Prozent mit der Beratung rund um die Einführung entsprechender Anwendungen. Jedes zweite Unternehmen arbeitet zudem an der Integration von Social-Anwendungen in die bestehende Applikationslandschaft.

Auf die Frage, wer die Social-Projekte im Unternehmen vor-antreibt, nennen nur 15 Prozent die IT-Abteilung und 16 Prozent die Softwareentwicklung. Es sind die kommunikativ ausgerichteten Bereiche, die die Social-Themen schultern: also Marketing (60 Prozent), PR und Kommunikation (41 Prozent) und Personal (22 Prozent). Ohne das Topmanagement, so meint eine knappe Mehrheit von 52 Prozent, gehe dabei nichts voran. Die Führungsriege müsse als Treiber des Social-Engagements vorangehen.

Erfolgsfaktoren, um durch Social-Web-Aktivitäten mehr Geschäfte zu machen, sind zudem für 61 Prozent ein intensives Verständnis der aktuellen Trends sowie für 51 Prozent die Verknüpfung der bestehenden Anwendungslandschaften mit Social-Business-Ansätzen. Die Hälfte hält zudem rechtliches Know-how - insbesondere bezüglich Datenschutz - für unabdingbar, und 49 Prozent mahnen kommunikatives und "motivierendes" Know-how an. In vielen Fällen, so zeigt die Bitkom-Umfrage, fehlt noch allgemein das Verständnis für einen geschäftsrelevanten Social-Business-Ansatz (45 Prozent), und 37 Prozent sehen Change-Bedarf bezüglich der eigenen Unternehmenskultur.

Es fehlt am Budget

Die IT-Anbieter stellen zudem fest, dass es ihren Kunden oftmals an Budgets für Social-Business-Themen fehle (50 Prozent) und eine interne Barriere vorhanden sei: Die Kunden fürchten demnach Zeitverschwendung (47 Prozent) oder zweifeln am geschäftlichen Nutzen (44 Prozent). (mhr)