Arbeiten 2.0

Social Business Collaboration statt Steno-Block

23.05.2013
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Unternehmen sollten nicht blind auf Social Media setzen

Jörg Klückmann, Software AG: "Wenn Collaboration keine Richtung, kein Ziel vorgegeben wird, entwickelt sie sich schnell zu einer unübersichtlichen 'Social-Flut'."
Jörg Klückmann, Software AG: "Wenn Collaboration keine Richtung, kein Ziel vorgegeben wird, entwickelt sie sich schnell zu einer unübersichtlichen 'Social-Flut'."
Foto: Privat

Klückmann warnt Unternehmen, blind auf Social Media zu setzen: "Oft stellt die IT-Abteilung eine Social-Collaboration-Plattform bereit, die jeder im Unternehmen nutzen kann. Wenn dieser Collaboration jedoch keine Richtung, kein Ziel gegeben wird, entwickelt sie sich schnell zu einer unübersichtlichen ,Social-Flut`", so der Fachmann "Stellen Sie sich ein Meeting vor, in dem 20 Personen ohne Themen- und Zielvorgabe zusammengebracht werden." Dies sei heute der Ist-Zustand von Social Collaboration in vielen Unternehmen. "Keiner weiß genau, was er damit tun soll. Um das Potenzial von Social Colalboration zu erschließen, bedarf es einer konkreten Aufgabenstellung wie etwa der Verbesserung eines bestimmten Geschäftsprozesses."

Die IT-Abteilung stellt die Flexibilisierung der Arbeitswelt vor ernst zu nehmende Herausforderungen: "Der Einsatz privater Endgeräte im Unternehmen und Cloud Computing zählen zweifelsohne zu den großen IT-Trends. Beide haben umfassende Auswirkungen darauf, wie Unternehmen ihre Infrastruktur designen und verwalten müssen", sagt Cisco-Manager Döschl.

Firmen fürchten den Verlust der Kontrolle über ihre Daten

Er geht davon aus, dass die Arbeitswelt von morgen vor allem durch den Einsatz von Social-Business-Collaboration-Lösungen beeinflusst wird: "Social Media bündelt alle Informations-Reservoirs im Unternehmen unter einer gemeinsamen Oberfläche. Und weil zu diesen Informationsquellen das Wissen der Mitarbeiter sowie eine effiziente Kommunikation gehören, wird Social Media erst durch die Integration in die firmeneigene Collaboration-Plattform komplettiert." Diesen Ansatz verfolgt Cisco mit dem Collaboration-Client Jabber und der Social-Media-Plattform WebEx Social. Damit stehen dem Nutzer Präsenzinformationen, Instant Messaging, Sprach- und Videokommunikation und Desktop-Sharing in einem System zur Verfügung.

Doch allen Marktprognosen zum Trotz scheint sich dieses zentrale Tool der Arbeitswelt 3.0 oder gar 4.0 noch nicht recht durchzusetzen: "Viele Firmen zögern mit dem Schritt in die Enterprise-2.0- und Social-Welt", klagt Döschl. "Sie assoziieren Social Media mit externen sozialen Netzen und fürchten daher den Verlust der Kontrolle über vertrauliche Geschäftsinformationen. Würden Unternehmen ihren Mitarbeitern und Teams eine firmenweite Enterprise-Social-Plattform zur Verfügung stellen, wären diese Sorgen unbegründet."

Es verwundert nicht, dass IT-Branchenverbände wie der Bitkom und IT-Firmen wie Dell und Microsoft den Trend zu IT-Arbeitsplätzen in Verbindung mit einer hoch flexiblen "Mobile Workforce" begrüßen. Gleiches gilt für Unternehmen wie Regus, einen Anbieter von Co-Working Spaces, also Arbeitsräumen in speziellen Gebäuden, die Unternehmen oder Selbstständige nach Bedarf mieten können.

Regus hat Firmen befragt, welche Effekte sie aufgrund der Einführung flexibler Arbeitszeiten und von Home-Office-Modellen verzeichnet hätten. Demnach verbuchten 59 Prozent der Unternehmen einen Anstieg der Produktivität. An die 43 Prozent der Umfrageteilnehmer in Deutschland gaben zudem an, dank solcher Modelle kreativer und motivierter zu sein. Allerdings mangelt es solchen Studien an harten Fakten, etwa wie sich der vermeintliche Kreativitätszuwachs in Steigerungen des Umsatzes oder einer Senkung der Betriebskosten niederschlägt.

In einer Studie von IBM, die vor acht Jahren erstellt wurde ("The Mobile Working Experience"), aber nichts an Aktualität verloren hat, beklagten sich Home-Office-Mitarbeiter über eine mangelhafte Zusammenarbeit mit Kollegen, die im Firmenbüro saßen. Solche Effekte, ebenso wie die soziale Vereinsamung von "Remote Workers", die nur per Videokonferenz und Social-Collaboration-System mit Kollegen kommunizieren, sind ein zentrales Problem der neuen Arbeitswelt. Dem stehen positive Effekte gegenüber, etwa die bessere Vereinbarung von Berufs- und Familienleben durch eine flexible Arbeitsplatz- und Arbeitszeitgestaltung. Doch gerade das Beispiel Yahoo zeigt, wie schnell die hoch gelobte neue Freiheit von Arbeitnehmern ein Ende hat, wenn ein Firmenchef sie für nicht opportun hält.