SOA überfordert die Service-Provider

08.11.2006
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Deutsche Firmen sind vorsichtig

"Die Deutschen neigen dazu, erst einmal genau zu analysieren und auszurechnen, ob und wie sich SOA für sie lohnt", bestätigt Jürgen Henn, der als Partner in der Unternehmensberatung IBM Global Business Services die SOA-Aktivitäten des Konzerns verantwortet. "Es gibt Firmen, die SOA nur im Kontext von einzelnen Projektsituationen und innerhalb der Projektlaufzeit betrachten. Oft falle es jedoch schwer, einen Businesscase zu rechtfertigen, weil sich viele SOA-Vorteile erst über den ganzen Lebenszyklus einer Lösung hinweg ergäben.

Erschwerend kommt hinzu, dass die SOA-Diskussion bislang vor allem auf der technischen Ebene geführt wird. "Viele Kunden gehen das Thema zu wenig strategisch an", kritisiert Henn.

Was IT-Dienstleister bieten sollten

  • Beratung zur Frage, was SOA überhaupt ist und ob es konkretes Potenzial für den Anwender bietet;

  • branchenspezifische, prozessorienterte Beratung für die schrittweise Konzeption und Umsetzung;

  • Beratung hinsichtlich von Wirtschaftlichkeit und Change-Management;

  • Beratung in Bezug auf die IT-Organisation, die IT-Prozesse und die IT-Governance;

  • Unterstützung bei der konkreten Ausgestaltung einer SOA (Serviceportfolio, Servicemodellierung und eingesetzte Techniken);

  • Definition nichtfunktionaler SOA-Anforderungen (Antwort- zeiten, Verfügbarkeit);

  • Unterstützung bei der Umsetzung bis hin zur konkreten Entwicklung von Services. Quelle: sd&m

SOA ist ein Management-Thema

"Es mangelt am Bewusstsein, dass sich die Vorteile von SOA nur dann ausschöpfen lassen, wenn Geschäftsmodell und -prozesse selbst schon Service-orientiert aufgebaut sind und dabei ein klarer Bezug zwischen der Business- und der Anwendungsebene besteht - also nicht aus reiner IT-Sicht hier und da ein Web-Service eingeführt wird", so Henn. Das hieße aber, dass SOA nicht nur in der IT-Abteilung, sondern auch in den Fachabteilungen und vor allem in der Geschäftsleitung ankommen muss. Dies ist allerdings bislang nur selten der Fall. Die Experten von PAC sehen darin das größte Hindernis für eine breite SOA-Adoption: "Der Erfolg wird davon abhängen, wie sehr das Topmanagement dahintersteht."

Der Anteil der SOA-Projekte liegt derzeit bei 14 Prozent. Aber nur bei einem Prozent handelt es sich um reine SOA-Vorhaben.
Der Anteil der SOA-Projekte liegt derzeit bei 14 Prozent. Aber nur bei einem Prozent handelt es sich um reine SOA-Vorhaben.

Vor diesem Hintergrund ist Grundsatzberatung derzeit noch die wichtigste Aufgabe der IT-Dienstleister - noch bevor eine IT-Architektur auf SOA-Basis überhaupt in Angriff genommen oder dedizierte Applikationen entwickelt werden.

Laut PAC werden die Anwender in den nächsten zwei bis drei Jahren vorrangig in Consulting investieren, um entscheiden zu können, ob SOA sich für ihr Geschäftsmodell eignet. Die Business-Komponente ist dabei entscheidend, meint Tim Gugel von der Capgemini-Tochter sd&m: "Es geht nicht darum, ein Problem zu suchen, das sich durch SOA lösen lässt. Die Berater müssen vielmehr prüfen, ob die Chancen, die SOA bietet, zu den geschäftskritischen Herausforderungen des Kunden passen."