SOA - für deutsche Anwender ein Papiertiger

26.01.2007
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

Eine kritische Bestandsaufnahme lieferte auch Wolfgang Beinhauer vom Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation aus Stuttgart. Die benötigten Softwareservices zu erstellen und zu betreiben, sei aufwändig: "Die effiziente Gestaltung von Services im Hinblick auf spätere Änderungen der Einsatzzwecke ist weitgehend unerprobt." Hinzu komme das Problem der diversen Web-Services-Standards, die sich in unterschiedlichen Stadien befinden: "Einige sind bisher nur Ideen." Für die Unternehmen stelle dies ein Problem dar, denn "der Reifegrad bestimmt die Investitionssicherheit". Dass mit SOA nicht alles einfacher werde, zeige sich schon daran, dass etwa mit dem Enterprise Service Bus (ESB) eine neue Infrastrukturkomponente angeschafft werden müsse. Steht die Architektur, benötigten Anwender ferner ein Governance-Werkzeug, "um Probleme zu lösen, die sie ohne SOA nicht gehabt hätten."

Die Motive der Hersteller

Trotz dieser Hindernisse nehmen die Hersteller "riesige Investitionen" in SOA-Angebote vor, wie Spies ausführte. Oft genug werde dabei alter Wein in neuen Schläuchen angepriesen. "Viele verpacken einfach vorhandene Produkte neu und nennen sie SOA." Dabei unterschieden sich die Motive für die milliardenschweren Ausgaben erheblich. Für IBM beispielsweise löse SOA das Thema E-Business als Unternehmensintegrator ab: "SOA ist das große Gummiband, das das Unternehmen zusammenhält." Der Analyst gab sich ferner überzeugt, dass Big Blue damit einen weiteren Schritt in Richtung Applikationsgeschäft tue, trotz der gebetsmühlenhaften Dementis des Managements. Anwendungen werde künftig nicht nur IBMs Software Group liefern, sondern vermehrt auch die Dienstleistungssparte. Ähnlich wie Accenture und andere Konkurrenten arbeitet IBM Global Services (IGS) fieberhaft an branchenspezifischen SOA-Paketen.

SAP hingegen sehe in SOA einen willkomme-nen Trend, um alte Softwarestrukturen aufzubrechen. "R/3 ist nicht mehr beherrschbar", provozierte Spies die anwesenden SAP-Vertreter. Ähnliches gelte für Microsofts Windows-Betriebssystem. Für den weltgrößten Softwarehersteller sei SOA zudem wichtig, um die Glaubwürdigkeit als Technologieanbieter zu sichern. Oracles zentrales Motiv laute demgegenüber schlicht: "So badly needed". SOA bilde eine unabdingbare Voraussetzung zur Integration der "zusammengekauften Komponenten".

SOA als Business-Thema?

In den Herstellervorträgen konnten sich die knapp 200 Fachbesucher von den potenziellen strategischen Vorteilen einer SOA überzeugen. Rolf Schumann, Chief Technology Officer der SAP für die Region Emea Central, wandte sich in diesem Kontext gegen eine techniklastige Betrachtung: "SOA ist ein Business-Thema." Am Ende wolle das Management Ergebnisse in Form von Geschäftskennzahlen sehen. SAP richte sein Augenmerk deshalb auf Enterprise Services, die wiederum aus den Geschäftsprozessen abgeleitet sind. Ins gleiche Horn stieß Wolfram Jost, Vorstand der IDS Scheer AG. Der RoI einer Service-orientierten Architektur lasse sich nur in Geschäftsprozessen messen: "'SOA beginnt und endet bei den Prozessen."