So werden IT-Kosten transparent

24.11.2005
Von Alexander Tietz und Torsten Frankenberger 
Was die Unternehmens-IT den Fachabteilungen in Rechnung stellt, stößt dort oft auf Unverständnis. Dabei lässt sich den Anwendern durchaus klar machen, welche Dienste wie viel Geld verschlingen.

Die meisten Unternehmen klagen über zu hohe IT-Kosten. Fachbereiche verstehen Höhe sowie Zusammensetzung der IT-Umlagen nicht und bezweifeln demzufolge die Wettbewerbsfähigkeit des eigenen IT-Bereichs. Die Erfahrung zeigt, dass sich dieser Vorwurf infolge unzureichender Kosten- und Leistungstransparenz nur schwer widerlegen lässt.

Hier lesen Sie …

• welche Vorwürfe sich die IT gefallen lassen muss;

• wie interne IT-Produkte definiert werden sollten;

• warum Aufgaben und Kompetenzen von Rechnungswesen, IT-Controlling und Produkt-Managern geregelt werden müssen;

• wie sich ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis erreichen lässt.

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566749: Ganzheitliches IT-Controlling (Praxisbeispiel);

566676: IT-Leistungsverrechnung (Ratgeber);

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554011: Schwächen im IT-Controlling;

557709: Network Performance Management.

Best Practices aus Industrie- und Dienstleistungsunternehmen machen jedoch deutlich, wie sich manche IT-Abteilungen transparent aufgestellt haben. Zu den wichtigsten Ansatzpunkten zählen:

- Systematische Strukturierung der Produkte und Leistungen in die Kategorien Vor- und Endprodukte;

- verursachungsgerechte Zuordnung aller IT-Kosten, differenziert nach fixen und mengenabhängigen Anteilen;

- marktkonforme Bereitstellung von IT-Leistungen auf Basis stimmiger Benchmarks;

- konsequente Vermarktung "sprechender Produkte" - weg von der "CPU-Sekunde" hin zu Anwendungen und Geschäftsprozessen.

Um diese Ansätze im eigenen Unternehmen aufzugreifen, ist es erforderlich, das Thema ganzheitlich anzugehen. Halbherzige Eingriffe in Kostenstrukturen oder Verrechnungspraktiken führen in der Regel nicht zum gewünschten Erfolg.

Folgendes Vorgehensmodell beschreibt, wie Unternehmen ihre IT-Kosten in sechs Schritten besser strukturieren, verrechnen und nachhaltig senken können.

Transparenz durch Kostenanalyse

Ausgangspunkt für alle weiteren Schritte ist eine fundierte Analyse der IT-Kosten im Unternehmen. Dafür gilt es zu ermitteln, wie hoch die gesamten IT-Kosten tatsächlich ausfallen. Oftmals werden zusätzlich dezentral erbrachte IT-Leistungen der Fachbereiche gar nicht als IT-Kosten ausgewiesen. Das Verhältnis von Entwicklungs- zu Betriebskosten ist in den meisten Unternehmen zwar bekannt. Auf gezielte Fragen nach Lizenzkosten für ausgewählte Anwendungen, internem Wartungsaufwand in Summe oder Server-Kosten inklusive Hardware, Betriebssystem, Betreuung und Wartung herrscht jedoch oft großes Schweigen. Da verwundert es nicht, dass Fachbereiche ihre monatlichen Belastungen durch den IT-Bereich vielerorts nicht nachvollziehen können. In manchen Fällen werden die anfallenden IT-Kosten tatsächlich mehr oder weniger willkürlich verteilt. Daher muss auch die aktuelle Verrechnungspraxis im Rahmen der Kostenanalyse auf den Prüfstand gestellt werden.

In der Regel werden schnell unzureichende Kostenstellenstrukturen sichtbar, die über Jahre stiefmütterlich behandelt wurden. Es fehlt meist an Transparenz in allen Bereichen. Ein konzeptioneller Rahmen für eine saubere Struktur der IT-Kosten, die sich an klaren Produkten orientiert, ist nur selten vorhanden. In vielen Unternehmen weisen sowohl das Rechnungswesen als auch das IT-Controlling die Verantwortung hierfür von sich. Die Kostenrechnung ist zwar für die Administration von Kostenstellen verantwortlich, argumentiert aber im Falle der IT mit mangelndem technischem Know-how und möchte die Strukturvorgabe an das IT-Controlling delegieren. Das IT-Controlling seinerseits sieht diese Aufgabe naturgemäß in der Kostenrechnung und wartet somit auf eine interne Vorgabe zur Kostenstrukturierung. Ziel muss es also sein, Verantwortliche aus beiden Bereichen an einen Tisch zu bekommen und in einem gemeinsamen Projekt den konzeptionellen Rahmen für IT-Produkte zu entwickeln und saubere Kostenstrukturen aufzubauen.

Produkte sinnvoll definieren

Dreh- und Angelpunkt ist die Produktgestaltung. Hier wird die Basis für die spätere Akzeptanz beim Kunden beziehungsweise den Fachbereichen gelegt. Wichtig ist, die IT-Leistungen inhaltlich klar und vor allem für den Nutzer nachvollziehbar voneinander zu trennen. Umlagen wie "CPU-Minuten", "Systemprogrammierung" oder "Netz-Management" sind nebulös und stoßen bei Fachbereichen verständlicherweise auf Ablehnung. Neben der inhaltlichen Klarheit der IT-Produkte ist auf Verständlichkeit zu achten. Fachchinesisch wie "IBM P3090" oder "TAN P Cyclon" lässt sich durchaus vermeiden.

Grundsätzlich wird zwischen End- und Vorprodukten unterschieden. Dabei werden nur die Endprodukte von den Fachabteilungen wahrgenommen. Sie sollten daher einen klaren Bezug zu den Geschäftsprozessen haben. Vorprodukte dienen lediglich der inhaltlichen Strukturierung des IT-Bereichs.

Es ist ratsam, sich bei der Produktgestaltung auf vorhandenen Anwendungs- und Infrastrukturlandkarten zu beziehen. Auf diese Weise erhält man schnell einen vollständigen Überblick über die IT-Landschaft im Unternehmen. Hier lassen sich Hauptanwendungen und Infrastrukturkomponenten rasch identifizieren und eine sinnvolle Grundstruktur für den Produktkatalog ableiten. Wichtig ist, dass sowohl Endprodukte als auch Vorprodukte so geschnitten werden, dass ein Benchmarking der Leistungen und Preise möglich wird. Steht ein Endprodukt wie "SAP FI/CO" oder "CAD" fest, runden Leistungsbeschreibungen der Produktinhalte sowie Service-Level-Agreements (SLAs) die Produktdefinition ab.

Neue Kostenstellen anlegen

Sind die Produkte definiert, muss im nächsten Schritt die Kostenstellenstruktur entsprechend überarbeitet werden. Das heißt konkret: Alte Kostenstellen auflösen, neue Kostenstellen anlegen und Anlagen umbuchen. Dabei ist es zwingend notwendig, dass das Rechnungswesen die Vorschriften zur Kontierung umstellt, damit anfallende Kosten künftig produktgerecht zugeordnet und gebucht werden können. Ferner ist für jedes Produkt individuell festzulegen, welcher Verrechnungsschlüssel (zum Beispiel "Nutzer", "Arbeitsplatz" oder "Datenvolumen") zur Anwendung kommt. Die Mengengerüste werden schließlich in Zusammenarbeit mit dem IT-Controlling ermittelt. Sind alle Informationen vorhanden, werden die Verrechnungsmodelle abschließend im ERP-System hinterlegt. Die Praxis zeigt, dass gerade die Anpassung der Kostenrechnung zeitaufwändig sein kann. Insbesondere unklare Mengengerüste stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen.

Faire Preise kalkulieren

Die Kalkulationsbasis für die Preisfindung ergibt sich aus den jeweils anfallenden Produktkosten und den dazugehörigen Mengengerüsten. In der Regel werden interne IT-Bereiche als Cost-Center betrieben, die Steuerung erfolgt also über jährliche Kostenbudgets oder Zielvorgaben zur Kostenreduktion. In der Preiskalkulation ist dieser Aspekt natürlich zu berücksichtigen, um die jeweiligen Zielvorgaben zu erreichen. Wenn ein IT-Bereich als Profit-Center agiert, orientiert sich die Preiskalkulation stark an Marktpreisen. Letzteres erhöht den Druck auf die Organisation, die eigenen IT-Leistungen gewinnbringend oder zumindest kostendeckend anzubieten.

Wesentlich für beide Ansätze ist, dass für jedes IT-Produkt die klaren Kostentreiber in den jeweiligen Preis einfließen und auf diese Weise sauber zwischen beispielsweise dem Zugangspreis für eine Anwendung (Fixpreis) und dem variablen Teil, den die Kunden dann auch wirklich beeinflussen können, unterschieden wird.

Produkt-Manager ernennen

Für jedes zuvor definierte IT-Produkt wird ein Produkt-Manager berufen. Dieser ist alleiniger Ansprechpartner für sämtliche Fragen der Fachbereiche in Bezug auf Produktinhalte, Kostenbestandteile und Preise, aber auch Technologien und Weiterentwicklungen.

Darüber hinaus ist es notwendig, das IT-Controlling sowie das interne Rechnungswesen in Prozessabläufe fest einzubinden. Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zwischen Produkt-Managern, IT-Controlling und Rechnungswesen müssen zuvor eindeutig geregelt werden.

Sobald der Produkt-Management-Gedanke in der Organisation verankert wird, müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Die gemeinsamen Spielregeln sowie klare Kommunikationswege sind unbedingt einzuhalten.

Dialog führen und dadurch sparen

Am Ende steht der eigentliche Nutzen: Dem IT-Bereich wird klarer, wie sich seine Produktkosten zusammensetzen. Produkt-Manager übernehmen Verantwortung für ihre Produkte und sind angehalten, aktives Kosten-Management zu betreiben. In der Folge kennen sie die Hauptkostentreiber ihrer Produkte. Ferner haben sie die Aufgabe, eigenständig, aber auch mit dem IT-Controlling Effizienzpotenziale zu identifizieren, zu quantifizieren und adäquate Einsparmaßnahmen einzuleiten. Erfahrungsgemäß lassen sich erste schnelle Erfolge durch Rückführung von Lizenzen, Kündigung überflüssiger Wartungsverträge und Reorganisation interner Wartungstätigkeiten erzielen. Aber auch den Fachbereichen wird transparent, wie teuer Geschäftsprozessunterstützung ist und was besonders viel Geld verschlingt. In der Folge werden die Leistungsansprüche der Fachbereiche im Dialog vernünftig eingegrenzt. (rg)