Nicht immer Berater fragen

So können Manager besser entscheiden

15.07.2016
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Es gibt keine entscheidungsschwachen Manager, es gibt nur die falsche Firmenkultur. Marketing-Manager Wolfgang Frick will Mut machen zu mehr Entscheidungsfreude.
  • Wer entscheidet, braucht nicht immer 100 Prozent aller Informationen, 80 Prozent reichen
  • Das Wort "Entscheidung" kommt aus der Kriegssprache und bezeichnet den Moment, in dem der Soldat das Schwert aus der Scheide zieht
  • Führungskräfte "sind nicht dazu da, den Friedensnobelpreis zu gewinnen"
Wolfgang Frick, Leiter des Vorstands-Ressorts Marketing und Sortimentsmanagement in einem Konzern, plädiert für mehr Entscheidungsfreude.
Wolfgang Frick, Leiter des Vorstands-Ressorts Marketing und Sortimentsmanagement in einem Konzern, plädiert für mehr Entscheidungsfreude.
Foto: Wolfgang Frick

"Soll ich's wirklich machen oder lass ich's lieber sein? Jein ...", trällert die Hamburger HipHop-Combo Fettes Brot. Glaubt man Wolfgang Frick, könnten es die Jungs leichter haben. Frick hat ein Buch geschrieben mit dem Titel "Die neue Lust am Entscheiden". Der Autor will den Blick auf das Thema Entscheiden verändern: "Wir reden oft davon, dass wir Entscheidungen fällen müssen,statt davon, dass wir entscheiden wollen." Er kennt viele Appelle, effektiver zu entscheiden, intelligenter zu entscheiden, schneller zu entscheiden und Ähnliches. Immer schwingt dabei etwas von Risiko, Druck oder gar Bedrohung mit.

Dem ist Frick auf den Grund gegangen und hat nach dem Ursprung des Wortes Entscheiden gesucht. Fündig wurde er in der Kriegssprache. "Entscheiden" meint den Moment, in dem der Soldat das Schwert aus der Scheide holt. Ab da kann er nicht mehr zurück - steckt er es wieder ein, gilt er als Feigling.

Frick will nun Lust auf Entscheidungen wecken. Er hält nichts davon, Menschen als "entscheidungsschwach" zu klassifizieren. Tun sich Chefs etwa mit Führungsverantwortung schwer oder Mitarbeiter mit Projekten, steckt oft die Firmenkultur dahinter. Hier wünscht sich Frick mehr Mut zu einer positiven Fehlerkultur.

Umgang mit Kündigungen

Dabei weiß der Experte durchaus um schwierige Entscheidungen im Job. "Dramatisch wird es immer, wenn es um Menschen geht, etwa um Kündigungen", sagt er. In solchen Situationen müssten Chefs mit internen Meutereien rechnen oder mit Unmut über vermeintliche Ungerechtigkeit. "In solchen Fällen ist keine Entscheidungsdemokratie möglich", erklärt Frick. Manager müssten solche Situationen aushalten. "Führungskräfte sind nicht dazu da, den Friedensnobelpreis zu gewinnen", sinniert der Experte. Wichtig ist ihm, dass gerade solche Entscheidungen und die dazugehörige Kommunikation so ablaufen, "dass man noch in den Spiegel sehen kann".

Kündigungen haben aber noch einen weiteren Aspekt. Ein souveräner Chef bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn er dem Team gegenüber zugibt, einen Mitarbeiter falsch eingeschätzt zu haben - und aus diesem Fehler lernen zu wollen.

6 Tipps: Entscheidungshilfe für Manager

Grundsätzlich gibt Frick Entscheidern Folgendes mit auf den Weg:

Die 80-Prozent-Regel: Beschlussfähig ist nicht erst, wer sämtliche Informationen zu einer Sache zusammengetragen hat. 80 Prozent reichen. Woran merkt man, dass diese Marke geknackt ist? Ganz einfach: wenn man sich nur noch im Kreis dreht.

Nicht immer Berater fragen: Vom Astrologen über den Handleser bis zum Think Tank und Business-Consultant - die Beraterbranche boomt. "Nur, wer zu sehr und auf zu viele Berater setzt, vergisst häufig, sich sein eigenes Urteil zu bilden und macht sich dadurch manipulierbar und abhängig", mahnt Wolgang Frick.

Informationsflut reduzieren: Wer drei Regeln befolgt, bringt ein Übermaß an Informationen auf den Punkt. Erstens: Ziele in einem Satz ohne Kommas definieren. Zweitens: In Meetings hat jeder Teilnehmer maximal vier Sätze Sprechzeit. Drittens: "Ja, aber"-Sätze sind gestrichen. Denn sie gaukeln Einverständnis vor, umschreiben aber Ablehnung.

Sich in Walt Disney hineinversetzen: Der erfolgreiche Filmproduzent Walt Disney hatte in seinem Büro drei Sessel stehen. Der erste war der "Träumer"-Sessel. In den setzte er sich, wenn er neue Ideen entwickelte. Der zweite, der "Realist"-Sessel, diente ihm als Sitzplatz, wen er über die Realisierung des neuen Projektes nachdachte. Im dritten Sessel ("der Kritiker") analysierte er mögliche Hindernisse. Niemand durfte diese Möbel anfassen. Für Disney war das körperliche Spiel mit diesen drei Rollen essentiell. Sein Wahlspruch: "Wenn Du es träumen kannst, kannst Du es auch leben!"

Neue Rituale für neue Wege: Frick versteht Gewohnheiten quasi als standardisierte Prozesse, die den Alltag erleichtern. Er rät jedoch, diese gewohnten Rituale ab und an zu verändern, also beispielsweise auf einer anderen Strecke nach Hause zu fahren, mittags ein neues Restaurant auszuprobieren oder Ähnliches. "Gewohnheiten führen uns ständig in Versuchung, das zu tun, was wir eh schon immer gemacht haben. Und trotzdem hoffen wir auf neue Resultate?", sagt er.

Ballast entsorgen: Wer in periodischen Aufräumphasen Überflüssiges loswird, macht sich das Leben leichter. Gadgets, die man in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr zur Hand genommen hat, gehören auf die gängigen Auktionsportale. Das lässt sich übertragen: Welche Vereine besucht man nicht mehr? Welche Newsletter- und Zeitschriften-Abos braucht man nicht mehr?

Für Frick geht der letzte Punkt aber noch weiter. Welche säumigen Kunden warten auf ein klärendes Gespräch? Welche mobbenden Mitarbeiter? "Listen sie alle Gespräche auf, die sie führen wollen - und müssen."

Wolfgang Frick ist Betriebswirt und hat zusätzlich Publizistik und Kommunikationswissenschaft studiert. Er promovierte 1996 über "Corporate Design als Identitätsstrategie". Frick ist Marketing-Vorstand für die Schweizer Spar-Gruppe.