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So funktionieren COVID-19-Apps

26.05.2020
Von 
Stephan Wiesend schreibt für die Computerwoche als Experte zu den Themen Mac-OS, iOS, Software und Praxis. Nach Studium, Volontariat und Redakteursstelle bei dem Magazin Macwelt arbeitet er seit 2003 als freier Autor in München. Er schreibt regelmäßig für die Magazine Macwelt, iPhonewelt und iPadwelt.
Unter iOS 13.5 und dem aktuellen Android-System stehen jetzt die Covid-19-APIs von Google und Apple bereits. Erste Tracing-Apps sind aber schon jetzt aktiv und nutzten andere Konzepte.

Mit Veröffentlichung der APIs durch iOS 13.5 könnten eigentlich die ersten Apps ihre Arbeit aufnehmen. Vor allem in den USA scheint dies aber noch einige Zeit zu dauern und auch deutsche Anwender werden noch einige Zeit warten müssen.

So könnte die Benachrichtigung über einen Kontakt aussehen.
So könnte die Benachrichtigung über einen Kontakt aussehen.
Foto: Apple, via Macrumors

Status in den USA

Wie eine Nachfrage der Seite 9to5Mac zeigt, ist der Einsatz der APIs oder einer App in vielen US-Bundesstaaten noch gar nicht geplant, in anderen Staaten kommen bereits eigene Lösungen zum Einsatz. Eine Teilnahme am Programm ist nur in den Staaten Virginia, South Carolina, North Dakota und Alabama geplant. (Die Nachfrage erfolgte am 20.5.) Die Frage ist wohl auch, wie das Exposure Notification API in die bereits laufenden Programme integriert wird. Ein Beispiel ist die App Care19, die vom Staat North Dakota entwickelt wurde. Diese wird bereits benutzt und soll aber zukünftig mit dem Exposure Notification API ergänzt werden. Aktuell basiert die App allerdings offensichtlich auf GPS-Daten und erfasst automatisch Zeit und Ort eines Nutzers.

Grundlage der App bildete eine Anwendung für die Ortung von Bisons, der Nutzer kann die von ihm besuchten Orte manuell eingeben oder automatisch erfassen lassen. Das Gesundheitsamt weiß dann etwa, dass ein Erkrankter letzten Sonntag um 8:00 Uhr bei McDonalds war. Auch hier werden die Daten anonymisiert, es gibt aber eine zentrale Datenverfassung und ein völlig anderes Nachverfolgungssystem als von Google und Apple konzipiert. Laut Nutzerberichten scheint die App außerdem einige Problem mit der zuverlässigen Ortung zu haben.

Status in Europa

In Island wird bereits ein App genutzt.
In Island wird bereits ein App genutzt.

Über ähnliche Praxis-Probleme berichtet das Handelsblatt aus Island, hier nutzen knapp 40 Prozent der Bewohner bereits die Tracing-App Rakning C19. So kommt hier bisher zur Ortung statt Bluetooth das stromhungrige GPS zum Einsatz und die Nutzer sollen über den hohen Akku-Verbrauch der App klagen. Um Kontakte besser nachvollziehen zu könne, will man bald aber Ortung per Bluetooth ergänzen – eine Technologie auf die viele Covid-Apps setzen oder setzen werden.

Wie eine Recherche der Finanzzeitung zeigt, sind in Europa aktuell bereits zahlreiche Apps gestartet: Dazu gehören Viru Safe in Bulgarien, Stop Korona in Nordmazedonien, Smittstopa in Norwegen, Stopp Corona in Österreich, ProteGo in Polen, Zostan Zdravy aus der Slowakei, eRouska in Tschechien und Action at Home in der Ukraine. Die Nutzung ist bisher freiwillig, nur für die App der Türkei gilt dies allerdings nicht. Die Konzepte sind noch sehr unterschiedlich, die meisten Apps nutzen Bluetooth, setzen dabei aber oft auf einen zentralen Server statt einer dezentralen Datenverwaltung. Inwieweit auf die APIs von Google und Apple zugegriffen wird, ist noch ungeklärt, zumindest sind aber schon erste Apps verfügbar. Eine komplette Liste der weltweit genutzten Apps führt etwa Wikipedia.

Auch die österreichische App ist bereits verfügbar.
Auch die österreichische App ist bereits verfügbar.

Vor allem die größeren EU-Länder sind aber offenbar zeitlich noch im Hintertreffen. Auch für die Corona-Warn-App für Deutschland sieht es ebenfalls noch düster aus: Telekom und SAP, die eine Warn-App für die Bundesregierung entwickeln, haben gerade erst Beispiele des Codes veröffentlicht. Sergej Dechand von Code Intelligence zufolge könnte es noch ein halbes Jahr dauern, bis die App perfekt funktioniere – sie könnte aber zumindest gegen einen nächste Infektionswelle im Winter helfen. (PC-Welt)