Recruiting

So finden Sie rare Spezialisten

24.06.2015
Von 
Alexander Walz ist Geschäftsführer der Personal- und Managementberatung Conciliat in Stuttgart.
Unternehmen, die Mitarbeiter mit speziellem Wissen und Können suchen, kommen mit Stellenanzeigen allein meist nicht weit. Experten – gerade in der IT - sind dünn gesät, heiß umworben und haben in der Regel bereits einen Job. Entsprechend professionell müssen Personaler das Recruiting gestalten.
Die Nadel im Heuhaufen: Die Suche nach Spezialisten gestaltet sich zunehmend schwieriger.
Die Nadel im Heuhaufen: Die Suche nach Spezialisten gestaltet sich zunehmend schwieriger.
Foto: paulista-shutterstock.com

Ein Touristik-Unternehmen sucht einen Controller, der Erfahrung in der Touristikbranche hat. Ein Maschinenbauer benötigt einen Ingenieur, der sich mit "Embedded Systems" auskennt. Eine Versicherung braucht einen Buchhalter, der auch Erfahrung mit internationalen Konzernabschlüssen hat. Viele Unternehmen sind auf der Suche nach Experten mit einem ganz speziellen Fachwissen. Die klassischen Wege der Personalsuche, wie das Schalten von Stellenanzeigen, versagen hier häufig, weil von den ohnehin seltenen Spezialisten oft nur wenige aktiv auf Stellensuche sind. So können Unternehmen ihren Personalsuche-Prozess professionell gestalten:

Schritt 1: Anforderungen klar definieren

Ein detailliertes Anforderungsprofil für den gesuchten Spezialisten existiert in Unternehmen oft nicht - vor allem, wenn die Personalabteilung, die den Experten sucht, und die Fachabteilung, die ihn benötigt, zu wenig miteinander kommunizieren. Viele Personalabteilungen wissen nicht, welche Fähigkeiten der Neue in der ausgeschriebenen Position konkret braucht, und viele Fachabteilungen wiederum erachten das, was der bisherige Stelleninhaber tut, als ganz selbstverständlich. Daher versäumen letztere oft, die Stellenanforderungen detailliert zu artikulieren.

Deshalb sollten Unternehmen, die rare Experten suchen, sich zunächst fragen: Was macht der gesuchte Spezialist im Unternehmen genau? Mit wem muss er kooperieren? Über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sollte er verfügen? Dies sind scheinbar banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen zufrieden, statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Controller "unternehmerisch denken" soll? Soll er die Geschäftsprozesse im Unternehmen verstehen? Sollen von ihm Veränderungsimpulse ausgehen? Soll er bei seiner Arbeit die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben?

Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Da es in Anbetracht der angespannten Personalmarktlage unwahrscheinlich ist, dass Unternehmen ihre Traumkandidaten finden, müssen sie Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen: Ist es wirklich unabdingbar, dass der neue Buchhalter sich mit den "International Financial Reporting Standards" auskennt, oder kann ihm das nötige Wissen auch vermittelt werden?

Schritt 3: Ein verlockendes Angebot schnüren

Sind die Anforderungen klar und gewichtet, sollten sich Unternehmen fragen: Was können wir den Wunschkandidaten bieten? Den meisten Top-Experten ist es egal, ob sie 2000 oder 3000 Euro mehr oder weniger pro Jahr verdienen. Für diese Summe nehmen sie zumindest keinen Ortswechsel in Kauf. Bliebe die Aussicht auf eine gehobene Führungsposition. Eine solche Stelle können und wollen viele Unternehmen den Spezialisten aber nicht offerieren, da diese sind ja gerade wegen ihres Spezialwissens für sie interessant sind.

Deshalb sollten Unternehmen, die rare Experten suchen, sich zunächst fragen: Was macht der gesuchte Spezialist im Unternehmen genau? Mit wem muss er kooperieren? Über welche fachlichen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften sollte er verfügen? Dies sind scheinbar banale Punkte. Doch genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich Unternehmen vorschnell mit Worthülsen zufrieden, statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Controller "unternehmerisch denken" soll? Soll er die Geschäftsprozesse im Unternehmen verstehen? Sollen von ihm Veränderungsimpulse ausgehen? Soll er bei seiner Arbeit die Marktentwicklung und die künftigen technischen Möglichkeiten im Blick haben?

Weiterbildung. Dies kann gerade für Spezialisten, deren Fachwissen schnell veraltet, ein Wechselmotiv sein, denn sie plagt latent die Angst: Wenn ich mich fachlich nicht weiterbilde, sinkt mein Marktwert kontinuierlich.

Zudem sollten Unternehmen keinesfalls die Bedeutung der weichen oder familiären Standortfaktoren unterschätzen wie etwa: Welches Schul- und Freizeitangebot bietet der neue Wohnort?

Schritt 4: Firmen mit möglichen Kandidaten ermitteln

Jetzt beginnt die eigentliche . Dies kann gerade für Spezialisten, deren Fachwissen schnell veraltet, ein Wechselmotiv sein, denn sie plagt latent die Angst: Wenn ich mich fachlich nicht weiterbilde, sinkt mein Marktwert kontinuierlich.. In Einzelfällen kann das Durchforsten von Online-Portalen wie Xing und LinkedIn hilfreich sein. Generell stoßen Unternehmen hier jedoch an Grenzen, da hochqualifizierte Spezialisten sich dort kaum präsentieren.

Bleibt den Unternehmen nur die Möglichkeit, Firmen zu ermitteln, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidaten für die vakante Stelle arbeiten, um diese abzuwerben. Hierbei benötigen sie in der Regel Unterstützung durch Headhunter und Personalberatungen. Die eigenen Mitarbeiter sind bei der Suche nach Spezialisten oft wenig hilfreich, da sie meist nur die unmittelbaren Mitbewerber und die Branchen-Giganten kennen. Nur selten haben sie die Nischenanbieter in ihrer Branche im Blick oder Unternehmen außerhalb ihrer Branche, in denen Experten mit einem ähnlichen Profil arbeiten. Gerade dort befinden sich häufig die wirklich heißen Kandidaten.

Schritt 5: Kandidaten kontaktieren

Sind die Zielfirmen definiert, müssen die Namen der Zielpersonen ermittelt werden. Diese Aufgabe übertragen Unternehmen gerne Personalberatern, auch weil diese über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind diese bekannt, gilt es, die Kandidaten zu kontaktieren. Das erfordert Fingerspitzengefühl und Spezial-Know-how, denn die Kandidaten haben ja bereits einen guten Job. Ihnen muss die vakante Stelle zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwägen. Dies gelingt nur Personen, bei denen die kontaktierten Kandidaten das Gefühl haben: Mein Gesprächspartner kennt mein Tätigkeitsfeld und kann den Wert meines Know-hows einschätzen.

Schritt 6: Die eingeladenen Top-Kandidaten überzeugen

Sind die potenziell wechselwilligen Kandidaten identifiziert, beginnt ein reguläres Personalauswahlverfahren. Dabei sollte allen klar sein: Das Unternehmen wirbt um eine begehrte Top-Kraft, die mehrere bis sehr viele Optionen hat. Entsprechend muss der Kandidat umworben werden, um ihm die gewünschte Wertschätzung zu signalisieren. Dazu zählt auch, dass zum Beispiel beim Vorstellungsgespräch ein Experte aus der betreffenden Fachabteilung anwesend ist.

Gerade die absoluten Top-Kandidaten wollen vor einer Entscheidung wissen: Finde ich in dem neuen Unternehmen (auch personell) ein hochprofessionelles Milieu vor, das mir ideale Entfaltungsmöglichkeiten bietet? Zudem haben sie meist konkrete fachliche Fragen wie: In welchem (technischen) Umfeld werde ich künftig arbeiten? Vor welchen konkreten Herausforderungen werde ich im Arbeitsalltag stehen? Sofern möglich, sollte der bisherige Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einbezogen werden, zumal er am besten einschätzen kann, welcher Kandidat am ehesten über die erforderliche Kompetenz verfügt.

Schritt 7: Den Neuen einführen

Ist der gesuchte Spezialist gefunden, atmen die Verantwortlichen in vielen Unternehmen erleichtert auf und kehren zur Alltagsarbeit zurück. Das heißt, sie bereiten sich auf die Ankunft des Neuen nicht vor und überlegen sich frühestens am Abend, bevor dieser erscheint, wie sie ihn empfangen wollen. So kann es passieren, dass der Spezialist, in dessen Suche das Unternehmen so viel Mühe investiert hat, sich schon am ersten Tag fragt: Wo bin ich hier gelandet? War meine Entscheidung richtig?

Nicht nur der richtige Empfang des neuen Experten ist wichtig, sondern auch eine systematische Einarbeitung und Einführung. Viele Firmen erwarten fälschlicherweise, dass der Neue vom ersten Tag an so funktioniert, als arbeite er schon immer für das Unternehmen. Entsprechend ernüchtert sind die Neuen oft schon nach wenigen Arbeitstagen. Doch auch die alteingesessenen Kollegen sind frustriert, denn sie haben sich von dem Neuen eine Arbeitserleichterung erhofft. Wenn dieser sie in den ersten Wochen immer wieder mit "dummen" Fragen belästigt, kommt schnell Zweifel auf, ob man den richtigen Kandidaten gewählt hat.

Entsprechend groß ist die Gefahr, dass sich die Wege des Experten und des Unternehmens nach der Probezeit wieder trennen - mit der Konsequenz: Die zeit- und kostenintensive Suche nach einem Spezialisten mit dem gewünschten Profil beginnt von vorne. Und die Aufgaben, die er erledigen sollte? Sie bleiben oft weiterhin liegen.