Auswahlkriterien und praktische Erfahrungen

So finden Sie die richtige IoT-Plattform

19.10.2017
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Harry Jacob ist freier Journalist in Augsburg und hat sich auf die Themen IT, IoT und Industrie 4.0 spezialisiert.
Immer mehr Hersteller wollen ihre Produkte fit machen für das Internet of Things (IoT). Bei der Entscheidung für eine geeignete IoT-Plattform hilft ein strukturierter Auswahlprozess, schwerwiegende Fehler zu vermeiden.
Eine Standardlösung für IoT ist nicht in Sicht, da hunderte von unterschiedlichen Zahnrädern in Form von Sensoren etc. ineinander greifen müssen.
Eine Standardlösung für IoT ist nicht in Sicht, da hunderte von unterschiedlichen Zahnrädern in Form von Sensoren etc. ineinander greifen müssen.
Foto: andongob - shutterstock.com

Eine Milliarde Dollar will Dell investieren, um eine eigene IoT-Division mit Produkten und Services aufzubauen. Das IoT-Eco-System soll alle Bereiche von einfachen Sensoren bis hin zu komplexen Cloud-basierten Auswertungen in den Bereichen, Analytics, Künstliche Intelligenz und Machine Learning abdecken. Doch auch andere Konzerne beackern dieses Feld bereits, neben IT-Größen wie Microsoft, Cisco und SAP auch Industriegiganten wie Bosch, Siemens und GE Digital, wie unser Überblick über die IoT-Produkte und Strategien der wichtigsten Hersteller zeigt.

CIOs und andere technische Entscheider in IoT-Projekten stehen damit vor enormen Herausforderungen bei der Auswahl der richtigen IoT-Plattform. Denn Fehlentscheidungen am Anfang des Projekts können unüberschaubare Konsequenzen nach sich ziehen. Doch die Auswahl fällt nicht leicht: Inzwischen gibt es mehrere hundert IoT-Plattformen, die um die Gunst der Hersteller und Anwender buhlen. Mit Dell, Adamos (Die IoT-Pläne deutscher Maschinenbauer) und Co. werden es täglich mehr. Der Markt ist extrem fragmentiert, die Angebote sind daher oft nur schwer vergleichbar. Eine Standardlösung ist daher nicht in Sicht. Aber eine standardisierte Herangehensweise hilft dabei, eine fundierte Entscheidung zu treffen und jene Plattformen zu identifizieren, die zu den eigenen Anforderungen passen.

Eine IP-Adresse macht noch kein IoT

Wer verstehen will, was eine IoT-Plattform leisten muss, sollte zunächst wissen, was überhaupt das Internet der Dinge (Internet of Things) ausmacht. Geräte mit digitalen Sensoren, die über eine IP-fähige Schnittstelle einfach nur Daten in der Cloud ablegen, gehören streng genommen noch nicht zum Internet der Dinge.

Wenn die Route des Müllwagens danach berechnet wird, welche Mülltonnen sich zur Leerung angemeldet haben, wenn die High-Tech-Armbanduhr darüber Auskunft gibt, welches Pensum heute noch zu laufen ist oder das Auto weiß, wie wir am besten den Stau umfahren - dann sind wir von "smarten", also intelligenten Geräten umgeben, die anhand vorgegebener Regeln flexibel auf Umwelteinflüsse reagieren können. Für das IoT bedarf es also dreier grundlegender Elemente:

  • physische "Dinge" (Geräte oder Maschinen), die mit Sensoren, Aktoren, entsprechender Firmware und Datenübertragungsfähigkeit (Connectivity) ausgestattet werden;

  • Web-Applikationen oder mobile Apps, welche Daten der "Dinge" auf verschiedenen Endgeräten (wie Smartphones, Tablets oder PC) zugänglich machen und gegebenenfalls eine Steuerung erlauben;

  • eine IoT-Cloud-Plattform, welche die Daten sowie Steuerungssignale der Anwender aufnimmt, speichert, nach vorgegebenen Regeln verarbeitet und verschiedene Administrationsmöglichkeiten bereitstellt. Sie verbindet also die "Dinge" mit den Anwendern.

Ein Beispiel für eine IoT-Anwendung ist die vorausschauende Wartung in der Industrie, mit der sich erhebliche Kosten einsparen lassen. Hier werden Wartungsintervalle nicht mehr auf Grund starrer Vorgaben - wie der Ölwechsel beim PKW alle 15.000 km - durchgeführt. Im einfachsten Fall kann die Abnutzung direkt gemessen werden, oder wird indirekt ermittelt - wenn beispielsweise ein Schneidvorgang immer mehr Energie benötigt, lässt sich daraus schließen, dass das Messer stumpf geworden ist und ersetzt werden muss. Bei anderen Fällen gibt es keine schleichende Abnutzung - ein Antriebsband reißt, ein Relais versagt ohne Vorwarnung. Hier kann aus den Maschinendaten, die in die Cloud übermittelt werden, die Belastung oder Abnutzung bestimmt werden. Dann werden die Teile getauscht, bevor es zum Ausfall kommt. Aber eben auch nicht zu früh, sondern wirklich erst dann, wenn sie ihr Laufzeitende beinahe erreicht haben. Es kommt also darauf an, dass die Daten nicht nur gesammelt, sondern interpretiert oder weiterverarbeitet werden und daraus eine Aktion erfolgt. Daraus erwachsen bestimmte Anforderungen an die Technik.

Was eine IoT-Plattform können muss

Nicht jede IoT-Plattform eignet sich für jeden Zweck, doch alle Plattformen sollten die grundlegenden Funktionen abdecken.
Nicht jede IoT-Plattform eignet sich für jeden Zweck, doch alle Plattformen sollten die grundlegenden Funktionen abdecken.
Foto: Panchenko Vladimir - shutterstock.com

Beim Aufbau der eigenen IoT-Cloud-Lösung nutzen viele Unternehmen so genannte IoT-Plattformen, die bereits grundlegende Funktionen bereitstellen, die man sonst aufwändig selbst programmieren müsste. Diese IoT-Plattformen werden von Tech-Schwergewichten wie Amazon, IBM oder Microsoft angeboten, aber auch von klassischen Industrieunternehmen wie General Electric oder Hitachi, sowie vielen kleineren Anbietern, die auf unterschiedliche Branchen oder Anwendungsfälle fokussiert sind. Zu den elementaren Funktionalitäten einer End-to-End-IoT-Plattform zählen:

  • Connectivity;

  • Datenstandardisierung und -management;

  • Datenvisualisierung;

  • Device- und Service-Management;

  • Externe Schnittstellen;

  • Entwicklungsunterstützung;

  • Sicherheits-Features.

Die Augsburger Digitalagentur tresmo GmbH hat bereits über 380 Angebote von "IoT-Plattformen" identifiziert. Darunter sind jedoch etliche, die nur einen Teil der genannten Funktionen abbilden, beispielweise reine Connectivity-/M2M-Angebote oder IaaS-Back-End-Lösungen.