Wer fährt besser?
Erst als wir an eine ampelfreie Kreuzung kommen, habe ich endlich Grund zum Jubeln und lobe die menschliche Intuition und die Fähigkeit schnell über Gesten zu kommunizieren. Vorfahrt hat in den USA nämlich nicht, wer von rechts kommt, sondern wer zuerst an die Kreuzung ranfährt. Die amerikanischen Autofahrer verständigen sich, wie in Europa auch üblich, über Blickkontakte und langsames in die Kreuzung einfahren. Daraus ergibt sich eine Reihenfolge. Doch dafür ist der Leaf zu höflich. Er stoppt und fährt nicht mehr weiter, weil er sich nicht traut sich vorzudrängeln.
Das muss der Fahrer übernehmen. Also endlich einmal ich.
Doch Nissans Forschungschef Mitsuhiko Yamashita nimmt mir alle Hoffnung auf überlegene Fahrfähigkeiten des Menschen. Es ist so ähnlich wie einst bei der Einführung der ersten Schachcomputer. Als einigermaßen versierter Spieler dachte ich anfangs: "Was sind das denn für Elektrokrücken." Wenige Jahre später schlugen sie mich mit Leichtigkeit und heute locker auch Weltmeister.
Diese Entwicklung prophezeien die Ingenieure auch für die selbstfahrenden Autos. Schon bald "reden" die ersten Autos miteinander, Car-to-Car-Kommunikation nennen die Fachleute das. Dann ist die Absprache, wer als Erster aus der Kreuzung fährt, nur noch ein Kinderspiel. Und wenn es sein muss, lernen sie auch drängeln, an Kreuzungen wie an Autobahnauffahrten. Als die Fahrt mit dem Roboter-Leaf zu Ende geht, frage ich mich: Warum kann ich den erst 2020 kaufen? Warum nicht jetzt? Er ist doch schon heute erschreckend gut.
Der Leaf hat für mich sogar eine "Mir-ist-übel-Taste" parat. Ich drücke den SOS-Knopf, und der Leaf fährt automatisch an den Straßenrand, bremst, hält an und setzt einen Notruf ab.
Aber es gibt auch für meinen Leaf schwierige Situationen: Linksabbiegen beispielsweise oder Einfädeln in den fließenden Verkehr einer Autobahn. Das korrekte Einschätzen der Geschwindigkeit ist in beiden Fällen schwierig. Auch Schnee erschwert die Orientierung, weil die Straßenmarkierungen verborgen sind. "Aber die Technik für autonomes Fahren ist da", sagt Ghosn, Renault-Nissan-Chef. Und die Datenverarbeitung wird immer schneller.
- Sprachsteuerung im Auto
Neben Mobilgeräten erobern Sprachfunktionen zunehmend das Auto. Wie stark Automobiltechnik und IT verschmelzen, ließ sich gut im Januar dieses Jahres auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas beobachten. Neben den üblichen Computeranbietern waren fast alle größeren Autohersteller mit neuen IT-Systemen vor Ort. Ein Bestandteil der Präsentationen waren Sprachfunktionen. - BMW mit Connected Drive und iDrive
Als erster Automobilhersteller hat BMW Dragon Drive in seine aktuelle 7er-Reihe integriert. Über "iDrive" lässt sich das Smartphone mit dem System koppeln, so dass E-Mail-Konten und SMS-Nachrichten im Fahrzeug verfügbar sind. Der Nachrichteninhalt wird dabei von einer elektronischen Stimme vorgelesen. - Mercedes-Benz mit Drive Kit Plus
Mercedes-Benz geht einen etwas anderen Weg: Der Stuttgarter Autokonzern bietet seit Anfang 2013 die Integration des iPhones zusammen mit dem Sprachassistenten Siri in seiner E- und A-Klasse an. Bevor Mercedes-Fahrer Siri nutzen können, benötigen sie allerdings das Navigationsgerät "Drive Kit Plus" und die "Digital-Drive-Style"-App. - Ford Sync
Seit Oktober vergangenen Jahres ist Sync in Europa erhältlich. Dahinter verbirgt sich ein Spracherkennungssystem, das in Kombination mit einem Smartphone arbeitet. Die Architektur für die Plattform wurde in Kooperation mit dem Softwarekonzern Microsoft entwickelt, der unter anderem die Sprachfunktionen beisteuerte. - Tomtom Via 135
Tomtom hat beispielsweise die Navigationsgeräte Via 130 und Via 135 im Repertoire. Die Spracherkennung der Geräte reagiert auf komplette Sätze, so dass beispielsweise ein Ziel mit Hilfe der integrierten Freisprecheinrichtung und dem Kommando des Fahrers angesteuert wird. - Garmin nüvi 3597 LMT
Ein zentrales Feature des Garmin nüvi 3597 LMT ist die sprachgesteuerte Navigation. Garmin wirbt wie Tomtom für einen ständigen Abgleich von Verkehrsdaten, so dass die Geräte per gesprochene Ansage auch auf Verkehrsstörungen hinweisen können.
Noch vor Monaten hätte das selbstfahrende Auto für eine über die Straße wehende Plastiktüte das Leben der Insassen riskiert und eine Notbremsung eingeleitet - nur um die Tüte zu retten.
Wichtiger noch sind aber Fragen wie: Wer haftet, wenn es kracht? Ist der Fahrer schuld oder Hersteller wie Nissan? Wie viele Fehler darf ein Roboterauto machen, um als dem Menschen überlegen zu gelten? Wie werden selbstfahrende Autos versichert?
Noch gibt es dafür kaum Antworten. Aber der pragmatische US-Bundesstaat Nevada erlaubt jetzt selbstfahrende Autos per Gesetz. Und die Kalifornier verteilen wie Florida an Autohersteller Lizenzen, die den Test selbstfahrender Auto erlauben.
Denn da sind sich alle Fachleute einig: "Wir brauchen Testkilometer, um alle erdenklichen Situationen meistern zu können, und müssen deshalb fahren, fahren, fahren", sagt Ghosn. Der Fortschritt ist messbar: Noch vor gut einem Jahr mussten die Testfahrer alle 8.000 Kilometer eingreifen, heute fahren sie 80.000 Kilometer, ohne dass der Fahrer lenkt, bremst oder Gas gibt.
Noch kann ich mich eine Weile lang für den allerbesten Autofahrer der Welt halten. Aber mir ist klar: Die Roboterautos kommen nicht nur schneller, als ich das vor wenigen Monaten dachte. Sie werden auch besser sein als ich.
Quelle: Wirtschaftswoche