Aufgabe für Führungskräfte

So erreichen Vorgesetzte mehr Leistung im Team

12.10.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ziele sind für ein Team wie der Leuchtturm für ein Schiff. Vor allem in unruhigem Gewässer geben sie Orientierung und Ansporn, sagt Karl Heinz Lorenz.

Flexibel abrufbare, höchste Leistungen werden in diesem krisengeschütteltem Jahr 2009 die herausragende Rolle bei der Erreichung angestrebter Ziele spielen. Der Druck lastet dabei besonders auf den Absatzinstrumenten, Marketing, Service und Vertrieb. Ob die Manager dort als Helden oder als tragische Verlierer in die Unternehmenshistorie eingehen, hängt ganz wesentlich davon ab, wie sie es schaffen, ihre Teams zu höchsten Leistungen zu führen. Mit welchen Maßnahmen kann dies erreicht werden?

Hohe Ziele sind gut

Sie wollen mehr Leistung von Ihrem Team? Setzen Sie lohnenswerte und herausfordernde Ziele.
Sie wollen mehr Leistung von Ihrem Team? Setzen Sie lohnenswerte und herausfordernde Ziele.
Foto: papa - Fotolia.com

Nur mit lohnenswerten und herausfordernden Zielen werden auch steinige Wege überwunden und Schwierigkeiten gemeistert. Eine wesentliche Voraussetzung für Spitzenleistungen sind herausfordernde und vor allem als positiv und lohnend empfundene Ziele. Sie sind das Licht am Ende des Tunnels, auf das alle zustreben. Ziele wirken auf ein Team, gerade in Krisensituationen, wie ein Leuchtturm für ein Schiff im Sturm. Die richtige Maßnahme lautet hier: Ziel definieren, klar kommunizieren und die Erreichung von Teilzielen während der ganzen Leistungsphase permanent visualisieren.

Ausgangssituation

Viele Mitarbeiter arbeiten sehr engagiert und erreichen dennoch nicht ihre tatsächlichen Leistungsmöglichkeiten. Dafür gibt es mehrere Ursachen. Vor allem Störungen, Ablenkung, fehlende Konzentration, zu viel Druck, aber auch mangelhafte Zusammenarbeit in der Gruppe, holprige Arbeitsprozesse sowie ein untrainierter Zustand gehören dazu. Im Ergebnis sind die Menschen am Ende des Arbeitstages ausgepowert und haben dennoch häufig nur 80 Prozent ihrer möglichen produktiven Leistung erzielen können. Genau hier gilt es anzusetzen, wenn wir Leistung deutlich besser aussteuern wollen.

Teamgeist, Glaube und Motivation

Der Sport liefert uns beste Vorbilder: Wenn der gemeinsame Geist ein Team beflügelt, dann läuft das Spiel. Selbst eine durchschnittlich besetzte Mannschaft kann eine Gruppe von abgrenzenden Egoisten überrunden. Finden jedoch Leistungsträger und Leistungswillige zusammen, um etwas zu erreichen, ist beinahe alles möglich. Für Teamleiter bedeutet dies, die relativ einfachen Gesetze der Teambildung konsequent umzusetzen: von der passenden Startkommunikation über den Wettstreit der Ideen und Positionen bis hin zu den für alle verbindlichen Spielregeln und das Einschwören, damit sich das Team gemeinschaftlich in hoch performanter Struktur präsentiert - "Glaube versetzt Berge". Es ist nicht das Wissen um die Krise, das uns zu Leistung motiviert, sondern der Glaube an den Erfolg, ein starkes Selbstbewusstsein und der unbedingte Zusammenhalt im Team. Das ist es, was Führungskräfte in dieser Situation zu vermitteln haben.

Erfolge brauchen Erfolge

Spätestens seit Frederick Herzberg (Work and the Nature of Man) wissen wir: Nichts beflügelt den Erfolg mehr als Erfolge selbst. Es nützt also wenig, wenn wir bei der Führung von Menschen ausschließlich auf Langzeitziele verweisen. Sehr viel besser ist es, diese auf Teilziele herunterzurechnen und Schritt für Schritt anzugehen. Geschickterweise werden diese Teilziele so dimensioniert, dass sie bei großer Anstrengung auch erreicht werden, um aus Teilzielen Teilerfolge zu machen.

Werden diese gemeinsam gefeiert, so spürt jeder Einzelne genauso wie das Team oder eine Organisation insgesamt die eigene Leistungsfähigkeit, gewinnt Selbstvertrauen und setzt diese wichtige positive Erfahrung bei allen Folgeaufgaben ein. Wer sich praktisch beweist, was in ihm steckt, der traut sich was zu, geht mit noch mehr Motivation und Überzeugung auch an höhere, anspruchsvollere Aufgaben. Ganz klar: Erfolge brauchen Erfolge.

Vorbilder sind gefragt

"Die Menschen glauben den Augen mehr, als den Ohren. Lehren sind ein langweiliger Weg, Vorbilder ein kurzer, der schnell zum Ziel führt." (Seneca) Je schwieriger die Rahmenbedingungen, je mehr sich Ängste oder Zweifel in der Psyche breit machen, desto mehr finden Menschen zueinander, wenn sie einen starken Bezugspunkt finden. Und dieser Bezugspunkt in einem Arbeitsteam ist der Manager des Teams. Alles, was Sie in Krisenzeiten von Ihren Mitarbeitern abfordern, sollten Sie ganz bewusst und sichtbar vorleben.

Hier taucht häufig die Frage auf: Muss ein Vorbild in jeder Teilkompetenz besser sein als die Mitglieder der Gruppe? Die Antwort lautet: Keineswegs! Gefragt ist vielmehr vorbildliches Verhalten in Bezug auf das persönliche Engagement, die Bereitschaft, sonstige Interessen während der Leistungsphase hintanzustellen, sich ganz auf die Aufgabe zu konzentrieren, Mut und Motivation mitzubringen und Selbstvertrauensichtbar für alle zu zeigen - ganz im Rahmen der eigenen Möglichkeiten, nicht mehr und nicht weniger.

"Sonderkommission", Strategie und Handwerk

Motivation, Selbstvertrauen und Leistungsbereitschaft bilden die emotionale Komponente für Spitzenleistungen. Die richtige Strategie und die handwerklichen Fähigkeiten aller Beteiligten steuern die Sachkomponente bei. Für die Strategie gilt: Nicht verzetteln! Ganz auf wenige, wichtige Ziele konzentrieren, nicht auf alle gleichzeitig.

Ob dies beispielsweise im Verkauf die Auswahl der Kundenzielgruppen ist oder der Fokus auf Themen und Produkte - alle Energie sollte sich auf ein oder wenige Ziele richten. So bündeln Sie die Kräfte und erreichen deutlich mehr Schlagkraft für Ihre Maßnahmen.

Hier können wir auch von anderen Arbeitsbereichen lernen. Denken wir an die Arbeitsform der "Sonderkommission" bei der Polizei. Wenn Zeitverzug und Not am Mann herrscht, dann finden sich die Spezialisten sehr schnell zu einem Team zusammen mit folgenden Merkmalen: Jeder steuert wichtige Teilkompetenzen bei, die sonst üblichen Kommunikationswege werden extrem verkürzt, formale Grenzen werden aufgehoben, alle sonstige Arbeiten und Aufgaben werden zurückgestellt, und alle konzentrieren sich ganz auf die Erreichung des vorgegebenen Ziels. Und in einer Sonderkommission sind dann auch Vorschläge und Wege realisierbar, die im alltäglichen, von formalen Spielregeln meist eingeschränkten Dasein nicht denkbar sind. Kreativität wird angeregt, der Weg auch zu ungewöhnlichen Lösungen freigemacht.

Flow - eins werden mit dem Tun

"Sich auf Flow einlassen zu können ist die höchste Form von emotionaler Intelligenz." (Daniel Golemann) Nur im Flow-Zustand erreichen Menschen den Zustand ihrer höchsten Leistungsfähigkeit. Einige Merkmale, wie wir Flow in der Arbeit ermöglichen:

  • Wir sind der Aktivität gewachsen. - Wir spüren eine Herausforderung, es braucht entsprechende Fähigkeiten, die Herausforderung und die Fähigkeit passen zusammen.

  • Wir sind fähig, uns auf unser Tun zu konzentrieren. - Wir konzentrieren uns vollständig, sind nicht abgelenkt, lassen uns nicht ablenken. Wir hinterfragen die Aktivität nicht. Gleichzeitig (oder auch: dadurch) sind die Sorgen des Alltags aus dem Bewusstsein verdrängt.

  • Die Aktivität hat deutliche Ziele. - Wir wissen, was wir tun müssen, um das Ziel zu erreichen.

  • Die Aktivität hat unmittelbare Rückmeldung. - Wir wissen oder erfahren, wann wir etwas richtig oder falsch gemacht haben.

  • Wir haben das Gefühl von Kontrolle über unsere Aktivität. - Dabei ist es nicht wichtig, ob wir tatsächlich die Kontrolle haben - unser Gefühl für die Kontrolle ist entscheidend. Unsere Sorgen um uns selbst verschwinden.

Für Führungskräfte bedeute dies vor allem, während der Leistungsphase so gut es geht Störungen und Nebensächlichkeiten vom Team fernzuhalten. Oft reagieren auch gute Manager auf Krisensituationen und Druck mit Ängsten, und der Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle wächst überproportional an. Daraufhin werden zusätzliche Reportings angeordnet, und die wertvolle Energie der Mitarbeiter wird in Auswertungsexzessen verheizt.

Seien Sie mutig! Reduzieren Sie bürokratische Tätigkeiten zugunsten produktiver Tätigkeiten. Schaffen Sie beispielsweise bei Ihren Vertriebsteams mehr Zeit für Kundengewinnung und Verkaufsgespräche statt mehr Zeit für Auswertungen. Mehr produktive Zeit bringt alle näher an die Erreichung der Ziele. Es macht deutlich mehr Freude, Erfolge zu produzieren, denn Misserfolge bis ins letzte Detail auszurechnen.

Nachbereitung - Leistung erhalten.

Nach der Leistungsphase gilt es, die Erfahrungen kurz aufzubereiten, um sie für künftige, vergleichbare Anforderungen nutzen zu können. So wie ein Individuum sich Erfahrungen abspeichert, so weist auch eine Gruppe so etwas wie ein kollektives Gedächtnis auf. Das Team hat gerade erlebt, wie leistungsfähig es sein kann, wenn es sich voll auf eine Sache konzentriert und Hand in Hand arbeitet. Diese positive Grenzerfahrung führt fast immer dazu, nicht wieder auf das vorherige Leistungsniveau zurückzufallen, sondern auf einem etwas höheren Level sich einzustellen. Wer einmal erfahren hat, was wirklich möglich ist, gibt sich mit weniger nur noch ungern zufrieden. Leistung und Erfolg sind "legale Drogen", die wir jederzeit selbst erzeugen können. (oe)

Kontakt:

Der Autor Karl Heinz Lorenz ist Diplom Betriebswirt (BA), Unternehmensberater, Trainer, Inhaber von Lorenz-Seminare in Weidenthal/Pfalz und Verfasser des Buchs "Typisch Kunde!" (ISBN 978-3940094001). Tel.: 06329 989242, E-Mail: khl@lorenz-seminare.de, Internet: www.lorenz-seminare.de