SaaS in der Praxis

So ergeht es Firmen in der IT-Wolke

02.11.2011
Von Nikolaus Krasser

Beispiel 2: Die Vogel-Strauß-Taktik

Der IT-Leiter eines global tätigen, mittelständischen Unternehmens im Industrieumfeld soll die Themen "SaaS" und "Offshoring" evaluieren. Unter anderem geht es der Geschäftsleitung um die Entscheidung, ob einzelne Bereiche der IT an Offshoring-Partner übergeben oder bestehende Lösungen durch SaaS-Angebote ersetzt werden können. Vor dem Hintergrund, dass die IT-Kosten nur zirka drei Prozent vom Umsatz ausmachen, empfiehlt der IT-Leiter nach umfassender Analyse die Themen vorerst im Status "Beobachtung" zu lassen. Die Risiken im Bereich Offshoring seien zu groß, dazu kämen zusätzliche Kosten, neue Abhängigkeiten sowie Verzögerungen in der Umsetzung neuer Anforderungen. Da SaaS-Lösungen im Mittelstand noch zu wenig Anwendung finden, um von den Erfahrungen anderer zu profitieren, rät er von cloudbasierenden Lösungen ab. Zudem besteht aus seiner Sicht keine dringende Notwendigkeit, die vorhandenen Architekturen und Lösungen zu ändern. Auf dieser Basis entscheidet die Geschäftsleitung vorerst nichts zu ändern und im kommenden Jahr erneut zu diskutieren.

Bewertung: Die Geschäftsentwicklung des Unternehmens läuft positiv, die "mageren" Jahre wurden genutzt, um interne Strukturen zu überdenken und das Personal flexibler aufzustellen. Gegen existenzbedrohende Szenarien, beispielsweise durch eine Wirtschaftskrise oder verstärkten Wettbewerbsdruck durch asiatische Konkurrenten, sieht sich die Geschäftsleitung gut gewappnet. Aus diesem Blickwinkel erscheint es logisch, dass die Geschäftsleitung aktuell keinen dringenden Handlungsbedarf sieht und die Einführung von SaaS um mindestens ein Jahr verschiebt.

Empfehlung: Offensichtlich wird SaaS lediglich unter dem Kostenaspekt betrachtet. Diese Einschätzung ist durchaus kritisch, da weitere Vorteile, die sich durch die Einführung von "Lösungen aus der Wolke" ergeben, nicht berücksichtigt werden. So kann SaaS beispielsweise dazu beitragen, bestehende Mitarbeiter zu halten und neue zu gewinnen. Die Belegschaft weiß einen modernen und attraktiven Wissensarbeitsplatz zu schätzen, den sie durch cloudbasierenden Anwendungen aus ihrem privaten Umfeld kennt. Fachabteilungen profitieren, weil die standardisierten Lösungen erprobte Abläufe umsetzen, sie können so ihre Prozesse optimieren. Kontinuierliche Aktualisierungen der SaaS-Lösung gewährleisten, dass Infrastruktur und Konfigurationsmöglichkeiten stets auf dem neuesten Stand sind. Unternehmen, die noch einen Schritt weiter gehen und mehrere Lösungen sinnvoll kombinieren, können sogar wettbewerbsrelevante Vorteile erzielen. Die Verbindung eines CRM-Systems mit einer HR-Software ist hierfür nur ein Beispiel: Mit ihr ließe sich möglicherweise feststellen, dass ein Wettbewerber in einem Segment aggressiv Marktanteile gewinnt. Wenn diese Information nicht nur dem Vertrieb, sondern auch der HR-Abteilung zur Verfügung steht, lassen sich gemeinsam Maßnahmen beschließen, die von der Einbindung relevanter Experten bis hin zu gezielten Rekrutierungsmaßnahmen reichen können.