Prozesse richtig orchestrieren

So beheben Sie Fehler in der Prozessautomatisierung

09.05.2023
Von   IDG ExpertenNetzwerk
Als CEO von Camunda, einem Anbieter von Software zur Prozessautomatisierung, ist Jakob Freund verantwortlich für die Vision und Strategie des Unternehmens. Neben einem MSc in Informatik ist er Co-Autor des Buches „Real-Life BPMN“ und ein gefragter Referent auf Technologie- und Branchenveranstaltungen.
Fehler in der Prozessautomatisierung können sowohl in Unternehmen als auch bei Kunden zu echten Problemen führen. Das gilt es zu beachten.
Erst wenn man die Geschäftsprozesse voll erfasst hat, kann man mit der Automatisierung beginnen.
Erst wenn man die Geschäftsprozesse voll erfasst hat, kann man mit der Automatisierung beginnen.
Foto: NicoElNino - shutterstock.com

Der Satz "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile" gilt auch für die Prozessautomatisierung. Jeder Teil eines automatisierten Prozesses kann als Prozessendpunkt betrachtet werden. Echte End-to-End-Prozesse erstrecken sich über viele Prozessendpunkte, zu denen Menschen (oft in verschiedenen Teams und Abteilungen), Systeme (etwa SaaS-Anwendungen, selbstentwickelte Software oder Legacy-Systeme) und mitunter auch physische Geräte gehören. Jeder dieser Endpunkte trägt zum Abschluss des Prozesses bei.

Die Hauptursache für eine fehlerhafte Automatisierung liegt oft darin, dass diese Endpunkte nicht ausreichend miteinander verknüpft sind. Diese fehlende Integration führt zu einer lückenhaften End-to-End-Automatisierung. Darüber hinaus wird der Einblick in die Performance von Prozessen – und damit zum Beispiel das Erkennen von Engpässen – erschwert.

Und letztendlich ist es durch die fehlende Verknüpfung auch sehr komplex, den End-to-End-Prozess zu ändern, da dies Änderungen an vielen verschiedenen Endpunkten nach sich ziehen würde. Das macht den Prozess unflexibel. Das Fazit ist also: Um den Automatisierungsgrad zu erhöhen und dabei positive Kundenerlebnisse sicherzustellen, müssen Unternehmen die Prozessendpunkte miteinander verknüpfen und orchestrieren.

Komplexe Prozesse bewältigen

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass die meisten Geschäftsprozesse, auch wenn sie auf den ersten Blick einfach erscheinen, nur selten eine einfache Abfolge von Schritten sind. Diese komplexen Prozesse müssen nach einer bestimmten Logik koordiniert werden. Sie kann durch erweiterte Workflow-Muster beschrieben werden. Viele dieser Workflow-Muster beinhalten die Verarbeitung komplexer Geschäftsprozesslogiken über mehrere Endpunkte oder die Reaktion auf Ereignisse.

Ein Einzelhändler könnte beispielsweise gerade 15 Kunden haben, die online bestellt haben und ihre Artikel im Geschäft abholen wollen. Das heißt, die Mitarbeiter im Geschäft müssen 15 (oder mehr, falls mehr als ein Artikel bestellt wird) Bestellpositionen aus dem Lager holen und aus dem Bestand entfernen. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Prozesse parallel ablaufen sollten. Das bedeutet, dass bei eingehenden Kundenaufträgen potenziell Hunderte von Aufgaben dynamisch koordiniert werden müssen, was den Vorgang zu einem komplexen Prozess macht.

Solche komplexen Prozesse können in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung darstellen. Zum einen ist es nicht immer einfach, verschiedene Stakeholder mit und ohne technischem Know-How auf einen Stand zu bringen. Doch müssen beide Interessengruppen zusammenarbeiten, um komplexe End-to-End-Prozesse zu entwickeln, zu betreiben und zu optimieren. Zum anderen muss die Ausführung von Prozessen über Endpunkte hinweg auf skalierbare, wiederholbare Weise erfolgen. Man weiß nie, wann es zu Transaktionsspitzen oder anderen Abweichungen kommt. Systeme, die Hochverfügbarkeit und Redundanz über mehrere Rechenzentren hinweg bieten, können diese technischen Herausforderungen eingrenzen.

Prozesse orchestrieren - die ersten Schritte

Die Prozessautomatisierung in Unternehmen sollte keine einmalige Angelegenheit sein, sondern vielmehr als Zyklus verstanden werden. Dazu muss das Unternehmen im ersten Schritt eine Bestandsaufnahme seiner derzeitigen Prozesse vornehmen. Von welchen Mitarbeitern, Geräten und Systemen werden sie ausgeführt? Im nächsten Schritt kann dann ein kleines Pilotprojekt als Proof of Concept (PoC) durchgeführt werden, um die Machbarkeit zu testen.

Wie oben beschrieben, müssen möglicherweise viele verschiedene Prozessendpunkte orchestriert werden. Dazu zählen beispielsweise Legacy-Systeme, manuelle Aufgaben, Microservices oder APIs und möglicherweise auch RPA-Bots. Es ist wichtig, diese Endpunkte nicht isoliert, sondern als zusammenhängendes Ganzes zu betrachten. Einzelne Endpunkte können auch nach und nach integriert werden. Diese Art der schrittweisen Orchestrierung des Gesamtprozesses beeinträchtigt den täglichen Geschäftsbetrieb in den meisten Fällen nicht.

Gerade wenn sich Prozesse über viele verschiedene Endpunkte erstrecken und komplexe Abfolgen beinhalten, wird es notwendig, die Prozesse zu orchestrieren. Die Orchestrierung bietet nicht nur die Möglichkeit zur vollständigen End-to-End-Automatisierung der Prozesse. Sie verschafft auch einen klaren Überblick darüber, was zwischen den Endpunkten abläuft. Das Ergebnis ist eine reibungsloser Prozess und eine damit verbundene höhere Kundenzufriedenheit. (mb)