Rund 100 Mitarbeiter stehen vor ungewisser Zukunft

SNI löst Technologieschmiede SNAT auf

27.06.1997

In einer offiziellen Stellungnahme der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) teilt die Muttergesellschaft mit, daß die hundertprozentige Tochter SNAT "als rechtlich eigenständige Firma nicht mehr weitergeführt" wird. Die Planungen sähen vor, "daß möglichst viele Mitarbeiter der SNAT an den Standorten Dresden, München, Frankfurt und Bonn in neuen organisatorischen Einheiten weiterhin ihren bisherigen Aufgaben nachgehen".

Nach Berechnungen des SNAT-Betriebsrats gibt es aber für über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zum heutigen Zeitpunkt noch keine gesicherte Zukunftsprognosen oder gar vertragliche Absicherungen. Diese Beschäftigten sind möglicherweise von Kündigungen bedroht.

Dieter Walter, einer von zwei SNAT-Geschäftsführern, hatte entgegen den Entlassungsbefürchtungen gegenüber der Wirtschaftspresse lediglich von Verlagerungen gesprochen. Im Gespräch mit der CW äußerte sich sein Geschäftsführungskollege Helmut von Rieben in gleicher Weise. Auch für die rund 30 bereits gekündigten SNAT-Mitarbeiter suche man trotz der ausgesprochenen Kündigungen nach Ersatzarbeitsplätzen innerhalb des SNI- beziehungsweise Siemens-Konzerns.

Nicht bestätigen wollte von Rieben, daß der weit überwiegende Teil der SNAT-Belegschaft entlassen werde. Zwar könne er nicht ausschließen, daß es noch zu einigen wenigen Kündigungen kommen werde. Die Geschäftsführung wolle aber für die meisten Betroffenen einen Ersatzarbeitsplatz finden. In einem Interview mit der CW hatte SNI-Vorstandsvorsitzender Gerhard Schulmeyer die Frage nach der Zukunft der SNAT-Technologieschmiede nur sehr ausweichend beantwortet (siehe CW Nr. 15 vom 11. April 1997, Seite 9: "Bei uns darf...").

Die Aktivitäten etwa der Entwickler am Neurocomputer beziehungsweise Neurocomputer-Board "Synapse" werden jedenfalls auf ein Minimum heruntergefahren. Wie von Rieben bestätigte, unternimmt die SNAT hier keine weiteren Forschungsanstrengungen mehr. Es würden lediglich Support-Dienstleistungen für Synapse-Kunden aufrechterhalten.

Allerdings haben die Synapse-Ingenieure noch eine dritte Generation des Neurocomputer-Boards fertiggestellt. Dieses basiert wie gehabt auf dem "MA-16"-Chip. Auf dem Board arbeiten zwei dieser Prozessoren.

Wie der SNAT-Betriebsrat der CW bestätigte, stammen die entlassenen etwa 30 Mitarbeiter aus dem Bereich "NC 3 Sprache und Tools". Dort wurde zum einen die Synapse-Neurocomputer-Hardware, zum anderen die zugehörige Basissoftware entwickelt.

Zum 1. Juni 1997 wurden zudem zwei Geschäftsbereiche von der SNAT zur SNI transferiert. Hierbei handelt es sich um den "Technologietransfer" und die "Systemintegration Ost". Die hier beschäftigten 25 Mitarbeiter wurden per Betriebsübernahme an die SNI abgegeben.

Die Abteilung "Datenanalyse SENN" mit zwölf Mitarbeitern soll zum 1. August 1997 zur "SNI-Financial-Services" wechseln. Auch die Beschäftigten der Gruppe "Identifikationssysteme" und "Objekterkennung" sollen möglicherweise an Siemens oder SNI transferiert werden. Außerdem unterhält die SNAT in Dresden ein Diagnose- und Reparaturzentrum, innerhalb dessen die Abteilung "Kabelkonfektionierung" zirka 24 Mitarbeiter beschäftigt. Diese sollen auf dem Wege eines Management-Buyout-Verfahrens in eine neue Firma übergehen.