ScanWatch von Withings

Smartwatch wird zum Kardiologen und Schlafmediziner

10.01.2020
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Apps auf Rezept, Videosprechstunden – die Digitalisierung des Gesundheitsbereichs schreitet voran. Mit der ScanWatch von Withings kommt nun eine Smartwatch auf den Markt, die EKG und Schlafapnoe-Erkennung in einem Gerät vereint.
Aktivtätstracker, EKG und Schlafapnoe-Erkennung in einem Gerät bietet die ScanWatch. In Verbindung mit der App können die Ergebnisse zudem aufgezeichnet werden.
Aktivtätstracker, EKG und Schlafapnoe-Erkennung in einem Gerät bietet die ScanWatch. In Verbindung mit der App können die Ergebnisse zudem aufgezeichnet werden.
Foto: Withings

Mit dem "Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation" (Digitale-Versorgung-Gesetz - DVG) dürften Gesundheits-Apps und smarte Wearables mit medizinischer Funktion hierzulande eine weitere Verbreitung zu bekommen. Zumal die Apps nun vom Arzt verschrieben werden können und die Kosten dafür die gesetzliche Krankenversicherung bezahlen soll.

Dazu muss der Hersteller seine App vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datensicherheit und Datenschutz prüfen lassen. Dann wird sie ein Jahr lang vorläufig von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Während dieser Zeit muss der Hersteller beim BfArM nachweisen, dass seine App die Versorgung der Patienten verbessert.

Eine Entwicklung, die so manchen klassischen Hersteller von Medizingeräten in die Bredouille bringen könnte. Ihre Spezialgeräte - etwa portable Devices für ein Langzeit-EKG etc. - erhalten nun neue Konkurrenz durch Smartphones und Wearables. Ein Beispiel dafür ist etwa die ScanWatch von Withings. Das französische Unternehmen, das eine Zeitlang als Nokia Health fungierte, hat eine Smartwatch entwickelt, die EKG und Schlafapnoe-Erkennung in einem Wearable vereint.

Klinisch validiert

die ScanWatch, die im zweiten Quartal 2020 auf den Markt kommen soll, wurde nach Angaben der Franzosen gemeinsam mit Kardiologen und Schlafexperten entwickelt, klinisch validiert und Wird über die CE-Kennzeichnung für Medizingeräte verfügen. Die Hybrid Smartwatch soll Nutzer und ihre Ärzte dabei unterstützen, den allgemeinen Gesundheitszustand zu überwachen und häufig auftretende, aber weitgehend undiagnostizierte Herz-Kreislauf- und Schlafprobleme frühzeitig zu erkennen.

Vorhofflimmern erkennen

Dazu kann die Smartwatch ein 1-Kanal-EKG aufzeichnen. Damit wird der Herzrhythmus analysiert (langsam, hoch oder normal) und Nutzer können auf ein mögliches Vorhofflimmern hingewiesen werden. Unregelmäßiger Herzrhythmus ist das Hauptsymptom für Vorhofflimmern. Dabei wird Vorhofflimmern oft nicht diagnostiziert, da es unregelmäßig auftritt und leicht übersehen werden kann, wenn die Symptome bei einem Arztbesuch nicht auftreten.

Je nach Ausführung soll die ScanWatch zwischen 249 und 299 Euro kosten.
Je nach Ausführung soll die ScanWatch zwischen 249 und 299 Euro kosten.
Foto: Withings

Die EKG-Aufzeichnungen der ScanWatch werden laut Hersteller über drei eingebaute Elektroden vorgenommen. Dazu muss der Nutzer einen seitlichen Knopf drücken und beide Seiten des Uhrengehäuses berühren, um die Aufzeichnung zu starten. Nach 30 Sekunden wird der Nutzer mittels Vibration über den Abschluss der EKG-Aufzeichnung informiert. Das Ergebnis der Messung erscheint sofort auf dem Bildschirm der Uhr. Bei der EKG-Aufzeichnung wird das elektrische Signal von einem eigenen Algorithmus analysiert, der mit Kardiologen entwickelt und anhand von Tausenden von EKG-Signalen trainiert wurde.

Früherkennung per EKG

Während der Messung kann der Benutzer das Live-EKG auf dem Zifferblatt der Uhr oder in der zugehörigen Health Mate App sehen. Eine Historie aller Aufzeichnungen, die zugehörigen Klassifizierungen und alle notierten Kommentare oder Symptome werden in der App gespeichert.

Da die Symptome von Vorhofflimmern unregelmäßig auftreten oder dem Nutzer oft gar nicht bekannt sind, bietet die Uhr laut Withings auch ein Frühwarnsystem an. So kann die Herzfrequenz kontinuierlich überwacht werden. Wird über den eingebauten Herzfrequenzsensor ein unregelmäßiger Herzschlag festgestellt, wird der Nutzer über das Display der Uhr aufgefordert, eine EKG-Aufzeichnung vorzunehmen. Alle gesammelten Daten können dann mit einem Arzt oder einer medizinischen Fachkraft über die Health Mate App geteilt werden.

Erkennung von Schlafapnoe

Nach Angaben der Franzosen ist die ScanWatch das einzige Wearable am Markt, das das Ermitteln von Schlafapnoe nicht-intrusiv und medizinisch genau ermöglicht und dabei eine Batterielaufzeit von 30 Tagen bietet. Mittels eines SpO2-Sensors, der eine Lichtwelle durch die Blutgefäße sendet und absorbiert, erkennt die Uhr nächtliche Schlafapnoe-Episoden, die sich auf die Gesundheit auswirken können. Hierzu wird während der gesamten Nacht die Sauerstoffsättigung im Blut gemessen, um festzustellen, wann die Werte aufgrund von Atemstörungen wie Schlafapnoe unzureichend sind.

Darüber hinaus bietet ScanWatch eine Schlafüberwachung und Analyse von Schlafmustern, einschließlich der Länge, Tiefe und Qualität des Schlafes. Über die App kann dann der persönliche Sleep Score abgerufen werden, der auf der Schlafdauer und -qualität basiert.

Workout- und Aktivitätstracking

Daneben fungiert die Smartwatch als klassischer Aktivitäts-Tracker, der laut Hersteller in der Lage ist, Schritte, Kalorien, Höhe, Trainingsrouten (über angeschlossenes GPS) zu verfolgen. Zudem kann er unter anderem automatisch tägliche Aktivitäten wie Gehen, Laufen, Schwimmen und Radfahren erkennen. Über die App Health Mate besteht zudem die Möglichkeit, Aktivitätserinnerungen zu planen, Ziele zu setzen und Erfolge zu verwalten. Ferner kann die App mit mehr als 100 Drittanbieter-Apps wie Apple Health, Google Fit, Strava oder MyFitnessPal gekoppelt werden.