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Smartphone-Boom krempelt den Hifi-Markt um

27.08.2013
Der Wandel im Geschäft mit Audio-Technik ist unübersehbar: Seit das Smartphone für viel Menschen zum wichtigsten Musikplayer geworden ist, sind kompakte Lautsprecher auf dem Vormarsch. Auf dieser Welle wollen neue Anbieter die Platzhirsche angreifen.

Die Smartphone-Revolution hat den Hifi-Markt voll erfasst. Für immer mehr Verbraucher ist das Telefon zum zentralen Musik-Gerät geworden - nicht nur unterwegs, sondern auch zu Hause. Der Trend sorgt für einen Umbruch in der Heimelektronik: Lautsprecher, mit denen man Musik direkt vom Handy hören kann, sind auf dem Vormarsch. Damit öffnet sich auch die Tür für neue Anbieter, die das Geschäft der etablierten Platzhirsche aufmischen wollen.

Die Kaufentscheidungen der Verbraucher sprechen eine klare Sprache: In Deutschland stieg der Absatz von Docking-Lautsprechern im ersten Halbjahr dieses Jahres um fast ein Fünftel auf 366.000 Geräte. Der Verkauf klassischer Hifi-Komponenten wie Verstärker oder CD-Player ging dagegen um fast vier Prozent auf 338.000 Geräte zurück. Wer Musik direkt vom Handy abspielt, kann oft auf die bisherige restliche Technik verzichten.

Das Geschäft wird zwar noch von günstigen Docking-Stationen beherrscht: Der Durchschnittspreis lag in Deutschland im ersten Halbjahr bei 112 Euro. Die Branche stellt sich aber auf allen Ebenen um: Selbst Nobel-Marken wie Marantz, Denon oder Bang & Olufsen haben inzwischen Kompakt-Boxen im Programm. Und der Lautsprecher-Spezialist Bowers & Wilkins, berühmt für seine teuren "Nautilus"-Modelle, war sogar an der Speerspitze der Entwicklung. Sein Zeppelin, das mit der typischen Zigarren-Form an die gleichnamigen Luftschiffe erinnerte, wurde mit dem Start 2007 zu einem Aushängeschild der neuen Geräteklasse.

Die etablierten Anbieter haben den Wandel der Branche, den Apple mit dem iPod-Player und seiner iTunes-Musikplattform angestoßen hat, zunächst unterschätzt, räumt B&W-Manager Brian Devlin ein. "Wir haben uns die MP3-Player lange angesehen und gesagt: Es ist kein Hifi." Wir hatten diesen tiefgreifenden Wandel damals noch nicht erkannt. Man habe darin eher ein Phänomen wie den Kassetten-Walkman von Sony gesehen: Äußerst erfolgreich draußen, aber kaum benutzt im Haus. "Und dann wurde klar, dass das Smartphone für viele Leute das bevorzugte Gerät zum Speichern ihrer Musik geworden ist. Damit ist ein ganz neuer Markt entstanden", stellt Devlin fest.

B&W macht keine Angaben dazu, wie sich der Umsatz zwischen seinen klassischen Hifi-Lautsprechern und dem neuen Geschäft verteilt. Der Zeppelin habe dem gesamten Geschäft einen Schub gegeben, sagt Devlin nur. Und betont, der Vormarsch der neuen Geräteklasse bedeute nicht das Ende des High-End-Geschäfts. "Wir verkaufen genauso viele teure Lautsprecher wie bisher, auch wenn das Geschäft eher moderat wächst." Zugleich hoffe B&W, dass die Mini-Lautsprecher wie der neue Z2 neue Zielgruppen erschließen werden: "Viele Zeppelin-Käufer kannten Bowers & Wilkins gar nicht, weil sie vorher nicht mit High-End-Audio in Berührung gekommen waren."

Der Branche wird jedoch tief umgepflügt: Auf der Woge des Wandels drängen auch neue Anbieter in das einst von den Großen beherrschte Geschäft. Etwa der US-Anbieter Sonos, der sich auf drahtlose Audiosysteme für mehrere Zimmer spezialisiert hat. Oder der dänische Hersteller Libratone, dessen mobiler Lautsprecher Zipp von der Fachpresse ungewöhnlich gut bewertet wurde. "Ihre Hifi-Anlage ist gerade gestorben", verkündeten die Dänen frech zum Marktstart und versprechen, dass der nur 26 Zentimeter hohe Zylinder, den man auch für eine Thermoskanne halten könnte, die größeren und teuren Kästen ersetzen könne.

"Wir wollen die nächste Phase in unserer Industrie dominieren, in der es darum geht, dass Audio aus den bisherigen festgefahrenen Strukturen ausbricht", gibt Libratone-Chef und Mitgründer Tommy Andersen als Ziel aus. "Wenn man schon die Musik in einem mobilen Gerät hat, sollte der Lautsprecher auch mobil sein." Libratone setzt dafür auf eine eigene Technologie, mit der Sound aus dem kleinen Zipp die Umgebung ausfüllen soll - egal wo der Lautsprecher steht. Dahinter steckt technologisches Know-How: Mitgründer Jes Mosgaard war früher Technik-Chef beim Nobel-Anbieter Steinway Lyngdorf, bei dem man um die 100.000 Dollar für ein Boxen-Paar bezahlen muss.

Ein spannender Kampf alt gegen neu bahnt sich an. "Es ist ein völlig neuer Markt mit seinen eigenen Gesetzen - und die etablierten Anbieter, die viel in der alten Welt zu verlieren haben, tun sich schwer damit", zeigt sich Andersen überzeugt. Für Libratone könnte er sich als nächstes einen Vorstoß ins Auto und den Heimkino-Markt mit einer Soundbar vorstellen.

B&W-Manager Devlin dagegen zeigt sich überzeugt, dass vielen der neuen Anbieter mit der Zeit die Puste ausgehen wird. "Es ist vielleicht leichter geworden, in den Markt reinzukommen - aber eine starke Marke baut man nicht über Nacht auf. Unsere zentralen Konkurrenten werden nach wie vor die großen Namen der Elektronik-Industrie bleiben." (dpa/tc)