Platz 1 - Michael Gorriz, Daimler

Smarter Innovator

22.12.2009
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Das innovative Autoverleihsystem "Car2go" kombiniert Telematik, Web-Technik, Software und Backend-Prozesse in einer Weise, die Maßstäbe setzt.

Daimler = Auto = Premium-Klasse - diese Assoziationskette ist fest in den Köpfen verankert, im Ländle, bundesweit und rund um den Globus. Umso bemerkenswerter ist es, dass sich ausgerechnet einer der größten Autobauer weltweit intensiv Gedanken um alternative Konzepte der Mobilität macht. Unter der Leitung des Business Innovation Teams entstand die "smarte Revolution von Ulm", wie jüngst die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" schrieb. Gemeint ist das Projekt "car2go", in dessen Rahmen Daimler erstmals keine Autos, sondern lediglich Fahrzeit in einem smart verkauft. Rund 13.000 Menschen teilen sich in der Studentenstadt bereits die flotten Zweisitzer, die nahezu an jeder Straßenecke mit geringem formalen Aufwand ausgeliehen werden können.

Dr. Michael Gorriz, CIO, Daimler
Dr. Michael Gorriz, CIO, Daimler
Foto: Daimler

Ohne unseren CIO des Jahres 2009, Michael Gorriz, und sein Team wäre dieses hochinnovative Projekt nicht denkbar gewesen. "Wir haben uns mit der vollen Kraft der IT dahintergestellt und den Projektleiter mit allem, was wir zur Verfügung haben, unterstützt", bilanziert Gorriz. Sein Team steuerte in Zusammenarbeit mit externen Partnern die Telematik-Hardware und -Software bei, entwickelte das Nutzerportal für die Kunden, schaffte die Back-Office-Anwendung inklusive Flotten- und Service-Management und sorgte dafür, dass Buchung und Abrechnung heute vollautomatisch erfolgen können.

Eine Reihe von Lösungen musste für das Projekt eigens entwickelt werden. So können car2go Kunden heute ihren Führerschein mit Siegel an ein Lesegerät hinter der Windschutzscheibe des smarts halten, sich identifizieren und den Mietvorgang starten beziehungsweise beenden. Doch das ist längst nicht alles: "Das komplette Architekturdesign, die IT im rollenden Produkt und die Backend-Infrastruktur - das alles ist mit maßgeblicher Unterstützung unserer Architekturspezialisten umgesetzt worden", sagt Gorriz.

Unter der Federführung der Daimler Tochtergesellschaft Daimler TSS GmbH wurden dazu Wissensträger aus der weltweit 4.600 Mitarbeiter starken IT-Organisation für das Projekt ausgewählt. "Mit unserem Prozess- und Architekturwissen waren wir dort schnell in der Lage, die IT für das Projekt auf die Beine zu stellen", so Gorriz. Innovationen sind für ihn eine Hauptaufgabe der IT. Und sie bergen das größte Risiko: "Innovation ist - wenn man’s nicht richtig macht - Feind der Qualität", so Gorriz. Wenn Sie zu viel innovieren, gerade im IT-Umfeld, wird das Gesamtsystem nicht stabil." Zu groß seien die unsichtbaren Abhängigkeiten unter Modulen und Elementen, von denen die Organisation oft gar nichts wisse.

Drei Fragen

CW: Wie will Daimler Cloud Computing nutzen?

GORRIZ: Ich sehe da deutliches Potenzial. Wir prüfen, ob wir Cloud-basierende Standardsoftware nutzen beziehungsweise unsere eigenen Applikationen auf Standard-Frameworks in der Cloud ablaufen lassen können. Naheliegend sind zunächst solche Dienste, die ohnehin im Internet bereitgestellt werden müssen. Dazu zählt ein "Dealer-Locator", der dem Nutzer den nächsten Mercedes-Händler in seiner Umgebung aufzeigt. Da eine solche Funktion überall verfügbar sein sollte, ist sie prädestiniert für die Cloud.

CW: Wie wird der zukünftige IT-Arbeitsplatz bei Daimler aussehen?

GORRIZ: Wir untersuchen dies gerade im Rahmen eines Projekts (Workplace 2010). Ich denke, ein Teil der Desktop-Funktionen wird aus der Cloud kommen. Zudem wird das Konzept gestiegene Mobilitätsansprüche der Mitarbeiter berücksichtigen. Ferner soll es virtuelle Arbeitsumgebungen für externe beziehungsweise temporäre Mitarbeiter geben, zu denen beispielsweise Unternehmensberater gehören.

CW: Nutzen Sie Web-2.0-Angebote?

GORRIZ: Twitter nutze ich zum Beispiel nicht, weil ich nicht zu denen zähle, die alle zehn Minuten etwas von sich geben. Auf der anderen Seite habe ich mit dem "CIO-Blog" eine informelle Kommunikation inklusive Rückkanal eingeführt. Eine rege Diskussion im Blog behandelte beispielsweise die Frage, ob Mitarbeiter ihren eigenen Rechner in die Firma mitbringen dürfen.