Smart-City-Lösung schützt Wasserkreislauf vor Rattengift

Smarter als jede Ratte

19.09.2018
Von Detlef Flach
Um zu verhindern, dass sich Ratten ungebremst verbreiten und dabei Krankheiten übertragen, sind smarte Lösungen gefragt. ball-b hat ein intelligentes Köderschutzsystem vorgestellt, das nicht nur die Ausbreitung von Ratten verhindert, sondern auch sicherstellt, dass die hochgiftigen Köder nicht in Kontakt mit Wasser kommen.

Nicht zuletzt, weil sie Krankheiten wie Salmonellen, Wurmeier, Tuberkulose oder auch die Weil-Krankheit verbreiten, sind Städte, Kommunen und Betreiber von abwassertechnischen Anlagen gesetzlich verpflichtet, Ratten zu bekämpfen. Bei der professionellen Bekämpfung kommen dabei sogenannte antikoagulante Rodentizide zum Einsatz. Obwohl diese hochgiftig sind, werden die Köder teils so platziert, dass sie bei hohen Wasserständen in der Kanalisation und in überflutungsgefährdeten Bereichen weggeschwemmt werden oder zumindest in Kontakt mit Wasser kommen - obwohl dies per Gesetz verhindert werden muss.

Ratten können Krankheiten wie Salmonellen, Wurmeier, Tuberkulose oder auch die Weil-Krankheit verbreiten.
Ratten können Krankheiten wie Salmonellen, Wurmeier, Tuberkulose oder auch die Weil-Krankheit verbreiten.
Foto: Gallinago_media - shutterstock.com

Diese gesetzeswidrige Praxis hat mitunter schwerwiegende Folgen für Mensch und Natur, da bis zu 70 Prozent dieser Giftstoffe im Abwasser selbst in Klärwerken nicht gefiltert werden können. Dennoch werden in Deutschland jedes Jahr fast 900 Tonnen Giftköder mitunter ungeschützt durch kommunale Betriebe ausgelegt. Das liegt auch daran, dass es bislang keine wirksame Alternativen gab.

70 Prozent weniger Gift in der Umwelt

Um dieses Problem zu lösen, hat das Start-up-Unternehmen ball-b aus Nürnberg ein smartes System entwickelt, das den Kontakt zwischen Giftköder und Wasserkreislauf von vornherein verhindert. Letztlich lässt sich laut Hersteller so auch die Menge des eingesetzten Giftes um 70 Prozent reduzieren. Möglich wird das durch die Köderschutzbox ToxProtect, die unter anderem auf den Funkstandard ULE, GSM, WiFi, einen Cloud-Service und ein ausgeklügeltes Monitoring-System zugreift. Erste Städte und Kommunen wie Düsseldorf, Dortmund, Dresden, Görlitz und Lörrach setzen das System bereits erfolgreich ein.

Intelligente Lösung für eine komplexe Herausforderung

Bei der Köderschutzbox verhindert eine Rückstauklappe, dass Wasser in die Köder-bestückte Box eindringen und in Kontakt mit dem Gift kommen kann. Steigt der Wasserpegel am Standort, schließt sich die Klappe. Geht der Wasserpegel zurück, wird der Eingang für die Ratten wieder zugänglich.

Die ToxProtect verfügt über Sensoren und ein elektronisches Monitoring-System.
Die ToxProtect verfügt über Sensoren und ein elektronisches Monitoring-System.
Foto: ball-b

Neben diesem mechanischen Clou verfügt das System über allerlei technologische Intelligenz. So umfasst das Cloud-basierte System u.a. über eine Sensortechnik und ein elektronisches Monitoring-System samt Bewegungsmelder. Dank der im Deckel der Box verbauten Technologie von Telegärtner Elektronik lassen sich letztlich etwa alle Zugänge von Schadnagern mit Datum und Uhrzeit erfassen und dokumentieren. Bislang mussten die Betreiber weitgehend mutmaßen, wo sich zu einem bestimmten Zeitpunkt die meisten Ratten befanden.

Einfache Handhabung im Alltag

Der Datenaustausch zwischen den einzelnen Köderschutzboxen und dem mobilen Lesegerät erfolgt per ULE-Funk. Somit müssen die Kanäle deutlich seltener geöffnet oder gar bestiegen werden. Selbst der Austausch der Köder und mitunter sogar die Installation können mit Hilfe von Teleskopstangen und einem System, das sich VarioFix nennt, zumeist ohne Kanalbesteigung durchgeführt werden.

Der ULE-Funkstandard basiert auf sicheren DECT-Frequenzen, wie sie bei der Schnurlostelefonie zum Einsatz kommen. Unternehmen wie AVM, die Deutschen Telekom und Panasonic nutzen ULE bereits für Smart-Home-Lösungen. Mit der ToxProtect kommt der von der ULE Alliance geförderte Funkstandard nun auch im Bereich Smart Cities zum Einsatz. Wie beim Smart Home erhöht ULE-Funk hier den Komfort der Anwender und sorgt zudem für eine drastische Reduzierung des Zeitaufwands. Indem die Mitarbeiter deutlich seltener in die Kanäle absteigen müssen, erhöht sich zudem der Arbeitsschutz.

Anbindung an Geoinformationssysteme möglich

Die mobilen Lesegeräte sind neben ULE-Chips auch mit SIM-Karten von Siwaltec ausgestattet, wodurch bei Bedarf eine Verbindung zur eigenen Cloud-Lösung aufgebaut wird. So ist jederzeit - unabhängig vom Endgerät wie PC oder Smartphone - ein sicherer und schneller Zugriff auf sämtliche Daten sichergestellt. Dadurch lässt sich jederzeit nachvollziehen, welches Gift wann, wo und in welchen Mengen genutzt wurde. Da die Betreiber gesetzlich dazu verpflichtet sind, derartige Informationen zu dokumentieren, musste dies bis dato von den einzelnen Mitarbeitern mit viel Aufwand manuell festgehalten werden.

Mit dem Köderschutzboxsystem lassen sich sämtliche Daten einfach in gängige Geoinformationssysteme (GIS) einpflegen. Darüber hinaus können Anwender die einzelnen Maßnahmen direkt über ein Web-Frontend zentral erfassen, dokumentieren und auswerten. Die Auswertungen und Statistiken sind nicht nur für den effizienten Betrieb hilfreich, sondern auch für den gesetzlichen Nachweis notwendig.