Skandaltraditionen

05.09.1980

Zeitungsberichte über die schottische Wasserfauna sind in den Sommermonaten Tradition. Moderne Schreiberlinge aber haben es nicht so mit der Tradition, oder doch? Die Österreicher unter ihnen wandten sich einem effektiveren Thema zu - traditionell und aktuell zugleich: Der Bestechungsaffäre um das Allgemeine Wiener Krankenhaus (AHK).

Nachdem dS Beschuldigungen gegen Beschäftigte der Siemens AG Österreich und der AEG-Telefunken GmbH langsam ins Bewußtsein des bürgerlichen Wieners eingesickert sind, erfreut ihn die Presse nun mit der Mitteilung, auch Bundesfinanzminister. Hannes Androsch könnte seine politische Macht in den Dienst persönlicher Interessen gestellt haben: Sein Unternehmen "Ökodata" wird mit dem AHK-Skandal in Verbindung gebracht.

Ungleich der britisch-korrekten Nessie verschwindet die Wiener Schimäre jedoch nicht so schnell aus den Frontseiten der Skandalblätter.

Der unter Verdacht stehende Fritz Mayer, Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung und Aufsichtsratsvorsitzender des Elektrokonzerns ITT, wurde hinter schwedische Gardinen zitiert.

Wie die Affäre - nun zum überdimensionalen Hornissennest angewachsen - wider loszubringen ist, weiß wohl keiner; wiewohl die Geister, die man glaubte rufen zu müssen, langsam lästig werden. Der Nachrichtendienst vwd weiß zu berichten: "Die Bestechungszahlungen reichen bis zu zehen Jahren zurück!" Da bleibt noch viel zum "ausloten".

Daß die, die da Lunte gerochen haben, das AHK-Dynamit zur Explosion bringen werden, ist hingegen zweifelhaft. Eine "Verpuffung" ist wahrscheinlicher.

Felix Austria, bleibe ruhig; es gibt viele, die an alten Traditionen hängen.