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Sind Entlassungen bei IBM und HP nur die Spitze des Eisbergs?

27.07.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die IG Metall hält den Stellenabbau bei IBM und Hewlett-Packard nur für die Spitze des Eisbergs. Deutsche Tageszeitungen zitieren den Stuttgarter Chef der Gewerkschaft mit den Worten: "Ich würde nicht ausschließen, dass bei IBM in Deutschland bis auf das Entwicklungslabor langfristig alles verschwindet." Die IG Metall sieht demnach die Rechenzentren, den Service und sämtliche Niederlassungen gefährdet. Die Konzerne richteten sich derzeit völlig neu aus, das Ergebnis für Deutschland sei noch nicht abzusehen.

Ob sich die IG Metall wirklich Sorgen macht oder eher taktiert, ist indes unklar. Das "Handelsblatt" etwa vermutet, dass die Gewerkschaft angesichts der Massenentlassungen eine Chance wittere, die gewerkschaftlich kaum organisierten Belegschaften der IT-Industrie zu erreichen. Andererseits steht das Handelsblatt eindeutig auf Seiten der Industrie, was wiederum diese Interpretation erklären würde.

Bleiben die Fakten - und die besagen, dass IBM und HP jeweils weltweit 14 500 Stellen streichen wollen oder schon gestrichen haben (siehe auch: "HP baut 14.500 Stellen ab" und "IBM streicht weitere Stellen"). Zuvor hatte Big Blue im Mai dieses Jahres angekündigt, 13.000 seiner weltweit 319.000 Arbeitsplätze abzubauen. Das Unternehmen teilte ferner mit, seine Europazentrale in Paris aufzulösen (siehe auch: "IBM entmachtet deutsche Tochter") und neue Arbeitsplatze in Billiglohnländern wie Indien (siehe auch: "IBM entlässt 13.000 Mitarbeiter und stellt 14.000 in Indien ein") zu schaffen. Dass aus den 13.000 Stellenstreichungen später 14.500 daraus wurden, begründet das Unternehmen damit, dass mehr Mitarbeiter als erwartet von den Abfindungsangeboten Gebrauch gemacht hätten.

IBM hatte im zweiten Quartal Restrukturierungskosten von 1,7 Milliarden Dollar ausgewiesen, die zu einem Gutteil in Abfindungen geflossen sein dürften (siehe auch: "IBM überraschend profitabel"). Die IG Metall behauptet indes, in Mitarbeitergesprächen sei auch massiver Druck auf die Belegschaft ausgeübt worden.

Wie viele Arbeitsplätze in Deutschland abgabut wurden, ist nicht ganz klar. IBM hatte im Frühjahr von 1600 Streichungen gesprochen, laut Gewerkschaft sind jedoch 1980 daraus geworden. Zuvor hatte IBM hierzulande 23.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Jobabbau sei inzwischen abgeschlossen, so das Unternehmen, nach dem 30. Juni habe Big Blue keine weiteren Auflösungsverträge mehr angeboten.

Hewlett-Packard kürzt seine Personaldecke von weltweit 150 000 auf 135 000 Mitarbeiter und kalkuliert dabei mit Restrukturierungskosten von zirka 1,1 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hofft so, die jährlichen Kosten um 1,9 Milliarden Dollar drücken zu können. Die Entlassungen sollen sich durch die gesamte Organisation ziehen, vor allem aber die zentrale Verwaltung betreffen. Wie viele Stellen in Deutschland wegfallen, ist noch offen (siehe auch: "Noch keine Details zu HP-Entlassungen in Deutschland und Europa"). (hv)