Siline wird mittelfristig ausgemustert, ALX auf NT portiert ALX wird bei Siemens-Nixdorf zentrale Anwendungsplattform

23.09.1994

MUENCHEN (gfh) - Die Siemens-Tochter Siemens-Nixdorf (SNI) ordnet ihr Software-Durcheinander. Als Herr ueber alle Anwendungen fahndet Peter Page, ehemals Vorstand bei der Software AG, derzeit nach Produkten, um sie zu einem Gesamtkonzept zusammenzufuehren.

Im Zentrum der neuen System Unit Anwendungssoftware (SUASW), die Page ab Oktober leitet, stehen zwei Unix-Pakete: die Comet- Nachfolge-Software ALX und das SAP-Produkt R/3. Die Anwender der hauseigenen

Siline-Reihe muessen mittelfristig auf eine der beiden Produktlinien umsteigen. Fuer Grosskunden sieht SNI den Umstieg auf R/3 vor, waehrend die Mittelstaendler ihre relevanten Module ueber kurz oder lang unter dem ALX-Dach wiederfinden sollen.

ALX war urspruenglich als Unix-basiertes Nachfolgesystem fuer Nixdorfs erfolgreiche, aber proprietaere Comet-Anwendungen entworfen worden. Dieses Ziel ist inzwischen in den Hintergrund geraten. SNI haelt es nicht fuer machbar, die vielfaeltigen Branchenauspraegungen von Comet im Alleingang auf die ALX-Welt zu uebertragen. Den Comet-Kunden wird daher empfohlen, mitsamt ihren Anwendungen auf Unix-Systeme umzusteigen. Moeglich werde dies, weil SNI die Basic-Ablaufumgebung von Comet nun auch fuer Unix-Derivate anbietet, die nicht aus dem eigenen Haus stammen muessen. Diese Strategie befreit die ALX-Entwickler von dem Erwartungsdruck der Comet-Anwender und ermoeglicht es SNI, das Produkt neu zu positionieren; Page spricht von einem Software-Bus, in den nach und nach Anwendungen aus allen Branchen und Anwendungsbereichen eingeklinkt werden sollen. Der neue SNI-Mann sieht in diesem Konzept die generelle Strategie der Zukunft.

Der Software-Bus ist keine neue Idee

Beim Software-Bus handelt es sich keineswegs um eine neue Idee. Etwas aehnliches versucht seit einiger Zeit Novell mit dem Appware- Konzept, und selbst SNI kann hier bereits auf eigene Erfahrung zurueckgreifen. So ist die von Baan stammende Fertigungssoftware Triton bereits als Modul in ALX integriert worden. Am Beispiel Triton setzt die Kundenkritik an. Viele Anwender fragen sich, warum sie ALX kaufen sollen, wenn sie das Produkt auch ohne diesen Software-Bus einsetzen koennen.

SNI geht denn auch vor allem auf die eigene Klientel los. So sollen nach und nach Siline- und ueberarbeitete Comet-Applikationen eingebunden werden. Laut Page liegt hier eine Perspektive fuer die rund 80 verbliebenen Comet-Softwarelieferanten. Auch auf Entwicklungshaeuser und Kunden anderer Altsysteme haben es die Muenchner abgesehen. So oeffne sich mit ALX fuer Anwender proprietaerer Kienzle-Systeme erstmals ein Ausweg. Schon jetzt gibt es laut Page acht Unternehmen, die ihr Interesse an einer ALX- Partnerschaft angemeldet haben.

Page verschweigt allerdings, dass sich viele potentielle Partner bereits von ALX abgewandt haben, weil es zum Beispiel von KHK inzwischen modernere Produkte gibt als das seit 1988 in Entwicklung befindliche ALX.

Vom R/3-Konzept unterscheidet sich der ALX-Ansatz ausser durch die Ausrichtung auf den Mittelstand vor allem dadurch, dass bei dem Software-Bus nicht an Standardmodule gedacht ist, sondern an moeglichst viele individuelle oder zumindest branchenspezifische Komponenten, die von SNI oder Partnerfirmen erstellt werden.

Ein weiteres Ziel der neuen Software-Unit ist es, ihre Produkte auf moeglichst vielen Plattformen auch anderer Hersteller anzubieten. Dabei spielt der PC eine zentrale Rolle. So kuendigt SNI ALX als Client-Server-Produkt fuer Windows NT an, wobei die Client-Komponente schon jetzt auf Windows beruht. Die Verbindung zum Server soll ueber Microsofts Object Linking and Embedding (OLE) hergestellt werden. Novell-Server werden vorerst nicht beruecksichtigt.