Negatives Quartalsergebnis nur die Spitze des Eisbergs

Silicon Graphics muß Federn lassen

07.11.1997

Der Personalabbau wird das laufende zweite Vierteljahr von SGI mit ungefähr 50 Millionen Dollar belasten. In den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 1997/98 hatte der Spezialist für Hochleistungs-Grafik-Workstations und -Server, der auch Hollywood-Studios beliefert, 768 Millionen Dollar Umsatz verbucht. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres mit 765,60 Millionen Dollar war dies nur ein geringer Anstieg.

Problematischer für SGI und nicht mehr vertretbar aus der Sicht des Aufsichtsrats dürfte darüber hinaus gewesen sein, daß drei der letzten fünf Quartalsergebnisse rote Zahlen brachten. Allerdings wies das kalifornische Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren immer, wenn auch teils niedrige, Gewinne aus.

Die Probleme des Technologieunternehmens dürften verschiedene Ursachen haben: Insider meinen, daß SGI den Kauf der Cray Research Inc. im Frühjahr 1996 nicht verdaut hat. Immerhin erwarb sich SGI mit Cray auch deren Probleme: Extrem teure Vektor-Supercomputer lassen sich nur noch im obersten Leistungsbereich absetzen. Die leistungsschwächeren Vektor-Parallelrechner von Cray wie etwa die "J90"-Modelle bekamen zunehmend Konkurrenz von symmetrischen Multiprozessor-Maschinen (SMP-Maschinen).

Ironischerweise machte ausgerechnet SGI mit seinen "Power-Challenge"-SMP-Rechnern Cray das Leben besonders schwer.

Insider gehen außerdem davon aus, daß SGI unter dem zunehmenden Druck der Anbieter von Intel-basierten Workstations unter Windows NT zu leiden hat. Zu spät habe man in der Zentrale im kalifornischen Mountain View erkannt, welche Gefahr von Herstellern wie Compaq, Hewlett-Packard (HP) oder Dell droht, die mit Mehr-Prozessor-Maschinen den Workstation-Markt aufzurollen gedenken. Erst Anfang September 1997 reagierte das Unternehmen auf die sich verändernden Marktverhältnisse und kündigte an, man werde ungefähr Mitte 1998 Intel-basierte NT-Workstations ins Angebot aufnehmen.

Auch Auslieferungsschwierigkeiten führen Branchenkenner an, um die schwierige Lage von SGI zu erklären: So habe das Unternehmen 1995 mit dem "R5000" und "R10000" neue Prozessorgenerationen angekündigt. Zwar habe man in der Folge Systeme mit dem R5000-Chip anbieten können. Die Nachfrage aber nach Rechnern, die mit dem R10000-Prozessor ausgestattet waren, konnte SGI bei weitem nicht decken.

Als seien diese Probleme noch nicht genug, mußte das Unternehmen im Herbst 1996 melden, daß der 64-Bit-Chip R10000 Fehler aufwies. SGI war gezwungen, etwa 4000 Systemplatinen kostenlos auszutauschen.

Ein Rückschlag war auch die Vorstellung von "O2"-Workstations, "Origin"-Servern und "Onyx"-Hochleistungs-Visualisierungs-Rechnern im Oktober 1996. Die Produkte selbst schienen vielversprechend. Problematisch war allerdings, daß Informationen über die Rechner bereits vor dem Ankündigungstermin publik wurden. Kunden stoppten daraufhin in Erwartung der neuen Modelle geplante Bestellungen von anderen SGI-Maschinen.