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Siemens will Massenentlassungen vermeiden

09.09.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nachdem in den vergangenen Wochen immer wieder neue Zahlen über geplante Stellenstreichungen beim Elektronikkonzern Siemens gemeldet worden waren, bemühte sich Vorstandschef Heinrich von Pierer nun um Schadensbegrenzung. Für absolute Klarheit konnte oder wollte der Topmanager allerdings nicht sorgen. Gegenüber der "Welt am Sonntag" begründete von Pierer die aktuelle Verwirrung über die Höhe des Stellenabbaus damit, dass keine genaue Zahl vorliege. Der Konzernchef erklärte, da es sich bei Siemens um ein dezentrales Unternehmen mit 14 Bereichen handle, werde dies auch nicht von oben angeordnet. Selbst die Bereichsvorstände müssten die Maßnahmen noch in den zuständigen Gremien diskutieren. Außerdem dürfe man nicht vergessen, so der Unternehmenschef, dass ein großer Teil der wegfallenden Arbeitsplätze Aktivitäten betreffe, die von Siemens

verkauft werden. Diese Jobs seien daher nicht automatisch verloren. In anderen Bereichen plane das Münchner Unternehmen sogar, weitere Mitarbeiter einzustellen.

Trotz Problemzonen wie der Netzwerksparte sieht von Pierer sein Unternehmen einigermaßen vernünftig aufgestellt. So erwartet der Vorstandsvorsitzende, dass Siemens unter dem Strich für das Ende September ablaufende Geschäftsjahr ein ganz ordentliches Ergebnis vorlegen wird. Dennoch müsse der Konzern auf die aktuellen strukturelle Probleme reagieren, betonte der Topmanager: "Wenn etwa im Festnetzbereich ICN (Information Communication Networks) der Auftragseingang von TK-Unternehmen innerhalb eines Jahres um 40 Prozent zurückgeht, dann hat das dort gravierende Folgen." Da ICN aber nur rund fünf Prozent zum Gesamtumsatz beitrage, hält von Pierer den Einbruch der Sparte für den Konzern beherrschbar. Der Konzernchef kündigte an, alle Register zu ziehen, um den Stellenabbau so verträglich wie möglich zu gestalten, von der Altersteilzeit bis hin zu Umschulungen, um die Betroffenen für andere Tätigkeiten zu qualifizieren." Massenentlassungen

wollen wir nicht", sagte von Pierer.

Die Zukunft der Netzwerksparte zeichnete der Siemens-Chef in düsteren Farben: Das Auftragsvolumen gehe deutlich zurück, für die nächsten 18 bis 24 Monate sei keine Besserung in Sicht. Aus diesem Grund müsse Siemens nun alle Hebel in Bewegung setzen, betonte von Pierer, um trotz niedrigere Einnahmen Profite zu erwirtschaften. Daher gelte nun, Kosten zu senken - beim Einkauf, bei der Zahl der Fabriken aber auch bei der Zahl der Beschäftigten. Auch im Anschluss erwartet der Vorstandsvorsitzende keine neuen Boom im TK-Sektor. Vielmehr werde es nach dem Rückgang auf deutlich niedrigerem Niveau zu normalen industriellen Wachstumsraten kommen. (mb)