Rückstand in der CMOS-Technologie durch Kooperation mit Toshiba aufgefangen

Siemens: Wichtiger Schritt beim Mega-Projekt

26.07.1985

MÜNCHEN (ru) - Nicht nur im Großrechnerbereich fährt die Siemens AG mit Fujitsu auf japanischem Gleis. Der Münchner Konzern hat jetzt durch eine Kooperation mit der Toshiba Corp. auch die Weichen für eine Zusammenarbeit mit Nippons Söhnen bei der Chip-Entwicklung, beim sogenannten "Mega-Projekt" gestellt.

Während Siemens gemeinsam mit der holländischen Philips eine Produktionstechnologie für den 4-MBit-Chip erarbeitet, hat man für die Entwicklung des 1-MBit-Chips mit Toshiba auf ein Unternehmen zurückgegriffen, das in "der CMOS-Technologie ein Maximum an Fertigungserfahrung hat". Ein Siemens-Sprecher: "Die Japaner sind weiter als wir, und wir haben nach dem Besten Ausschau gehalten.

Vereinbart haben Siemens und Toshiba einen weltweit gültigen Lizenz- und Patentaustausch auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie. "Eine Kooperation", heißt es dazu aus der Siemens-Zentrale, "die langfristig angelegt ist". Allerdings werde es bei der Vermarktung des 1-MBit-Chips keine Exklusivrechte geben. Beide Konzerne werden sich

dann wiederum als Konkurrenten gegenüberstehen. Konkret: Wenn Siemens seinen Chip auf den Markt bringt, wird zumindest die erste Stufe der Zusammenarbeit abgeschlossen sein. Was anschließend kommt, ist noch im Gespräch.

Schon als Siemens das millionenschwere Mega-Projekt 1984 ankündigte, dürfte der Elektro-Multi auf Partnersuche für den 1-MBit-Chip gewesen sein. Im Hause des deutschen Nobelunternehmens gibt man denn auch offen zu verstehen, "bislang auf dem Gebiet CMOS wenig getan zu haben". Die Stärke von Siemens habe bislang auf den bipolaren Gate-Arrays gelegen.

Marktexperten sehen in der jüngst bekanntgewordenen Kooperation mit Toshiba die letzte Chance für Siemens, in diesem Geschäft überhaupt noch mitzuhalten. Vorwiegend japanische Mitbewerber des Unternehmens an der Isar haben in den vergangenen Monaten immer wieder verkünden lassen, in absehbarer Zeit einen 1-MBit-Chip anbieten zu können.

Laut Siemens wird auch der neue Partner mit seinem Produkt eher auf dem Markt sein als die Münchner. Durch den Know-how-Transfer aus Japan wird Siemens den Abstand zu anderen Herstellern jedoch verringern. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 1986 soll der Super-Chip aus der Regensburger Fertigung bemustert werden.

Ob es Verhandlungen auch mit anderen Unternehmen gegeben habe, beantwortet Siemens mit den Worten: "Intensive Gespräche hat es nur mit Toshiba gegeben." Als Gegenleistung für den CMOS-Export erhält die Toshiba Corp. von ihrem deutschen Partner Geld in nicht genannter Höhe. Zusätzlich übernehmen die Japaner von Siemens aus dem Mega-Projekt gewonnenes Fachwissen.

Siemens, so betont ein Sprecher, komme es besonders auf das Beherrschen der CMOS-Technik an, um Logik-Schaltungen bauen zu können: "Für uns ist das Thema Logik wichtiger als das der Speicher. Wir benutzen halt die Speicher, um die Linien hochzufahren."