Schulmeyer und Pagé hinterlassen spürbare Lücken

Siemens-Anwender vermissen klare Strategie im IT-Geschäft

12.11.1998
BONN (hv) - Wie stellt sich Siemens nach der Rückführung des DV-Geschäfts in den Konzern auf? Dieses Thema beherrschte die Diskussionen auf dem IT Forum '98, das vom Anwenderverein Save ausgerichtet wurde. Den Kunden ist gegenwärtig nicht klar, wie Siemens künftig ihre Bedürfnisse erfüllen wird.

Die Eingliederung der Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) in die Siemens AG zum 1. Oktober 1998 kam den Anwendern im Prinzip nicht ungelegen. Der Verein hatte sich stets Save Siemens Informationstechnik Anwenderverein e.V. genannt, den Namen Nixdorf also nie in seinem Titel geführt. Viele der organisierten Großkunden - überwiegend aus dem BS2000-Lager - fühlen sich jetzt in ihrer oppositionellen Haltung gegen das Siemens-Engagement bei Nixdorf bestätigt.

Allerdings fürchten sie nach der Eingliederung des IT-Geschäfts in den Konzern organisatorische Ungereimtheiten im Hause Siemens. Es sei unklar, so Mitglieder des Save-Vorstands im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE, wie die drei Geschäftsbereiche IuK-Produkte, Iuk-Netze und IuK-Business-Services (siehe Kasten) koordiniert werden sollen. Der Verein habe Verständnis für die Anfangsprobleme; die neue Organisation sei ja erst vor wenigen Wochen in Kraft getreten. Dennoch möchten die Anwender klare Ziele bei ihrem Hersteller sehen.

"Nach der Rückführung von Siemens-Nixdorf in die Siemens AG gibt es diese drei vertikalen Säulen. Uns ist es sehr wichtig, daß über diese Bereiche hinweg auf Management-Ebene Kommunikation stattfindet. Es muß klar sein, wo Siemens überhaupt hin will", formuliert Richard Moormann, Save-Vorstand und hauptberuflich Geschäftsführer der Postbank Data. Er vermißt klare Geschäftsziele sowie eine eindeutige Produkt- und Strategieplanung.

Horst Rittenbruch, Sprecher des Save-Vorstandes, gibt ebenfalls zu bedenken, daß die Zuständigkeiten nicht klar seien. "Wir haben die große Sorge - und das haben wir gegenüber Siemens auch zum Ausdruck gebracht -, daß die beiden Blöcke Produkte und Netze in dieser Größenordnung nicht mehr koordiniert werden können", so der Vorstandssprecher.

Schon in den vergangenen Jahren habe es nur für Großkunden eine kontinuierliche Betreuung gegeben. Mittlere und kleinere Anwender wurden laut Rittenbruch immer wieder mit wechselnden Vertriebsmitarbeitern konfrontiert. Der Save setzt auf ein Versprechen von Rudi Lambrecht, Bereichsvorstand für IuK-Produkte: Danach werden die bisherigen Vertriebsbereiche zwar den IuK-Bereichen zugeordnet, im Kern aber nicht verändert.

Unklar bleibt jedoch, wer in Zukunft die Richtlinien im IT-Geschäft von Siemens festlegt. Der ehemalige SNI-Chef Gerhard Schulmeyer ist in die USA zurückgekehrt, schon vorher stieg sein Chief Information Officer Peter Pagé - laut Save der wichtigste Ansprechpartner für die Kunden - aus dem Unternehmen aus. Zwar ist mit Volker Jung aus dem Siemens-Zentralvorstand ein Topmanager für das IuK-Business verantwortlich, doch die Hoffnungen in ihn sind nicht sehr groß.

Hans Meuer, Direktor des Rechenzentrums der Universität Mannheim und langjähriges Save-Vorstandsmitglied, befürchtet: "Jung ist zu weit entfernt, um den Kunden gegenüber als Klammer für das gesamte DV-Geschäft aufzutreten." Meuer kann sich nicht vorstellen, daß ehemalige SNI-Anwender mit einem Zentralvorstand von Siemens ins Gespräch kommen werden.